5. Tag am Grimmauld Place

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Ich erwachte spät an diesem Morgen. Es schien die ganze Nacht geregnet zu haben. Als ich in die Küche ging, traf ich nicht wie gewöhnlich den zeitungslesenden Sirius an. Ich vermutete, dass er mir aus dem Weg gehen wollte. Und sicherlich war das auch das Beste was er machen konnte, denn seit dem atemberaubenden Kuss gestern, machte ich mir andauernd Gedanken darüber, ob ich das lieber hätte nicht machen sollen. Immer wieder bereute ich meinen Schritt, aber war dennoch glücklich, dass dieses Gefühl, das ich mit noch keinem anderen Menschen gehabt hatte, immer noch in mir nachhallte. Und früher oder später würde ich Sirius über den Weg laufen und mit ihm sprechen müssen. Dann würde sich schon herausstellen, ob es die falsche Entscheidung gewesen war. Doch bis dahin konnte ich mich einfach an dem Gefühl erfreuen, welches der bloße Gedanke an Sirius und seine charmant-witzige Art, seine wunderschönen Augen und seine erstaunlich zarten Lippen in mir auslöste.                                                                                                                                      
Ein Rascheln in der Speisekammer riss mich aus meinen Gedanken. Ich nahm an, dass es Kreacher war und ignorierte es einfach, da mir gerade nicht danach zumute war, beleidigt und beschimpft zu werden. Als ich mir einen Kaffee machen wollte, fiel mir auf, dass noch etwas in der Kanne war. Und es war noch warm. Daraus schloss ich, dass Sirius bereits wach war und sich dazu entschieden hatte, sein Frühstück allein zu essen. Ich schüttete den Rest der Kanne in eine Tasse und nahm mir ein Brötchen aus dem dafür vorgesehenen Korb. Dann ging ich wieder auf mein Zimmer, um während des Frühstücks aus dem Fenster in das trübe Grau des Tages zu starren. Es hatte zwar aufgehört zu regnen, doch die grauen Wolken hingen schwer und tief über London. Mir wurde bewusst, dass das Wetter gerade sehr gut meine Gefühle wiederspiegelte. Dieses unbeschreibliche Gefühl von gestern Abend war nur noch ganz schwach zu erahnen. Stattdessen hatte ich Angst vor der Zukunft und der Gewissheit, dass nichts mehr so sein würde, wie es war. Gleichzeitig fühlte ich mich leer und wollte unbedingt mit Sirius sprechen, um die Unwissenheit, wie es nun weitergehen würde, loszuwerden.

Ein lautes Geräusch riss mich aus meinem leichten Schlaf. Ich musste kurz nach dem Frühstück eingenickt sein, denn ich hing mehr auf der Couch als dass ich saß. Ich ging zur Tür und öffnete sie, in der Hoffnung Sirius auf dem Flur vorzufinden. Doch es war nur Kreacher, der den Wischmop vom Boden aufhob, der das laute Geräusch verursacht haben musste. Bevor Kreacher wieder in seine Hassreden verfiel, schloss ich meine Tür und zog mich um, denn ich trug immer noch meinen Pyjama. Das Wetter war besser geworden, aber die Sonne scheinte nur hier und da ein wenig durch die Wolkendecke. Trotzdem beschloss ich einen Spaziergang zu machen, um meinen Kopf frei zu kriegen und mich mental auf die früher oder später anstehende Unterhaltung mit Sirius vorzubereiten.

Als ich wieder das Haus betrat, war immer noch keine Spur von Sirius zu sehen. Zwar hatte ich das dringende Bedürfnis mich mit ihm auszusprechen, aber ich verstand, dass er gerade seinen Freiraum brauchte und ließ ihm diesen. Gerade hatte ich meine Schuhe ausgezogen, als hinter mir die Haustür aufging. Wieder erwartete ich Sirius' Gesicht zu sehen, aber zu meiner Überraschung stand Kingsley auf einmal im Hausflur. Überrascht sah er mich an. "Hermine! Was machst du denn hier?", er schloss die Tür und begrüßte mich mit einer herzlichen Umarmung. Wir hatten uns lange nicht mehr gesehen und ich konnte seine Freude, mich wiederzusehen an der Länge und Intensität unserer Umarmung spüren. "Hey Kingsley. Freut mich dich zu sehen.", erwiderte ich. "Du hast vielleicht von dem Ereignis auf meiner Geburtstagsfeier gehört?", ich sah ihn an und dann auf den Boden. "Stimmt. Ja klar habe ich das mitbekommen. Tut mir ehrlich leid für dich.", Kingsley zog mich gleich wieder in eine Umarmung, um mich ein wenig zu trösten. Ich musste ehrlich zugeben, dass ich gar nicht mehr so unglücklich war und seit dem gestrigen Kuss mit Sirius hatte ich sowieso andere Sorgen. Dennoch bedankte ich mich bei Kingsley für sein Mitgefühl und führte ihn in die Küche, um ihm ein Glas Wasser (etwas Anderes wollte er nicht) zu bringen. Auch er war verwundert, dass ich bei Sirius Schutz gesucht hatte, was mich nochmal darin bestärkte, dass Ronald, falls er es überhaupt noch tat, hier nicht nach mir suchen würde.

Kingsley und ich unterhielten uns schon eine Weile, als die Tür aufging und Sirius seinen Kopf hereinsteckte. Das Blut gefror in meinen Adern und gespannt wartete ich darauf, was nun passieren würde. Er sah erst mich mit einem distanzierten Blick an, bevor er Kingsley mit einem eher gezwungenen Lächeln begrüßte. Dann setzte er sich und ein betretenes Schweigen trat ein. Die Situation war merkwürdig, denn es herrschte eine Spannung im Raum, die ich irgendwann nicht mehr aushielt. Ich stand also auf und fand irgendeinen Vorwand, um auf mein Zimmer zu müssen. An der Tür schaute ich noch einmal zu Sirius zurück, der intensiv auf den Tisch starrte. In diesem Moment traf mich die Erkenntnis, dass es tatsächlich nie wieder so sein würde wie es einmal zwischen mir und Sirius war, so plötzlich, dass ich gerade noch die Tür hinter mir schließen konnte, bevor Tränen, die ich nicht zurückhalten konnte und auch nicht wollte, mein Gesicht in Strömen herunterliefen. Ich stolperte in mein Zimmer und ließ alles raus. Nach drei Stunden hatte ich endlich aufgehört zu weinen, trotzdem sah mein Gesicht, als Kingsley an meine Tür klopfte, um sich zu verabschieden, sicherlich noch sehr verquollen aus. Kingsley ging aber bestimmt davon aus, dass ich wegen Ronald so schlecht drauf war und kommentierte mein Aussehen nicht weiter.
Sirius ließ sich den Rest des Tages nicht mehr blicken und trotz dessen, dass ich wusste, dass wir uns beide keineswegs wie Erwachsene verhielten und Weglaufen nie eine Lösung war, fasste ich den Entschluss, den Grimmauld Platz morgen zu verlassen, denn ich konnte einfach nicht mehr unter diesen Umständen mit Sirius unter einem Dach leben. Deshalb packte ich zum zweiten Mal in einer Woche meinen Koffer, um morgen schnell und unbemerkt dieses Haus zu verlassen. Danach ging ich ins Bett, um in einen unruhigen Schlaf zu verfallen.

Sirius und Hermine - unverzeihliche Liebe?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt