Die Welt dreht sich

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ganz langsam. 24 Stunden. Jede Sekunde, ohne Pause. Soyeon lief eine abgelegene Strasse entlang. Die Dunkelheit war schon lange Präsent, als sie eine streunende Katze auf ihrem Weg erkannte. Die Zeit stand still . Zumindest fühlte es sich für sie so an. Jeder Tag war gleich. Keine Abwechselung. Nie. Als die Katze ihre Schritte hörte, blickte sie kurz zu ihr hinauf, ehe sie sich aus ihrem Blickfeld zurückzog. Das machte sie jede Tag aufs neue. 

Einen abgetragenen schwarzen Pullover mit weiten Jeans, die ihr ihre Cousine vor Ewigkeiten einmal geschenkt hatte, trug sie. Dazu ihren Rucksack, an den sie sich nicht mehr erinnern konnte, gekauft zu haben. Es lag zu lange zurück. Die Strassenlaternen gaben ein gedämmtes Licht von sich. Manche flackerten und sie meisten in unterschiedlichen Farbtönen. Der Boten wurden seit Jahrzehnten nicht mehr geteert, weshalb Risse dekorierten, als würde man über kleine Wellen laufen. 

Sie hatte vor einer halben Stunde die Bibliothek verlassen, war sogar als letzte gegangen, um ihrer Arbeitskollegin einen Gefallen zu tun und schloss für sie ab, obwohl das nicht unter ihre Pflichten fiel, aber Soyeon konnte einfach nicht "nein" sagen. Wahrscheinlich hatte sie das von ihrer Mutter geerbt.

Sie gelangte zu ihrer Tür, eine rostige Angelegenheit, und lief sie Treppen hinauf zu ihrer Wohnung. Das Gebäude wurde seit Jahren nicht mehr geputzt und ihre Nachbaren scherten sich auch nicht darum. Sie hatte sich vor langer Zeit damit abgefunden, dass es einfach scheusslich aussah. Das Mehrfamilienhaus am Rand von Seoul, dort, wo keiner Wohnen wollte, hatte vier Stöcke. In jedem Stock waren zwei Wohnungen. Sie wohnte mit ihrer Familie im zweiten. 

Sie konnte die Nachbaren hören, wie sie lauthals stritten, wie etwas vom einen Ort zum anderen geworfen wurde und die lauten Geschrei und Gekrache zu hören war. Sie war zu müde und sich zu sehr daran gewöhnt, um sich jetzt darüber zu ärgern. Sie ging öffnete sie Tür. Sie wusste, dass ihre Mutter zuhause sein musste. Bestimmt lag sie auf der Matratze im anderen Raum , der zu klein für zwei Personen war. Deshalb mussten  Young-Jun, ihr jüngerer Bruder und Soyeon im Wohnzimmer schlafen, aber sie war sich sicher, dass er noch nicht zu Hause war. 

Er lebte in der Nacht, war nie zu Hause, obwohl er erst in die Oberstufe ging. Er hatte seine zwielichtigen Freunde, mit denen durch die Strassen zog. Soyeon war sich sicher, dass das, was sie in der Nacht machten, nicht immer legal war. Aber sie hatte es versucht; auf ihn einzureden und ihm vernünftig zu stimmen, aber irgendwann, vielleicht vor drei Jahren hatte sie es aufgegeben. Er strengte sich weder in der Schule an, noch half er zu Hause mit. Für Soyeon, wenn sie ehrlich war zu sich selbst, war er eine Last für sie. 

Die Küche war ein einziges Chaos und generell die ganze Wohnung, aber die Küche war das schlimmste. Sie war den ganzen Tag von früh bis spät nicht in der Wohnung und benutze sie auch nicht wirklich, aber ihre Mutter und ihr Bruder waren nicht in der Lage zu putzen oder einfach irgendwas zu machen. Das einzige was ihre Mutter konnte war vier Flaschen Soju zu trinken und noch eine gerade Linie zu laufen. Und für Schlafen hatte sie auch en Talent. Sie setze ihren Rucksack ab und begann sogleich mit der Arbeit; Waschen, Spülen, Trocknen, Putzen.

Als sie fertig wurde, war es schon nach ein Uhr. Ihr Bruder war noch immer nicht zu Hause, also vermutete sie, er komme heute nicht mehr. Er würde bei einem "Freund" oder Bekannten übernachten. Das war nichts seltenes. Sie war hundemüde. Sie legte sich ohne umschweife auf die Couch und versuchte einzuschlafen. 

Ihre Nachbaren machten es ihr nicht leicht. 



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