Melvin seufzt, stellt seine Boots neben der Tür ab und tritt auf Socken in die Wohnung. „Entschuldige", sagt er besänftigend und schließt leise die Tür.
Schließlich muss nicht die gesamte Nachbarschaft zuhören, wie Silas seinem Drama Luft macht.
„Das ist alles?", folgt augenblicklich genau dieser erwartete Satz von seinem Freund.
„Wenn du mich ausreden und hereinkommen lassen würdest, könnte ich auch noch mehr sagen, Silas", ermahnt Melvin ihn nun mit einem strengen Blick, während er seine dicke Winterjacke auszieht. „Oder soll ich doch lieber noch eine Runde rausgehen, damit du mich suchen kannst? Allerdings muss ich dich enttäuschen, denn wir haben weder Skistöcke noch Schneeschuhe, weil wir keine Inuit sind!"
Bedröppelt verschränkt Silas die Arme vor der Brust und schiebt seine Unterlippe schmollend vor.
„Fein", brummt er. „Soll ich dir einen Tee machen?"Noch immer klingt seine Stimme wie die eines beleidigten Kindes, das seiner Mutter nach einem Streit ein widerwilliges Friedensangebot macht.
„Das wäre wirklich lieb von dir", erwidert Melvin lächelnd. „Ich bin nämlich wirklich ein wenig durchgefroren."
Silas reckt sein Kinn aufmüpfig nach oben und macht auf der Ferse kehrt, um sogleich strammen Schrittes in die Küche zu marschieren. Mit gekonnten Griffen füllt er den silbernen Teekessel, ehe er ihn auf den Herd stellt.
Melvin folgt ihm und legt von hinten seine Arme um Silas' Taille, sein Kinn wieder auf dessen Schulter. „Wie war dein Tag?"
Silas zuckt erschrocken zusammen, als Melvins kalte Nase seinen Hals berührt und muss unwillkürlich kichern.
Dabei ist er immer noch etwas beleidigt.
„Anstrengend", murrt er. „Habe ich dir ja geschrieben."
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Schneegestöber | ✓
Short StoryVierundzwanzig Sätze. Vierundzwanzig Kapitel. Eine Geschichte. Ein etwas anderer Adventskalender. 2022 Edition. Ausschließlich veröffentlicht auf Wattpad - seht ihr dieses Buch auf einer anderen Internetseite, handelt es sich um eine nicht-genehmigt...