24 Sätze

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Melvin atmet tief durch und nickt.

Genau in diesem Moment beginnt der Teekessel zu pfeifen, so dass Silas diesen vom Herd nimmt und das Wasser in die vorbereitete Tasse, aus der bereits die Schnur eines Teebeutels baumelt, gießt.

„Ich kann es schlecht erklären", beginnt Melvin, als er die Tasse vorsichtig zwischen seine kalten Hände nimmt und sanft den Wasserdampf wegpustet.

Silas mustert ihn fragend, verkneift sich jedoch weitere Anmerkungen.

Er weiß, dass seine Eifersucht mal wieder das Schlechteste in ihm hervorgebracht hat und er bei Melvin nichts dergleichen zu befürchten hat.

Melvin hebt entschuldigend die Augenbrauen und Silas erkennt, dass sein Freund sich ein Grinsen verkneift.

„Vielleicht sollte ich es dir doch einfach zeigen?
Wenn ich meinen Tee ausgetrunken habe", schlägt er vor.

Silas zieht skeptisch eine Augenbraue nach oben.
„Draußen sind bestimmt minus achtundfünfzig Grad und ein Schneesturm und du willst mir zeigen, wo du unterwegs warst?"

Melvin grinst, schlürft an seinem heißen Tee und nickt. „Du könntest dir vielleicht noch ein paar warme Socken anziehen, aber ja, das will ich dir am besten zeigen."

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Eine Viertelstunde später ist der Tee ausgetrunken und Silas setzt sich in Melvins Auto, während dieser den vorsorglich platzierten Schutz entfernt.

Der Schneefall ist wieder weichen, trägen, dicken Flocken gewichen, die die Geräusche der Welt ganz in eine wattige Dämpfung hüllen, als Melvin den Motor startet und das Auto auf die schneebedeckte Straße lenkt.

Die stille Fahrt führt sie aus der Stadt durch weiße, überfrorene Wälder in eine vorweihnachtlich, unberührte Winterlandschaft und schaukelt den erschöpften Silas in einen leichten Dämmerschlaf. Als er unbestimmte Zeit später die Augen öffnet, kann er in der Ferne auf einem Hügel einzelne Lichter erkennen, auf die sie allmählich zufahren.

Einige Minuten später hält Melvin das Auto an und Silas starrt mit staunend aufgerissenen Augen durch die Scheibe nach draußen.

Vor ihnen, mitten in der Schneelandschaft, sind die Quellen der Lichter, die schon von Weitem sichtbar waren, aufgebaut - eine Reihe gläserner, von innen in warm-weißem Licht beleuchteter Iglus.

„Du hattest dir was mit Schnee gewünscht, aber ich dachte mir, dass wir beide vermutlich keine Lust haben zu frieren, darum fand ich, dass das hier ein guter Kompromiss wäre", erklärt Melvin mit einem schüchternen Lächeln.

„Wir bleiben in so einem?", fragt Silas ungläubig und kann seine Augen gar nicht von den leuchtenden Kugeln inmitten der Schneewelt abwenden.

„Das ganze Wochenende, wenn du magst", kichert Melvin.

„Oh, ich liebe dich so sehr, Melvin", seufzt Silas, beugt sich zu ihm herüber und gibt seinem Freund einen zärtlichen Kuss auf die stolz grinsenden Lippen.

„Und ich dich, mein Liebster", wispert dieser und verschränkt ihre kalten Finger miteinander.

Ende

Schneegestöber | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt