Chapter 6 - Prices

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Énore und ich sind bei den Spielen. Ich bin schon seit vier Jahren eine Kämpferin hier. Natürlich bin ich angezogen wie eine Nicoli und halte meine wahre Identität geheim. Für den Kampf muss man nur stark sein und gut mir dem Schwert. Ich bin beides. Meine Ilaria Kräfte machen mich leicht auf den Beinen und lassen mich besonders hoch springen. Drehungen in der Luft und weite Sprümge sind gar kein Problem. Sie sorgen auch dafür, dass meine Wunden sofort heilen. Alle denken ich würde nie verletzt. Es kommt einfach nicht vor, dass ich einen Kratzer im Gesicht habe, wenn das Spiel vorbei ist.

Meine Naida Seite macht mich listig und lässt mich erraten welche Schritte der vor mir als nächstes macht. Ich bin schließlich von Natur aus eine Meisterin der Anpassung. Meine Naida Kräfte machen mich auch stark genug einen Schlag aufhalten zu können. Der Rest ist jahrelanges Training. Wenn ich nicht stunden so wie meine Geschwister schwimmen kann, dann kann ich sie wenigstens zum Kämpfen nutzen. Das Kämpfen macht mir oft keinen Spaß, aber Mutter schickt mich immer. Es ist wichtig um meinen Wert auf dem Markt zu steigern, damit ich überhaupt heiraten kann. Auch Naida wollen keinen Hybriden heiraten der halb Ilaria ist.

Énore und ich sind gerade auf dem weg zum nächsten Kampf. Bei den Spielen tritt man eins gegen eins an und arbeitet sich eben hoch. Ich bringe meistens eine Medaille mit und habe schon einen richtigen Fanclub. Énore und ich sind beide für die Naida hier, doch das wissen nur die vom obersten Komitee. Alle anderen glauben wir wären Nicoli. Weil Énores Name ‚Ehre' bedeutet muss sie ihn nicht ändern. Ich wollte lieber auf Nummer sicher gehen und habe mich deswegen umbenannt. Hier heiße ich ‚Njeri'. Keiner weiß wer ich bin und besonders die Nicoli feiern für mich.

Auch jetzt gehen wir wieder an einer Tribüne vorbei auf denen oben Nicoli stehen und Schilder für mich hochhalten. Da steht mein Name drauf und Adjektive, die ich mir selbst nie geben würde. Sachen wie ‚tödlich, gefährlich, gnadenlos'. Sie schreien meinen Namen und singen ihre Hymnen. Dabei sind ihre Stimmen schrecklich schräg und brennen wie Säure in meinen Ohren.

„Nicht der schon wieder." Ich sehe zur Seite und muss dann lachen. Der mit den braunen Locken und der gebräunten Haut kommt in seinem üblich stolzen Gang auf uns zugelaufen. „Sorry, aber ich muss hier weg." Überrascht sehe ich dabei zu wie Énore einfach ohne mich abhaut bevor ich sie aufhalten kann. Was eine gute Freundin! Ich atme tief durch und sehe dann zur Seite wo gerade der Lockenschopf ankommt.

Wie er heißt habe ich schon wieder vergessen, aber den Rest von ihm kenne ich gut. Er ist immer mit seinen Freunden hier. Findet mich bei jedem meiner Kämpfe. Er ist ein Nicoli durch und durch. Trägt die schwarze Kleidung, den Schmuck und das fiese Grinsen. Er sieht gut aus und viele Nicoli drehen sich nach ihm um. Natürlich weiß er das auch. Er weiß alles, nur nicht, dass ich keine Nicoli bin. Meine Haare sind hier schwarz, meine Wangen ohne Sommersprossen und meine Ohren rund. Würde er wissen, dass ich nicht bin wie er, würde er wahrscheinlich nicht aufhören mich anzubaggern, aber es wäre vielleicht weniger aggressiv. Wüsste er, dass ich halb hell bin, eine Ilaris, dann wäre der dunkle sofort abgeneigt und ein bisschen beschämt. Ich wette es wäre ihm peinlich.

„Hey, du bist auch hier." Sagt er so als würde er mich nicht stalken. „Jap." Kommt bloß von meiner Seite während ich zum gehen ansetze. Natürlich läuft er neben mir her. „Siehst auch heute wieder sehr hübsch aus." Das haben Ilaris so an sich. Genervt atme ich tief durch. „Hast du es dir überlegt?" Fragend sehe ich ihn an. Ich weiß genau was er meint. Beim letzten Mal hat er mich gefragt ob ich mit ihm ausgehen will. Das mal davor hat er das auch schon gemacht. „Das Date, Hübsche." Ach komm, du willst doch nur mit mir schlafen. Es so zu nennen ist ziemlich ironisch, weil Nicoli keinen Schlaf brauchen. Sie sind besonders nachtaktiv. Wegen ihnen haben wir Wachen vor der Tür, die uns Nachts beschützen. Dafür geht ne Menge Geld drauf.

„Nein, danke." Lehne ich ab. Das ist ganz schön riskant. Nicoli mögen es nicht, wenn man ‚nein' zu ihnen sagt. Ich mag es auch nicht, wenn man ‚nein' zu mir sagt, aber anders als sie würde ich dafür niemanden umbringen. „Das ist jetzt schon das dritte Mal, dass ich dich frage, kleine." Siehste? Genau das meine ich. Ich versuche ruhig zu bleiben und mich nicht aufzuregen. Stattdessen bleibe ich stehen und drehe mich zu ihm. Er grinst immer noch. An seinem Hals hängen schwarze Kristalle. Sie verstärken seine Kräfte. Genau das gleiche mit den Ringen an seinen Fingern und dem Diamant besetzten Dolch in dem Halfter an seinem Unterschenkel. Wenn er mich aufschlitzen will, dann ist er definitiv vorbereitet erschienen.

Es ist normal, dass sich besonders einflussreiche Familien besonders einkleiden, wenn sie zu diesen Spielen erscheinen. Zu gerne würde ich wissen zu welchem Hause er gehört. Würde es besonders meiden. So wie er herum läuft, ist er vielleicht ein Einzelkind, was von den Eltern bis zum Hals mit Kristallen zugestopft wird. „Sag mal, trägst du so viel Schmuck, weil du schwach bist?" Frage ich freundlich. Er merkt nicht, dass ich ihn provozieren will. Er denkt ich spiele mit ihm und grinst breit. „Ach so ist das. Ich soll mich also erst beweisen." Ich habe ihn noch nie kämpfen gesehen, aber ehrlich gesagt verfolge ich diese Kämpfe auch nicht.

Ich erledige meine und fahre sofort wieder nach Hause. Das ganze Töten und Blut hier macht mich krank. Die Naida in mir kann vielleicht kämpfen und verletzen und vielleicht sogar töten, aber der unschuldige Ilaria in mir, will das alles nicht. Kann es mit nervösem Magen kaum verkraften. Nach den Kämpfen muss ich immer erstmal eine Runde schlafen um mich zu beruhigen. Der vor mir beugt sich näher mit seinem Gesicht an meins. Ob er das Seegras an mir riechen kann? Bestimmt nicht oder? „Was soll ich dir denn zeigen, mächtige Nicoli?" Das ist es! Das ultimative Kompliment für seine Art. Sie alle wollen ‚mächtig' genannt werden. Mich interessiert das leider nicht die Bohne.

Ich denke mir bloß, dass er mir gar nichts zeigen soll. Das ist mir alles so egal. Bitte geh einfach weg. „Soll ich jemanden töten?" Ich weiß, dass das bei Nicoli zum standard Gespräch gehört, aber ich empfinde das immer noch als äußerst problematisch. Das Schlimme ist doch, dass er das völlig ernst meint. Es ist witzig für ihn. Zu gerne würde ich einfach antworten, dass ich nicht auf Mörderer stehe, aber dann würde ich auffliegen.

„Stich dir selbst in die Hand." Antworte ich und kassiere einen schockierten Blick. Das lässt mich wirklich grinsen. Eine Sache können Nicoli nämlich nicht, die alle anderen können. Sich selbst verletzen. Nicoli können sich nicht selbst heilen und ich bezweifle, dass hier ein Ilaria ist, der bereit wäre diesen Macho vor mir zu heilen. „Das ist eine ganz schön große Sache, Njeri." Ich mag es nicht wie er meinen Namen ausspricht. So als wäre ich seins. Njeri bedeutet ‚gehört einem Kämpfer'. Es bedeutet nicht ‚gehört dem gehirnlosen vor mir'. „Eine Sache, die du nicht kannst, Cassius." Cassuis bedeutet vergeblich. Ganz genau so wie seine Anmache.

Ich laufe einfach an ihm vorbei zur Halle. Das hier ist vielleicht der letze Kampf vor meiner Hochzeit. Schon allein daran zu denken macht mich nervös. Einen Nicoli heiraten? Das kann ich nicht. Ich habe doch gerade schon wieder gesehen wie sie sind. Dieser Idiot ist doch auch nur an mir interessiert, weil ich so aussehe wie er. Weiß er, dass ich nicht bin wie er, wird er mich nicht mehr sehen wollen. Ich möchte jemanden der mag, dass ich anders bin. Eine Hybride.

Meine Hybridfähigkeiten sorgen auch heute wieder dafür, dass ich den Kampf gewinne. Ich steche der Person so gerade am Herzen vorbei. Das tue ich immer und niemanden scheint es zu stören. Ich bin keine Mörderin. Ich habe keine Lust zu töten. Ich bin eben halb Ilaris.

Blumen sind für die SchwachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt