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Als mein Wecker am nächsten morgen schon um halb neun klingelt, bin ich wirklich froh, dass ich gestern Abend so früh schlafen gegangen bin.
Innerlich hoffe ich, dass ich heute etwas mehr zu tun haben würde, obwohl dies auch gleichzeitig bedeutet, dass sich jemand verletzten würde, was wiederum ziemlich blöd wäre. Darüber sollte ich mir aber zunächst keine Gedanken machen, also kämme ich eben meine Haare und ziehe das gleiche Outfit wie gestern an, bevor ich zum frühstücken nach unten in einen Saal gehe. Einige der Spieler sind auch schon hier, aber so richtig traue ich mich nicht direkt auf sie zu zu gehen, deswegen suche ich mir erstmal einen ruhigen Tisch in der Ecke und fange an etwas Müsli zu essen.
Pünktlich um halb zehn verlasse ich den Saal in Richtung Traininsgelände und beschließe mich dazu, mein Arbeitszimmer ein wenig aufzuräumen. Ich schaue in jeden Schrank rein und versuche mir zu merken, was wo ist und räume auch einige Sachen um. Klar ist jedenfalls, dass der DFB keine Kosten scheut, wenn es um das Wohlergehen ihrer Spieler geht.

Einige Zeit später klopft es an der Tür und Bernd steht davor.
„Ich wollte mit dir einmal den Spielern ein wenig zuschauen, dann kannst du dir auch mal ein Bild von ihnen machen.",schlägt er vor und ich nicke, das hört sich logisch an.
Wir laufen durch das große Gebäude und schließlich kommen wir auf dem Rasen an und der Trainer, Flick, winkt mich zu sich.
„Und wie gefällt es dir hier?",fragt er, was mich zugegeben überrascht. Ich hätte tatsächlich etwas mehr Förmlichkeit erwartet.
„Bis jetzt ganz gut, ich bin aber auch erst einen Tag dabei.",werfe ich ein und zucke noch mit meinen Schultern. Was soll ich groß dazu sagen?
Als er gerade noch etwas erwidern möchte, ertönen plötzlich wirre Gerufe vom Feld her. Mit meinen Augen folge ich diesen und erkenne den einzigen der Spieler, der bisher mit mir geredet hat auf dem Boden. Bevor ich entscheiden kann, ob ich hingehe oder nicht steht er selber auf und kommt zum Rand gehumpelt. Einen kurzen Blick werfe ich zu Bernd, der mir zunickt und somit quasi das "Go" gibt. Zügig gelange ich zu Leroy und knie mich neben ihn.
„Mein Oberschenkel wieder.",zischt er und ich fahre automatisch mit meiner Hand an die besagte Stelle, um den Muskel abzutasten. Schon alleine daher, wie fest sich der Muskel anfühlt, kann ich sagen das diese Verletzung nicht richtig wieder aufgebaut wurde.
„Du musst mit hochkommen, ich möchte mir das mal genauer ansehen.",teile ich ihm mit und einer der beiden, die die ganze Zeit um uns herum standen löst sich, um Leroy den Weg bis in das Zimmer zu erleichtern. Dort angekommen schließe ich es wieder auf und deute auf die Liege, auf welche Leroy sich fallen lässt.
„Danke...?",wende ich mich an den Unbekannten, der Sané bis hierhin gebracht hat.
„Karim.",nickt dieser kurz und knapp und macht sich dann aus dem Staub.
„Okay, freut mich auch.",Murmel ich mehr zu mir selber als zu irgendwem sonst. Ein sehr komisches Auftreten hat dieser Typ, er wirkt unnormal kühl.
„Mach dir nichts draus",ertönt es plötzlich von der Liege „harte Schale, weicher Kern.",meint dieser und zwinkert mir vielsagend zu.
„Was soll das denn heißen?",hake ich amüsiert und ziehe leicht meine Augenbrauen zusammen, während ich nach Nadeln suche.
„Ach nix."kommentiert Sané wieder und lehnt sich dann grinsend zurück. Darüber kann ich nur noch meinen Kopf schütteln und ziehe dann meinen Stuhl näher an die Liege heran.
In der Mitte seines rechten hinteren Oberschenkels fühlt es sich fast so an, als hätte sich eine Verknöcherung gebildet. „Irgendwas sagt mir, dass du dich nicht an deinen Aufbauplan gehalten hast.",werfe ich ihm vor und schaue ihn an „Und das ist tatsächlich ziemlich blöd."
Er setzt sich auf und schaut mich ernst an. Als Fußballer ist eine Verletzung dieser Art gut zu verkraften, was die meisten jedoch nicht hinbekommen, ist die Reha.
„Kann ich nochmal von vorne aufbauen?",fragt er mit einem Funken Hoffnung in der Stimme. Das dies absolut nicht geht, möchte ich ihm vorerst noch nicht sagen. Ich krame nochmal nach dem Akupunktur Nadeln und spreche ihn dann an:„Leg dich bitte auf den Bauch. Ich werde deinen Muskel jetzt akupunktieren, du solltest davon im besten Fall nichts spüren. Falls etwas schmerzhaft ist, sag bitte Bescheid."
Die Akupunktur versuche ich möglichst so anzusetzen, dass die Nadeln in die entspannten Teile des Muskel gelangen - die es hoffentlich noch gibt.

𝒔𝒕𝒊𝒍𝒍 𝒂𝒏𝒅 𝒆𝒗𝒆𝒓 𝒇𝒂𝒍𝒍𝒊𝒏𝒈 // 𝑲𝒂𝒓𝒊𝒎 𝑨𝒅𝒆𝒚𝒆𝒎𝒊Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt