Chapter 14 - Water

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Es war demütigend als Alamea erzählt hat, dass wir zu spät dran waren nur weil wir Probleme mit der Hängebrücke hatten. Schon auf dem Weg zu den Naoki ist mir aufgefallen was für ein komplizierter Aufenthalt das hier werden würde. Wir mussten über die Sprudelwasser und auch, wenn es eine Mauer ist über die man reitet, welche hoch genug ist, dass das Wasser links und rechts nicht zu dir hoch spritzen kann, so hat es mich doch beunruhigt. Es war schwierig rational zu bleiben. Ich hatte die ganze Zeit dieses Bild im Auge von damals als sie mich über die Schlucht gehalten haben. Dass wir Nicoli nichts vergessen können ist eine Plage.

Laurent hatte sich nichts anmerken lassen. Bis vor wenigen Minuten wusste ich nicht, dass er Angst vor Wasser hat. Angst. Ha! Je mehr Zeit ich mit ihm verbringe desto nützlicher werden meine Erkenntnisse. „Es ist eine alte Tradition, dass wir Gästen etwas zu essen anbieten. Wir sind uns durchaus bewusst, dass Sie dieses nicht brauchen. Sie können gerne ablehnen." Seena bietet ihren Gästen was zu essen an? Ich würde normalerweise direkt ablehnen, aber dieses Mal tue ich es nicht. Ich weiß, dass sie es von mir erwarten, aber wenn ich Alamea richtig verstanden habe, dann will sie nur jemanden heiraten, der sich nicht wie ein Nicoli verhält. Wenn Nicoli also nicht essen, dann sollte ich es tun.

Ich hebe meine Hand und werde natürlich überrascht angesehen. „Du möchtest was essen?" Fragt Alamea verwundert und ich nicke. Mein Plan funktioniert. Es war unklug von mir nicht an die Mäntel zu denken, aber wenigstens habe ich ihren bescheuerten Gruß gelernt. Wir werden von ihr zurück aus dem Raum geführt und laufen dieses Mal zum Glück eine Treppe neben dem reißenden Fluss herunter. Wer baut sein Haus um eine Schlucht herum?

Vor uns geht dieser Ilaria Typ. Malachi. Wisst ihr was das bedeutet? Es bedeutet 'mein Engel' und Alamea starrt ihn auch genauso an. Ich hasse ihn jetzt schon. Laurent läuft neben mir mit den Händen in den Taschen. Es scheint ihn nicht zu stören, dass wir aussehen wie Pilze. Wenigstens muss ich nicht wie er dieses peinliche rot tragen. Das ganze Gebäude ist aufgebaut wie ein Zylinder. Es ist in vier Teile geteilt und sie sind leider hauptsächlich durch irgendwelche schmalen Brücken und Stege verbunden.

Ich bin verwundert als wir das Gebäude verlassen und Stromaufwärts gehen. Direkt am Ausgang liegt eine breite goldene Treppe. Natürlich haben sie hier keine Überdachung für den Regen. Sie haben ja kein Problem nass zu werden. Wir steigen die goldenen Stufen herunter, aber sie scheinen kein Ende zu nehmen. Unter meinen Schuhen kann ich es quietschen hören. Selbst auf den Stufen steht etwas Wasser. Ich frage mich wie lange unsere Schuhe das durchhalten werden bevor es unsere Haut trifft. Wenn es Regenwasser ist, wird es uns nicht schaden, doch wenn es Ozean- oder Flusswasser ist, dann wird es uns die Haut verätzen.

Ich hinterfrage schon die ganze Zeit ob es das hier wirklich wert ist, aber immer wenn ich zu Laurent gucke und bemerke wie er sie anstarrt, dann weiß ich es. Wenn Laurent sie kriegt, wird er es mir ständig unter die Nase reiben. Das kann ich nicht zulassen! Plötzlich bleiben sie stehen. Was passiert jetzt? Selbst hier unten auf der Treppe gibt es so viel Licht, das man alles sehen kann. Gibt es hier nicht einen einzigen dunklen Ort? Unsere Gemächer waren auch nicht dunkel. Da waren immer noch Fenster und nicht mal Vorhänge um sie zu bedecken.

Plötzlich zieht Malachi seinen Umhang und sein Hemd aus. Alamea berührt die Steinwand neben sich, welche sich dann öffnet und eine Truhe frei gibt. „Ilaria sind Warmblüter und überhitzen im Berg Inneren." Alamea zieht ihren Umhang auch aus und kurz bin ich wirklich neugierig ob sie das mit ihrem Oberteil auch macht. Als Halbblut muss sie das wohl nicht. Sie legt bloß die zwei Umhänge und Malachis Hemd hinein. Dann schließt sie die Truhe und sie verschwindet von selbst wieder hinter der Wand.

Erst jetzt fällt mir Alameas Blick auf. Sie vermeidet es offensichtlich Malachi anzusehen. Ich habe schon gehört, dass Ilaria Körper berunt sind, aber so habe ich mir das nicht vorstellen können. Auf Malachins weißem Oberkörper winden sich silber glänzende Runen. Sie sehen aus wie Pflanzen, die sich an ihm hoch ranken. Auf seiner Wirbelsäule verläuft ein geschwungenes Kreuz. Seine Arme sind mit feinen Ringen benetzt. Das meinen sie also, wenn sie sagen: 'Du bist schön, aber ein nackter Ilaria ist schöner'. Früher dachte ich immer, dass dieses Sprichwort mit dem Tod zu tun hat, dann lehrte man mich, dass es wirklich um die Schönheit geht.

„Hast du das auch?" Fragt Laurent neben mir einfach gerade raus. Manchmal schäme ich mich wirklich mehr als schon üblich dafür sein Bruder zu sein. Wir sind uns zum Glück überhaupt nicht ähnlich. „Wirst du wohl nie erfahren." Sagt sie schulterzuckend und Malachi schmunzelt zufrieden. Sie haben definitiv etwas für einander übrig. Die Frage ist nur ob es meinen Plan ruinieren könnte. „Kommt!" Wir folgen ihr weiter die Stufen herunter. Musste ich das Essen wirklich annehmen? Sind wir deswegen jetzt zehn Minuten dran eine unendliche Treppe herunter zu steigen?

„Den ganzen Weg müssen wir doch am Ende nicht wieder hoch steigen oder?" Fragt Laurent quengelnd. „Es ist eine magische Treppe. Der Rückweg dauert nur 6 Stufen." Erklärt sie. Ender ist ein wirklich magischer Ort dafür, dass Naida selbst keine Kräfte produzieren können. All das hier wurde von den geklauten Kräften meiner Vorfahren gebaut. Da bin ich mir sicher. 'Ender' bedeutet 'besonders selten' und es stimmt. So einen Ort gibt es nirgends wo anders. „Wir sind da." Es stimmt. Wir haben wirklich das Ende der Treppe erreicht. Hier kann man Wasser rauschen hören und Rufe der Naida. Das hier ist ein Albtraum für jeden Nicoli.

„Keine Sorge, es ist zwar nicht leicht, aber man kann es schaffen hier trocken zu bleiben." Ich glaube ihren Worten nicht. „Müssen wir da rein?" Fragt Laurent was mir sofort wieder ein Lächeln auf die Lippen spielt. Zufrieden gehe ich einfach voran. Für zwei Sekunden wäre ich gerne ein Naida um mich von seiner Angst ernähren zu können. Nachdem wir einen dunkelroten Tunnel durchquert haben, landen wir unter einer weiten runden Kuppel. Sie ist mal wieder viel zu hell für mich, aber für Ilaria schon zu dunkel. Typisch Naida. Das Ende der Kuppel kann man von hier aus nicht sehen. Auch die Decke verschmilzt mit dem Wasserdampf und ist nicht erkennbar. Trotzdem ist es sichtlich eine Kuppel.

„Willkommen im Herzen des Berges. Nur wenige Meter von der Quelle entfernt." Sagt Alamea und läuft wieder vor mir. Ihr Engel folgt ihr natürlich. Er nervt mich wirklich unglaublich. Vor uns sind Flüsse, die sich um Inseln schlängeln und Inseln in denen Seen stehen. Hier wachsen riesige Palmen und Sträucher und jede Menge Gras. Ganz ohne Licht von draußen. Es ist hell hier, weil das Wasser leuchtet. Es leuchtet in einem hellen Blau und lässt Malachis Runen bläulich flackern. Ich hasse ihn wirklich.

In der Halle ist es laut. Man kann die Schreie der Naida von überall hören. Sie prallen an den Kuppelwänden ab und scheinen nie zu verstummen. Für jemanden wie mich, der fast seinen ganzen Tag in Stille verbringt ist das wirklich laut. „Ich weiß, dass es hier viele Geräusche gibt, aber ihr müsst euch keine Gedanken machen. Kampfgesänge und der Todesschrei sind hier unten verboten." Daran habe ich nicht mehr gedacht. Die Naida sind hässliche Kreaturen, aber noch schlimmer als ihr Anblick ist ihre Stimme. Der Schrei der Nymphen kann Glas zerspringen lassen und blutet dein Gehirn von innen aus. Es läuft dann nur so aus allen Löchern deines Schädels. Auch durch die Augen.

„Naida können die Schreie kaum hören, die hier unten für immer gefangen sind. Malachi hört sie gar nicht." Sagt sie lächelnd. „Wie ihr sehen werdet könnt ihr auch in normaler Tonlage sprechen und man versteht euch trotzdem. Die Schreie sind eine Illusion. Meine Gene känzeln sich leider gegenseitig aus, also höre ich es genauso ohrenbetäubend laut wie ihr. Man gewöhnt sich dran." Das bezweifle ich. Es ist wirklich unangenehm laut hier drinnen. Laurent verzieht auch sein Gesicht. Für ihn muss es auch nervig sein.

„Das Wasser ist heute wirklich voller Naida. Es ist noch nicht so spät am Tag, also ist hier noch ein hoher Andrang." Laurent sieht ins Wasser, kann aber natürlich nichts sehen. Nicoli können genau wie Ilaria keine Naida im Wasser erspähen. Für uns sind sie unsichtbar. Erst wenn wir selbst im Wasser sind oder sie ans Ufer kommen, nehmen wir sie war. „Da vorne gibt es das Essen." Sagt Alamea und zeigt zu einem Tisch auf einer Insel. Ich zähle sofort die Hängebrücken, die es bis dort hin braucht. Drei.

Ich atme tief durch und folge ihnen dann einfach. Vor der ersten Brücke sträubt sich schon wieder alles in mir. Das ist ja unglaublich! „Ich wette, sie sind genau da drunter und warten nur darauf, dass wir rein fallen." Sagt Laurent. Ich schließe einfach meine Augen und gehe gerade nach vorne bis ich wieder Gras unter den Füßen spüre. Hauptsache weg von Laurent, der mich nur aus der Ruhe bringt. Abwartend sehe ich zu wie Malachi mir folgt. Alamea versucht wieder Laurent dazu zu überreden mit ihr zu kommen. Wäre Laurent nicht so ein Schisser, würde ich fast glauben, dass das seine Strategie ist um ihr näher zu kommen. Sie halten sich schon wieder an den Händen.

„Nur noch zwei." Sagt sie da und er starrt sie erschrocken an. „Noch zwei?" Ich gehe grinsend voran. Hoffentlich wird er sich nie an diese Brücken gewöhnen.

Blumen sind für die SchwachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt