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Langsam drehte sie sich um und öffnete ihre Augen einen spaltbreit. Sie hielt sich eine Hand vor die Augen, als das Licht der Lampe ihr ins Gesicht schien. „Liz, hörst du mich?" fragte er besorgt. „Hmm..." machte sie, ließ aber ihre Augen geschlossen. „Liz, was machst du bloß? Ich hab mir Sorgen gemacht!" „Musstunich" murmelte sie. Ihre Sprache war verwaschen. „Mach ich aber! Was zur Hölle hast du alles genommen?"fragte er, und ihm wurde bewusst, wie wütend er klang. Sie hatte mittlerweile die Augen geöffnet und sah ihn schuldbewusst an. Eine Antwort gab sie ihm nicht. „Ich besorg dir jetzt erstmal was zu trinken". Er ging nach unten in die Küche und kam mit einer großen Flasche Wasser zurück. „Komm, ich helfe dir". Behutsam griff er ihr unter die Arme und ließ sie sich an die Bettkante setzen. Er musste ihren Rücken stützen, denn sie sackte immer wieder zur Seite weg. Lukas setzte ihr die Wasserflasche an den Mund und half ihr, ein paar Schlucke zu trinken. „Was machst du bloß, Kleine?" fragte er, nun etwas ruhiger. Ihr schien es schwer zu fallen, ihm in die Augen zu sehen. „Ich wollte einfach nur schlafen"sagte sie leise. Tränen liefen ihre Wange hinunter. „Ach Liz..."sagte er und streichelte ihr beruhigend über den Rücken. Sie vergrub ihr Gesicht in ihren Kissen und fing an zu schluchzen. Lukas legte sich hinter sie, schlang seine Arme um ihre Taille und hielt sie fest.  „Ich kann nicht mehr..." brachte sie hervor. „Ich...seh ihn...jedes Mal über mir...wenn ich ...meine Augen schließe...Ich will das nicht mehr..."  Er wusste nicht, was er sagen sollte. Er wollte ihr so gerne helfen, wusste aber nicht, wie. Irgendwann ebbte ihr Schluchzen ab. Sie lagen so da und schwiegen gemeinsam.
„Hast du das Zeug schon öfter genommen?"fragte Lukas. Sie hatten eine Ewigkeit da gelegen. Er hatte die Zeit vergessen, und es war ihm egal. Dann hatte er eben in der Schule gefehlt. Seine Freundin war ihm wichtiger. „Hmm..."sagte sie. „Ab und zu..." „Liz, das Zeug bringt dich irgendwann um". Sie hielt einen Moment inne, dann antwortete sie „So viel Glück hab ich nicht". Er richtete sich auf und schaute ihr ernst in die Augen - „Sag das nie wieder!" „Sorry..." sagte sie, kaum vernehmbar. „Wer soll denn sonst deine schlechten Pfannkuchen essen?" „Leck mich,Strobel."

Als Liz wach wurde, dämmerte es draußen bereits. Ihr Kopf dröhnte. Als sie an sich herunter sah, bemerkte sie seinen Arm, der noch immer um ihre Taille gelegt war. Sie spürte seinen ruhigen, gleichmäßigen Atem an ihrem Nacken. Zum ersten Mal seit langem fühlte sie wieder so etwas wie Glück. Glück darüber, dass sie so einen tollen Menschen in ihrem Leben hatte. Sie drehte ihren Kopf ein Stück, um ihn anzusehen. Es hatte etwas beruhigendes, sein friedliches, entspanntes Gesicht zu sehen. "Hör auf, mich zu beobachten, du kleine Stalkerin" murmelte er und schlug seine Augen auf. Verschmitzt lächelnd sah er sie an. "Tut mir leid" sagte sie und grinste. "Dein Gesicht ist halt wie ein Unfall, da kann man nicht weggucken" Sein Gesichtsausdruck war eine Mischung aus Überraschung und gespieltem Entsetzen. "Das hast du jetzt nicht gesagt!" Sie kicherte. "Mmm, ja doch, schon." "Nimm das sofort zurück!" "Sonst was?"fragte sie und funkelte ihn herausfordernd an. Lukas grinste. "Sonst...das..." Er begann ihren Bauch zu kitzeln. Sofort fing sie an, sich zu krümmen. "Nein, nicht! Das ist gemein" japste sie. "Ich pinkel mir gleich in die Hose" rief sie kichernd. „Nimm es zurück!"forderte er, ebenfalls lachend. "Okay okay! Du bist..." Er ließ etwas nach und schaute sie erwartungsvoll an. "...du bist...nicht ganz so hässlich!" "Oha!" Jetzt machte er sich an ihren Fußsohlen zu schaffen. Liz schrie auf. "Nein, nein, nicht da! Das ist das schlimmste!" Sie kreischte und lachte und versuchte, sich aus seinem Griff heraus zu winden. "Lass das!"rief sie und strampelte mit ihren Beinen. In diesem Moment ließ Lukas einen ihrer Füße los und sie stieß mit voller Kraft gegen sein Gesicht. Sofort ließ er von ihr ab, vergrub sein Gesicht in seinen Händen und lag auf einmal regungslos da, den Kopf in die Matratze gedrückt. "Scheiße, fuck, Lukas! Tut mir so leid!" rief sie sofort und rutschte zu ihm herüber. "Lukas, rede mit mir"sagte sie nervös und schüttelte ihn. Er kam hoch und schüttelte sich vor Lachen. "Jetzt bin ich ja noch entstellter!"
Die Zimmertür ging auf und Liz' Mutter kam mit alarmierten Gesichtsausdruck herein. "Alles in Ordnung...?" Sie sah die beiden erst erschrocken, dann verwundert an. Lukas' Nase blutete, die beiden lagen nebeneinander auf dem Bett und lachten. "Alles gut, Mrs H.! Ich hab ihr nur ein paar Kung-Fu Moves beigebracht" sagte Lukas, während er versuchte, die Blutung mit Taschentüchern zu stoppen. "Okay..." sagte ihre Mutter langsam. "Ich hole dir mal etwas zum kühlen." "Danke Mum!"rief Liz ihr hinterher, als sie das Zimmer verließ.
Ihr Lachanfall hatte sich gelegt. Lukas schaute sie ernst an. „Hey. Versprichst du mir was?" „Hmm?" „Hör bitte auf mit dem Zeug. Ich will nicht, dass du stirbst." Schuldbewusst sah sie auf ihre Hände hinab. Sie merkte, wie ihr wieder die Tränen in die Augen gestiegen. Er legte eine Hand auf ihre. „Kleine. Ich weiß, dir geht es scheiße. Ich würde dir das gerne alles abnehmen. Du hast das nicht verdient.  Aber es muss einen anderen Weg geben..." Eine einzelne Träne lief ihre Wange herab. „Ich versprech's dir."

Lukas verabschiedete sich gegen 22 Uhr. Liz hatte ihn zur Tür begleitet und ihn zum Abschied umarmt. Ihre Eltern saßen im Wohnzimmer und schauten Fernsehen. Als sie hereinkam schaute ihre Mutter auf und streckte ihre Arme aus. „Komm her, mein Schatz" sagte sie liebevoll und Liz kuschelte sich an sie. Nach einigen Minuten, in denen sie geschwiegen hatten, nahm sie die Fernbedienung und drehte die Lautstärke runter. „Mum, Dad?" Ihre Eltern sahen sie erwartungsvoll an. „Ihr hattet doch letztens was von einer Therapeutin gesagt..." sagte Liz, unsicher, welche Reaktion sie erwarten würde. „Ich glaube...ich sollte...also... ich würde das gerne machen." Ihr Vater lächelte, nahm ihre Hand und drückte sie. Ihre Mutter streichelte ihr über den Rücken und sagte „Okay. Dann rufen wir morgen dort an, ja?"

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