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Mit leicht zusammengekniffenen Augen starre ich auf den Monitor meines Laptops. Seit geschlagenen fünf Minuten öffnet meine beste Freundin Lia mit mir zusammen Rückmeldungen von Bewerbungen, die ich geschrieben habe. Beworben habe ich mich nach meiner drei jährigen Ausbildung als Physiotherapeutin. Die Nachfrage scheint tatsächlich gar nicht so hoch zu sein und deswegen habe ich mich an möglichst vielen verschiedenen Stellen beworben und so gut wie allen, die mir partout zugesagt haben - dies waren einige, aber meine Zuversicht sinkt mit jeder Minute und jeder weiteren Bewerbung, die Lia anklickt.
„Das wars dann wohl.",seufze ich und drehe meinen Stuhl weg vom Tisch, als mir auch die letzte kleine Praxis eine Absage erteilt.
„..zu wenig Erfahrung meckern die.",murmelt Lia „Wie sollst du jemals Erfahrung sammeln, wenn jeder nur Erfahrene will?",stellt sie schließlich die Frage, die ich mir schon länger stelle. Es ist ein bedrückendes Gefühl zu wissen, dass auch nach mehreren Jahren der Ausbildung und der Praxis niemand daran interessiert ist, etwas frischen Wind in die Physiotherapie zu bekommen.
„Oh.mein.Gott.",flüstert Lia monoton und wird dann lauter:„Scheiße Nika, wieso hast du nie erwähnt, dass du dich bei der Nationalmannschaft beworben hast!"
Verwirrt blicke ich zu ihr und zucke mit meinem Schultern, die Antwort darauf sollte wohl offensichtlich sein.
„Also wenn mich schon die kleinste Praxis der ganzen Welt nicht nimmt, wieso sollten die mich haben wollen?",lache ich wohlwissend, dass die Bewerbung an den Dfb nur eine von vielen war, die nicht mal wirklich ernst genommen.
„Alter Nika...!",drängt meine Freundin weiterhin „Die haben dich verdammt nochmal angenommen!"
Jegliche Spannung weicht von meinem Gesicht und ich kann gerade nicht unterscheiden, ob sie Scherze macht.
„Verarsch mich nicht.",bitte ich sie und rücke zurück an den Tisch ran.
Und tatsächlich, das Logo des deutschen Fußballbundes würde ich überall wieder erkennen.
„Sehr geehrte Frau Lewis, wir freuen uns, Ihnen mitzuteilen, dass wir Ihre Bewerbung annehmen. Wir freuen uns auf zukünftige Zusammenarbeit. Weitere Infos folgen.",liest Lia vor und irgendwie braucht mein Gehirn etwas, um diese Information zu verarbeiten.

Auch als Lia schon längst zu sich nach Hause gegangen ist, sitze ich noch vor meinem Laptop und starre wie gelähmt auf diesen Bildschirm. Bestimmt noch zehn mal habe ich die Mail durchgelesen, aber glauben kann ich es trotzdem nicht wirklich.
Den restlichen Tag verbringe ich also damit mich mit der aktuellen Nationalmannschaft und vor allem der bevorstehenden Wm zu beschäftigen, denn das ich mich das letzte mal so wirklich mit Fußball beschäftigt habe ist schon einige Zeit her und ich habe wirklich viel aufzuholen.







Schon nach einer Woche werde ich zum finalen Bewerbungsgespräch eingeladen und schließlich bekomme ich einen ganzen Stapel Briefe nach Hause, voll mit Unterlagen von Geheimhaltung, Arbeitsverträgen und finanziellen Abrechnungen. Bis ich alle Verträge wirklich ordentlich durchgelesen habe und unter jedes Blatt meine Unterschrift gesetzt habe, vergeht einige Zeit und zwischendurch habe ich das Gefühl meine Augen könnten vor lauter lesen eine viereckige Form annehmen.
Mittlerweile kenne ich mich ein wenig mehr mit den Spielern aus, zumindest den Großteil der Namen kenne ich. Bei neueren Spielern fällt mir dies etwas schwerer, aber bei bekannten ist dies mir ein leichtes - schließlich bin ich was da angeht auch keine Laie.

So kam es dann also, dass ich drei Wochen nach meinem Vorstellungsgespräch mit meinen Koffern am Flughafen und auf dem Weg nach Tirol bin.
Auf dem Parkplatz treffe ich zum Glück schon auf Bernd, er ist schon was länger als Physio bei der Mannschaft dabei und wird für die nächste Zeit mein einziger Kollege auf dem Gebiet sein.
„Und schon aufgeregt?",begrüßt er mich, als wir nebeneinander zu den Gates laufen. Stumm Zucke ich mit den Schultern. War ich aufgeregt?
Nicht wirklich, ich weiß was ich zu tun habe und beherrsche meinen Job. Ein wenig Sorge bereitet mir allerdings, wie die Spieler mich aufnehmen können. Ich werde schließlich nur gut mit ihnen arbeiten können, wenn sie mich auch akzeptieren- also bleibt das offen.
Schon von dreißig Metern Entfernung kann ich sehen, zu welchem Gate wir müssen. Ein ganzer Paparazzi Auflauf drängt sich an einen abgesperrten Bereich.
Ich folge leise und nun doch ein wenig eingeschüchtert Bernd. Wir gelangen zu einem Einlass, zeigen beide unsere Ausweise vor die bezeugen, dass wir Physiotherapeuten für die Jungs sind und schon werden wir durchgelassen.
Ohne ein wenig auf die Situation klar kommen zu können, zieht Bernd mich weiter zu dem Rest der - Naja, etwas älteren Besatzung des Teams. Ich lerne den Trainerstab kennen und einen Mannschaftsarzt. Sehr schnell wird mir klar, dass ich die einzige Frau hier bin und das dies wohl kein leichter Job wird.

𝒔𝒕𝒊𝒍𝒍 𝒂𝒏𝒅 𝒆𝒗𝒆𝒓 𝒇𝒂𝒍𝒍𝒊𝒏𝒈 // 𝑲𝒂𝒓𝒊𝒎 𝑨𝒅𝒆𝒚𝒆𝒎𝒊Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt