Das Unwetter

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Noch ehe sie zurückkommt, höre ich ein erstes Donnergrollen, da es noch recht leise ist ignoriere ich es. "Luca, ich glaube wir sollten aufbrechen, ehe das Gewitter hier ist." Meint meine Stiefschwester, aber ich höre nicht auf sie und drehe noch eine Runde im Pool. Ich muss den Kopf frei kriegen, doch als ich nach zwei Runden schwimmen auftauche und die ersten Tropfen auf mich einprasseln gebe ich ihr leider recht. Der Regen wird innerhalb von Minuten zu einem Schauer mit dicken Tropfen die schwer auf die Erde fallen, also schnappen wir uns in Windeseile alles, was draußen liegt und bringen es gerade noch rechtzeitig ins Haus, ehe der Donner wie eine Druckwelle durch uns und das Haus fährt. "Das war knapp" meine ich und werde von Alissa in den Oberarm geboxt. "Ja du Idiot, hörst ja auch nicht, wenn man dir etwas sagt."

"Und was machen wir jetzt?" frage ich und schaue Alissa an. "Duschen und uns was anziehen?" schlägt sie vor und ich kann nicht anders und erwidere: "Gemeinsam duschen, keine schlechte Idee, weiß nur nicht, was unsere Eltern davon halten." Genervt verzieht sie das Gesicht, "nicht gemeinsam, nacheinander" meint sie und rollt mit den Augen. Grinsend sage ich: "Weiß ich doch, komm mit" und zwinkere ihr zu, gebe ihr ein frisches Handtuch, zeige ihr das Bad, dann schnapp ich mir Klamotten und gehe in den Keller, da haben wir noch eine Dusche.
Während ich mich bereits abtrockne, fällt der Strom aus und ich höre Alissa schreien. Also ziehe ich mich an und suche nach einer Taschenlampe, da ich mein Handy oben liegen habe. Es ist nicht stockdunkel und ich kenne mein Haus ja, aber Alissa eben nicht. Als ich die Treppe raufkomme klopfe ich zuerst an die Badezimmertür. "Alles okay bei dir?" frage ich und sie antwortet: "Ja habe mich nur erschrocken als das Licht aus gegangen ist, kannst du es wieder anmachen?" Ich werfe kurz einen Blick aus dem Fenster und sehe das niemand Licht hat. "Sorry aber zaubern kann ich nicht, der Blitz muss eingeschlagen sein, niemand hat Strom." "Scheiße, aber gut ich wasche noch meine Haare aus, dann komm ich raus." Da ich nicht weiß, was ich darauf antworten soll, gehe ich und suche etwas zu essen. Unten angekommen klingelt mein Handy, Vero ruft an.

"Ja, was gibt es?" frage ich und sie fragt gleich: "Geht es euch gut? Ich kann Lizzy nicht erreichen." Ich sehe ihr Handy auf dem Tisch und als ich drauftippe passiert nichts. "Ihr Handy ist aus, wahrscheinlich ist der Akku leer." "Ach da bin ich froh. Seid ihr noch bei dir? Ich will auf keinen Fall, dass ihr im Auto sitzt bei dem Unwetter." "Jap wir sind noch bei mir zu Hause. Habt ihr Strom?" frage ich und Vero scheint aufzustehen oder so etwas denn sie quält sich. "Nein, keinen Strom, ich habe aber eben noch in den Nachrichten gehört das Sturzbäche die Straßen runterlaufen und der Blitz wohl ein Kraftwerk getroffen hat. Wenn es also mit deiner Mutter klargeht, fände ich es gut ihr würdet da schlafen." Sagt Vero und klingt sehr besorgt. "Geht klar, sie ist allerdings bei meiner Tante, keine Sorge ich schreib ihr. Geht es dir denn gut?" "Ja, dein Vater sucht gerade nach Kerzen", sagt sie und kichert wie ein Teenager. Ich verstehe und beende das Gespräch.

"Wer war das?" fragt mich Alissa, die in einem Top und einer knappen Shorts vor mir steht. "Deine Mom, sie will das wir hier pennen, wegen dem Unwetter und weil mein Vater Kerzen sucht." Überbringe ich die Nachricht und zwinkere ihr zu, "wie hältst du es mit denen aus?" frage ich Alissa und sie grinst. "Tja Schallisolierende Kopfhörer sind wirklich nützlich." Wir lachen beide, ehe auch ich mich auf die Suche nach Kerzen und batteriebetriebenen Lampen mache. "Ich habe Hunger", lässt mich meine Stiefschwester wissen also folgt sie mir in die Küche. "Zu deinem Glück haben wir einen Gasherd, Nudeln oder Reis?" frage ich sie und sie lächelt freudig. Während sie den Reis kocht, mache ich eine Tomatensoße mit Gemüse drin, wir essen gemeinsam im Kerzenschein. Es ist ungewollt romantisch, ich mein Stromausfall ist halt eben Stromausfall.

"Dein Handy ist leer" lasse ich sie wissen und sie nickt, "ich weiß, habe vergessen es ans Kabel zu hängen." "Darf ich dich was fragen?" beginne ich und als sie nickt, frage ich: "Was hältst du davon das die beiden ein Baby kriegen?" Sie denkt einen Moment darüber nach und fokussiert sich auf die flackernde Kerze. "Begeistert bin ich nicht, mit 18 Jahren große Schwester zu werden, aber ich weiß das meine Mama immer ein weiteres Kind wollte und sie ist wirklich glücklich mit deinem Vater, also freue ich mich für die beiden, denke ich. Und bei dir?" Beendet sie ihre Erklärung und wartet nun auf meine Antwort. "Ich weiß nicht, sehe das ähnlich wie du, allerdings kann ich nicht bestätigen, ob sie so glücklich sind, weil ich einfach nicht oft genug da bin."

"Dann solltest du mir glauben, wenn ich dir sage das sie ekelhaft glücklich sind." Meint Lizzy und legt ihre Hand auf meine, die Berührung ist unschuldig aber eben nicht auf meiner Haut. Ich will mehr davon spüren. Nach dem wir abgeräumt haben fragt mich Lizzy: "Was machen wir jetzt?" "Weiß nicht, was haben wir früher gemacht, wenn es gewittert hat?" stelle ich als Gegenfrage, denn erneut zucken Blitze durch den Nachthimmel und der Donner folgt mit immensem Lärm.

"Scheiße, das war laut, kein Wunder, das ich immer Angst hatte bei Gewitter", murmelt Lizzy erschrocken. "Stimmt ja, wir haben uns eine Höhle gebaut oder unter dem Bett versteckt, damit das Donnermonster uns nicht findet." Fahre ich fort und sehe sie lächeln. Von der Erinnerung beflügelt ergreife ich ihre Hand und nach einem Abstecher in die Küche, aus der ich ein Kartenspiel und Snacks hole, schleife ich Alissa mit mir die Treppe rauf, in mein Zimmer. Halte meine Decke an einer Seite hoch und bitte sie um Eintritt in unser Versteck. "Du spinnst doch" kommentiert sie mein Vorhaben zuckt aber beim nächsten Donner so zusammen, dass sie freiwillig unter meine Decke kriecht.

Mit einer Taschenlampe und einer Tüte Chips schwelgen wir in Erinnerungen und quatschen über Musik und Filme. In dem schummrigen Licht und dem warmen Klima, das hier unter der Decke herrscht, sieht Lizzy noch schöner aus und ich stelle mir immer öfter vor sie zu Küssen und an mich zu ziehen. Irgendwann wird der Druck zu groß und ich verschwinde kurz ins Bad, als ich wieder komme liegt sie einfach in meinem Bett. Kopf auf dem Kissen und in die Decke eingerollt, sie ist wach und guckt mich erwartungsvoll an.

"Lass uns schlafen" murmelt sie und ich erwidere: "Gut ich geh dann". "Wohin? Das ist dein Bett, wenn es dir unangenehm ist, sollte ich woanders schlafen" sagt sie und beginnt sich aufzusetzen. "Nein, bleib liegen, ich wollte nur nicht, dass es dir unangenehm ist" verteidige ich mich, schlucke allerdings bei dem Gedanken daran eine Nacht neben diesem göttlichen Körper zu verbringen. "So ein Unsinn Luca, du bist mein bester Freund und Stiefbruder, warum sollte ich mich da unwohl fühlen", beschwichtigt sie mich und hebt die Decke an, als indirekte Einladung. Oh, man ich komme in die Hölle für meine Gedanken.

Geschwister- LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt