Kapitel 4

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Tara

Nachdenklich drehe ich die Visitenkarte von Shawns Manager zwischen den Fingern meiner rechten Hand. In der linken Hand halte ich mein Telefon und zögere seit gut zehn Minuten, ob ich mich wegen des Jobs wirklich dort melden soll. Mir sind über Nacht Zweifel gekommen, ob das wirklich eine gute Idee ist.

Mit Steven habe ich noch nicht darüber sprechen können. Er hat schon geschlafen, als ich gestern Abend aus dem Stadtpark zurück gekommen bin und ist schon zur Arbeit gewesen, als ich aufgestanden bin.

Ich habe zwar seinen Wecker gehört, mich aber schlafend gestellt, weil ich noch nicht bereit war, mit ihm zu sprechen. Aber mittlerweile bezweifele ich, dass ich heute Abend mehr bereit dafür sein werde. Ich weiß einfach, dass es ihn verletzen wird. Aber so, wie es jetzt zwischen uns läuft, kann ich eben auch nicht mehr weitermachen.

Ich hole noch einmal tief Luft und gebe dann die Nummer in mein Handy ein. Dann denke ich mir "Augen zu und durch" und drücke auf den grünen Hörer, um den Anruf zu starten.

Es tutet ein paar Mal in der Leitung, bevor sich jemand meldet.

"Andrew Gertler, Island Records. Was kann ich für Sie tun?" Die Stimme hört sich sehr angenehm an.

"Hallo, mein Name ist Tara Fabia. Ich rufe an wegen des Jobs als Personenschützerin bei der Tour von Shawn Mendes", erkläre ich und lege die Visitenkarte vor mich auf die Küchentheke.

"Ach, hallo. Shawn hat mir schon von Ihnen erzählt. Sie sind ehemalige Kommissarin?", fragt der Manager.

"Genau", stimme ich zu.

"Gut, ich vertraue Shawn einfach mal, dass Sie geeignet für den Job sind. Deshalb brauche ich für die Einstellung eigentlich nur noch ein paar Versicherungs- und Rentendaten von Ihnen. Am besten sagen Sie mir Ihre Mail-Adresse und ich schicke Ihnen einige Formulare und auch den Arbeitsvertrag zu. Füllen Sie bitte alles aus und senden es eingescannt zurück, ja?"

"Klar, kein Problem", meine ich und nenne im Nachgang meine Mail-Adresse.

"Super, ich schicke die Unterlagen dann direkt raus. Dann sollte von meiner Seite aus alles geklärt sein. Bitte seien Sie dann nächsten Montag um 7.30 Uhr am Gelände von Island Records. Dort stehen drei große Tourbusse und einige LKWs, Sie können den Treffpunkt also kaum übersehen."

"Alles klar. Bis dann", verabschiede ich mich und lege auf, nachdem sich Andrew Gertler auch von mir verabschiedet hat.

Super, mit meinem neuen Job ist also alles geklärt. Jetzt muss ich nur noch heute Abend über meinen Schatten springen und mit Steven Klartext reden...

~

Ich habe mich dazu entschieden, Stevens Lieblingsessen zu kochen und den Esstisch gemütlicher als sonst - sprich mit ein paar Kerzen und etwas Deko - zu decken. Vielleicht kann ich meine eigentliche Aussage so etwas verschleiern und beschönigen.

Ich drehe den Herd ab und setze mich auf die Couch, um noch eine der neuen Folgen meiner Lieblingsserie zu schauen, da höre ich die Schlüssel schon von außen am Schloss klimpern und weiß, dass mein Verlobter jeden Moment hineingeschneit kommen wird.

Ich erhebe mich also wieder von dem Sofa und setze ein Lächeln auf, obwohl ich nicht weiß, wieso ich das tue - vielleicht um meine Nervosität zu verstecken.

"Hey, wie war dein Tag?", begrüße ich Steven, obwohl es mich eigentlich herzlich wenig interessiert, welche komischen Anrufer er heute schon wieder hatte. Denn immer wenn ich diese Frage stelle, erzählt Steven mir von allen möglichen Notfällen, die mich eigentlich gar nicht interessieren. Eigentlich will ich mit dieser Frage nur etwas Smalltalk führen, denn ansonsten würden wir uns erst recht anschweigen. Unsere Beziehung ist einfach wirklich nicht mehr das, was sie einmal war.

"Hey, Schatz!", begrüßt Steven mich und setzt zu erzählen an: "Du glaubst es kaum. Heute gab es jemanden, der angerufen hat, weil er seine Fernbedienung nicht mehr gefunden hat und das als schrecklichen und lebensbedrohlichen Notfall angesehen hat. Und gleich danach gab es -"

Geschickt unterbreche ich Steven in seiner Erzählung. "Das hört sich aufregend an. Lass uns jetzt aber essen, ich habe dein Lieblingsessen gekocht. Nicht, dass alles wieder kalt wird."

Ohne auf eine Antwort zu warten, gehe ich zurück in die Küche und richte zwei Teller Curryhähnchen mit Reis und Brokkoli an, die ich gleich danach auf den gedeckten Tisch stelle, an dem mein Verlobter Platz genommen hat und die Deko verwirrt betrachtet.

"Hab ich irgendwie ein wichtiges Datum vergessen oder hast du etwas ausgefressen?", fragt Steven, was mir den Brokkoli im Hals stecken bleiben lässt. Es war klar, dass er mich und diese Aktion direkt durchschauen wird. Er kennt mich schließlich zu gut.

"Nein, du hast nichts vergessen. Ich muss nachher noch mit dir reden, aber lass uns bitte zuerst etwas essen, ja?"

"Okay", nickt Steven und kostet von seinem Teller. "Hm, köstlich wie immer, Tara."

Ich ringe mir ein Lächeln ab und würge das Essen hinunter. Nicht, dass es mir nicht schmeckt, aber ich bekomme einfach nichts runter, weil ich so aufgeregt bin. Schon jetzt bin ich froh, dass ich mir vorausschauend nicht so viel auf meinen Teller geschaufelt habe.

Als wir beide unsere Teller geleert haben und Steven mich nun erwartungsvoll ansieht, kann ich mich nicht mehr vor dem Gespräch drücken.

"Ich habe einen neuen Job gefunden", sage ich und nehme einen Schluck Wasser.

"Aber das ist doch toll!", freut sich Steven und will auf dem Tisch nach meiner Hand greifen, was ich aber nicht zulasse. Sein Blick ändert sich von glücklich zu verwirrt. "Einen Job als was und wo? Was ist los?"

"Als Personenschützerin auf der Tour von Shawn Mendes", gestehe ich und sehe dabei zu, wie Stevens Gesichtszüge entgleiten.

"Was? Das glaube ich jetzt nicht! Der Typ ist doch erst Schuld daran, dass du deinen Job verloren hast!", behauptet Steven wütend. Dass solch eine Reaktion auf mich zukommt, war mir eigentlich schon klar gewesen.

"Steven, bitte! Ich hab dir doch schon gesagt, dass es ganz alleine meine Schuld ist." Ich seufze genervt.

"Na schön, wie du meinst. Wie lange geht die Tour? So zwei Wochen?"

Ich schlucke. "Nein, länger. Eher so zwei Monate." Das hatte ich herausgefunden, als ich den Vertrag heute Mittag gelesen hatte.

"Wow, wie stellst du dir das denn bitte vor?! Du hast ja hoffentlich noch nichts unterschrieben! Du musst sowas doch mit mir abklären." Stevens Gesicht ist schon ganz rot vor Aufregung.

"Mamma mia, Steven! Die Welt dreht sich nicht nur um dich. Ich hab den Arbeitsvertrag heute Mittag unterschrieben und ich werde den Job auch antreten, ganz egal, was du dazu sagst. Ich brauche nämlich eine Auszeit von dir, weil du mir in letzter Zeit so sehr auf die Eier gehst!", platze ich heraus und realisiere erst Sekunden später, wie gemein ich gerade war.

Steven ist für einen Moment ruhig. "Eine Auszeit?" Seine Stimme bricht. "Okay, ich verstehe schon. Ich schlafe heute Nacht auf der Couch."

Steven steht auf und verlässt die Küche in Richtung Wohnzimmer. Ihm steht es ins Gesicht geschrieben, dass er gehörig verletzt ist und es würde auch nichts bringen, ihm jetzt hinterher zu gehen und weiter auf ihn einzureden.

Also verwerfe ich meinen Plan, heute alles mit ihm zu klären und vertage dies in ein weiteres Gespräch am morgigen Tag. Schließlich sind es ja noch fünf Tage, bis die Tour startet.

Ich räume noch schnell in der Küche auf und mache mich dann bettfertig, um mich in ein leeres Doppelbett schlafen zu legen. Irgendwie ein komisches Gefühl.

There's Nothing Holdin' Me Back (a Shawn Mendes Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt