5 Meter über dem Boden

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„So ihr beiden." Joko schien es, als würde Stevens Stimme von weit entfernt an sein Ohr dringen. Der Moment, vor dem er sich so sehr gefürchtet hatte, war nun da. Das Finale von „Joko und Klaas gegen Pro Sieben" lief seit 3 Minuten und 12 Sekunden. „Ich erkläre euch nun die erste Aufgabe." Steven hustete. „Also für diese Herausforderung stehen euch unter anderem zwei Plüsch-Teddybären zur Verfügung." Joko zuckte zusammen sowie Steven eine Hand auf seine Schulter legte. „Entschuldigung Joko, leider müsst ihr gleich einige Höhenmeter bewältigen." Joko seufzte innerlich. Im Normalfall hätte er sich jetzt lautstark beschwert und mit Steven diskutiert, warum es schon wieder eine solche Aufgabe geben musste. Klaas hätte daneben gestanden und einen Witz gerissen. Doch im Moment fühlte sich Joko nicht danach und dass schien auch Steven aufzufallen. Eilig sprach er weiter: „Also." Er wies auf einen Tisch, auf dem ein brauner und ein weiser Plüsch-Teddybär saßen. „Diese beiden Bären möchten eine bessere Aussicht auf das ganze Geschehen hier haben und von dieser Konstruktion aus haben sie den besten Ausblick." Erst jetzt bemerkte Joko das ungefähr 5 Meter hohe Gerüst, welches keine 30 Schritte von ihm entfernt in die Höhe ragte. „Dass ist mir noch gar nicht aufgefallen.", lachte Klaas. „Na dann." Steven rieb sich erfreut die Hände. „Seid ihr bereit?" „Klar.", antwortete Klaas. „Und du Joko?" Joko bemühte sich zu lächeln. „Natürlich."

„Bei dieser Aufgabe geht es um Geschick.", erklärte Steven jetzt. Klaas nickte und musterte Joko eindringlich. Völlig geistesabwesend stand er da. „Hört ihr mir überhaupt zu?", fragte Steven. „Ja immer doch. Nicht wahr Joko?" Keine Antwort. Erneut warf Klaas einen Blick zu seinem Kollegen hinüber. „Joko?" „Was? Ja. Ich höre zu." „Gut, dann folgt mir." Steven lief zu dem Gerüst hinüber. Klaas setzte sich ebenfalls in Bewegung. Je näher er dem metallenen Monster kam, desto größer wurde es? Waren, dass wirklich 5 Meter? Schließlich hatten sich alle um das Gerüst versammelt und Steven ergriff ein weiteres Mal das Wort: „In der Mitte dieser wunderbaren Konstruktion befindet sich eine Treppe und über diese gelangt ihr nach oben auf eine Plattform. Dort warten Leute von unserem Sicherheitsteam, die darauf achten, dass ihr nicht herunterfallt." Den letzten Satz schmückte der Moderator mit einem schelmischen Lächeln seinerseits. Klaas wischte sich eine Strähne aus dem Gesicht. „Wir müssen also nur die Treppe hoch, die Bären oben ablegen und wieder runter." „Nicht ganz. Ihr werdet die Bären im Mund hochtragen, während ihr mit Handschellen aneinandergefesselt seid. Oben müsst ihr die Teddys beide auf einem Tisch platzieren, auch dass nur mit dem Mund benutzt ihr die Hände, habt ihr diese Aufgabe verloren." „Wer hat sich diese schwachsinnige Aufgabe denn wieder ausgedacht." Er rollte mit den Augen und drehte sich zu Joko um. „Das schaffen wir Joko." Dieser bejahte, doch Klaas sah die Angst in seinen Augen. Aber da war noch etwas, etwas Fremdes, etwas, dass er nicht deuten konnte.

Mit weichen Knien setzte er einen Fuß vor den anderen. Nur nicht nach unten schauen. Er durfte auf keinen Fall nach unten schauen. „Joko? Alles klar?", erkundigte sich Klaas jetzt neben ihm. Eher gesagt vermutete Joko, dass er dass gefragt hatte, denn mit einem Teddybären im Mund kam, dass Gesagte nicht besonders verständlich rüber. Er wollte etwas erwidern, ließ es dann aber sein. Er musste sich einfach ganz normal verhalten, dann würde auch niemand etwas von seinen Gefühlen für Klaas erfahren. In diesem Moment erreichten sie die Plattform. Keine Menschenseele war zu sehen. „Das mit dem Sicherheitsteam hier oben war ja wohl ein sehr schlechter Witz." Während Klaas sprach, fiel ihm der weise Teddy aus dem Mund. „Scheiße." Klaas ging auf die Knie und zog Joko mit. Jokos Herz schlug schneller, als er abrupt gegen seinen Kollegen prallte. Erholte tief Luft und versuchte so normal wie möglich zu wirken. Am besten sprach er im Laufe dieser Aufgabe kein Wort mehr, denn Steven und auch die Zuschauer konnten ihn und Klaas hören und sehen. Wenn jetzt irgendetwas geschah, dass... „So ein Mist.", riss sein Kollege ihn da aus seinen Gedanken. Klaas versuchte immer noch, den Bären mit dem Mund vom Boden zu bekommen. „Kann man hier wirklich runterfallen?" Die Frage war einfach so aus ihm heraus geplatzt und natürlich konzentrierte sich Joko darauf, das braune Plüschtier beim Sprechen nicht zu verlieren. Vergebens. „Nein. Ich denke nicht, dass man von diesem Gerüst stürzen kann. Steven hat mal wieder übertrieben. Er..." Klaas brach ab. „Oh, du hast deinen Bären ja auch verloren." Das Gelächter des Publikums strömte durch die Halle. Joko hatte immer gewusst, dass Lachen ansteckend war und auch jetzt überkam es ihn wie eine ansteckende Krankheit.

Jokos plötzliches Lachen ließ ihn nicht kalt, im Gegenteil, bald schon musste Klaas sich die Tränen aus dem Augenwinkel wischen. „Jetzt müssen wir aber weiter machen. Immerhin haben wir noch ein paar Aufgaben vor uns." „Genau Klaas.", ertönte da Stevens Stimme durch die Lautsprecher. Sehen konnten Klaas ihn von hier oben ja nicht. „Nach dieser Aufgabe kommen noch fünf weitere, insgesamt müsst ihr fünf Herausforderungen meistern, um zu gewinnen." Klaas nickte. Das hieß, wenn sie dass mit den Bären vermasselten, durften sie beim Rest nicht versagen, sonst gewann Pro7 und auf ihn und Joko wartete eine Strafe. Klaas warf einen Blick zu seinem Kollegen hinüber, welcher inzwischen damit beschäftigte war, seinen Teddybären mit dem Mund aufzunehmen, was ihm auch gelang. Auch Klaas widmete sich nun wieder derselben Aufgabe. Schließlich rappelte Klaas sich auf. Joko der ja mit einer Handschelle an ihm befestigt war, wurde mit nach oben gezogen. „Eigentlich ist es überhaupt nicht schwer, ein Kuscheltier mit dem Mund aufzuheben." ,meinte Joko. „Bei uns beiden schon.", lachte Klaas. „Achtung." ,rief Steven. „Es kommt noch ein keiner Bonus, um das Ganze zu erschweren." Bevor Klaas sich richtig mit dieser Aussage vertraut machen konnte, fing der Boden wie aus heiterem Himmel an zu beben. Ein Erdbeben schoss es ihm durch den Kopf. Nein. Das war Quatsch. Klaas's  Versuch, sich auf den Beinen zu halten, scheiterte, er taumelte, stürzte gegen Joko und riss ihn mit hinunter.
Natürlich verloren die beiden dabei erneut ihre Bären.

Unsanft schlug Joko auf dem Boden der Plattform auf. Was passierte hier? „Das ist doch wohl ein schlechter Scherz." Klaas's Gesicht tanzte vor seinen Augen und Joko realisierte, dass sein Kollege über ihm war, genauer gesagt auf ihm lag. „Was soll den der Unsinn Steven?", schrie Klaas jetzt. „Das Ding stürzt bestimmt gleich ein." Ein Raunen ging durch das Publikum. „Nein. Keine Sorge. Nur die Plattform bebt, nicht das Gerüst.", erklang da Stevens Stimme. „Tut mir leid. Das war die Idee des Teams, ich bin nur der Moderator." „Ja, ja. Scheiß Idee." ,fluchte Klaas. Joko atmete tief durch. Warum ging Klaas nicht endlich von ihm runter. „Alles gut, Joko?" Die plötzliche Frage seines Kollegen ließ ihn zusammen zucken. Joko brachte kein Wort heraus.„Joko?" Nimm dich zusammen, Joko. Wenn er sich weiterhin so benahm, würde früher oder später alles aufliegen. Und dass konnte er nicht zulassen. Auf keinen Fall. Niemals. „Ja.. ich.. mir geht es gut." Seine Stimme zitterte leicht, doch Klaas schien sich mit dieser Antwort zufriedenzugeben, denn endlich richtete er sich auf. Die Handschelle, die ihre beiden Handgelenke verband, spannten sich. „Komm. Gib mir deine Hand.", forderte Klaas ihn auf. „Ich zieh dich hoch." Ohne zu überlegen griff er nach der Hand seines Freundes. Ein Fehler. Denn kaum hatten sich ihre Hände berührt, explodierte etwas in Joko. Es war, als würden alle angestauten Gefühle aus ihm heraus brechen. Mit einem Ruck zog er seine Hand zurück, verlor den Halt und machte erneut Bekanntschaft mit der noch immer bebenden Plattform. Natürlich folgte Klaas ihm, wie konnte es auch anders sein, sie steckten ja immer noch in dieser Handschellen Situation fest. Joko lief knallrot an, als er bemerkte, wie nah Klaas's Gesicht dem seinen war. Gefährlich nah. Eine einzige Bewegung hätte gereicht und ihre Lippen wären eins gewesen. „Was sollte denn, dass Joko?" Wut schwang in Klaas's Stimme mit. „Wir hatten es doch fast geschafft. Warum lässt du einfach meine Hand los?

Einen Moment lang starrte Joko ihn einfach nur lächelnd an, dann erwachte er aus seinem Zustand, seine Gesichtsfarbe verwandelte sich in ein kräftiges tomatenrot. „Ich... es tut mir leid." „Schon gut."Klaas richtete sich auf und Joko musste ihm wohl oder übel folgen. „Bringen wir die Aufgabe zu Ende Joko und gewinnen das Finale." Er griff nach seinem Bären. Nicht mit der Hand. „Scheiße." Mit der flachen Hand schlug sich Klaas gegen die Stirn. Wie konnte man nur so dumm sein? „Tut mir leid Klaas.", ertönte da Stevens Stimme. „Dieses Spiel habt ihr verloren."


Joko & Klaas Können wir einander wirklich lieben?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt