Kapitel 5

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Kat

Ich verstecke mich hinter dem Strohballen und luge daran vorbei. Die drei königlichen Wächter schwatzen ungestört über ihre Ehefrauen, ohne uns zu bemerken.

Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich außerhalb Jhantas. Zwar würde ich gern mehr über Ranim und seine Bewohner erfahren, aber ich sehne mich auch nach Brigansk zurück.

Ich lasse den Blick über die Umgebung gleiten. Wir befinden uns am Rande von Ranims gleichnamiger Hauptstadt. Um diese frühe Uhrzeit ist nur wenig los, lediglich die Wächter sind bereits auf den Beinen.

Auf dem kargen Platz, wo wir unseren Plan in die Tat umsetzen werden, befinden sich nur ein kleiner Wachturm und ein paar Handelsgüter, darunter auch die Strohballen, die uns als Deckung dienen.

Statt Wohnhäusern umrahmen Lagerhallen aus grauen Mauersteinen, in denen die Güter für die Versorgung der Hauptstadt gelagert werden, den Platz. Eine Mauer ragt hinter den Wächtern in die Höhe und trennt die bewohnten Viertel von diesem Außenbezirk.

Alle Gebäude sind grau und farblos, weil die Stadt an drei Seiten vom Gebirge umgeben ist, wo die Arbeiter das Baumaterial gewinnen.

Ein langer, einsamer Weg führt durch die Berge in die restlichen Teile des Königreichs. Dieser wird nur benutzt, wenn man sich nicht, wie alle anderen, per Schiff über den riesigen See und die davon abzweigenden Flüsse fortbewegen möchte.

Diese Ausgangssituation ist wie für uns geschaffen, denn so wird die Verfolgung unserer Gruppe um einiges schwerer. Der König hat für diesen Weg nur wenige Soldaten aufgestellt, die hauptsächlich die oberen Stadtbezirke, sowie die Lagerhallen bewachen sollen. An diversen Stellen des Bergweges befinden sich nämlich Truppenstützpunkte, die kontrollieren, dass keine feindlichen Heere über diesen Weg in Ranims Hauptstadt einfallen können. Bis eine Nachricht diese Stützpunkte erreicht, sind wir längst an ihnen vorbei und daher unerreichbar geworden.

Unsere Fluchtmöglichkeit befindet sich nur eine Gasse von diesem Platz entfernt, wo Dunja und Anouschka auf unsere Rückkehr warten. Nachdem wir in Brigansk einen Plan ausgetüftelt hatten, war klar, dass unser Vorhaben zu dritt schwierig werden würde. Also begleiten sie uns bei diesem Teil der Reise und kehren dann nach Hause zurück.

Ein schwarzhaariger Wächter packt den Becher, der vor ihm auf dem kleinen Tisch steht, und legt ihn an die Lippen. Dabei verschüttet er die Hälfte über sein Hemd.

Was würde Nashs König sagen, wenn er sehen könnte, wie sich seine Wächter während der Dienstzeit verhalten?

Der Kleinste unter ihnen lacht über etwas, das sein Kamerad sagt. Sie sind außerhalb meiner Hörweite, darum versuche ich von ihren Lippen zu lesen. Das klappt allerdings nicht besonders gut, es sei denn, der Schwarzhaarige meint gerade tatsächlich zu den anderen beiden, dass er von einem Esel beglückt wurde.

Man weiß ja nie ...                

Ich fange Juris Blick auf. Er kauert zwanzig Meter weiter hinter dem steinernen, aber im Moment verlassenen, Wachturm und visiert mit seinem Pfeil den Größten der Truppe an.

Gleich kommt Nashs Auftritt, darum fixiere ich die Männer wieder. Sie haben immer noch nicht bemerkt, dass sie umzingelt sind.

Wie sind sie überhaupt bis zum Wächterrang aufgestiegen? Die Anforderungen scheinen wohl nicht besonders hoch gewesen zu sein.

Ein leises, aber melodisches Pfeifen ertönt. Juri. Also ist Nash im Anmarsch. Ich hebe den Bogen und lege einen Pfeil ein, für den Fall, dass sich einer der Wächter dazu entscheidet, den Protektor anzugreifen.

Kateryna - Die Reise des Protektors Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt