Zwiegespalten

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Dass Megan nachts nicht nach Hause kommt, war mir von Anfang an klar und ich mache mir keine Sorgen, als ich beim Aufwachen die leere Bettseite bemerke. Ehrlich gesagt bin ich ein wenig froh darüber, dass Megan noch mit Louis nach Hause gegangen ist, denn so konnte ich besser schlafen und sehe heute Morgen nicht ganz so ausgelaugt aus. Dass ich heute das Geschäftsessen bei den Higgins habe, hatte ich letzte Nacht so gut es ging ausgeblendet, denn die Zeit mit Rosie war viel zu schön, sodass ich es nicht über mich gebracht habe, zeitig nach Hause zu gehen. Bis die Sterne so langsam wieder verschwanden saßen Rosie und ich auf der Mauer und äußerten unsere intimsten Gedanken restlos transparent und ohne jegliche Scham, wobei es Rosie war, die augenscheinlich mehr auf dem Herzen hatte und die meisten Dinge von sich gab, während ich ihrer sanften Stimme einfach nur zuhörte.
Aber so schön die letzte Nacht auch war, so fatal war sie gleichzeitig. Nicht nur wegen Viola, wessen Eltern ich heute kennenlerne, sondern auch wegen meiner Arbeit, die ich nicht anfangen darf zu vernachlässigen. Nicht wegen ihr, auch wenn die Versuchung noch so groß ist. Es entspricht nicht dem, was ich mir mal geschworene habe - nicht dem wofür ich Kate damals verlassen habe.

Es ist mein Handy mit einer Nachricht von Mister McCain, welche mich zurück in die Gegenwart und somit zurück zum Wichtigen katapultiert.
Würde ich es nicht besser wissen, dann hätte ich an dieser Stelle Angst vor dem, was diese Nachricht enthält, aber es waren nur, wie erwartet, die genaue Uhrzeit der Veranstaltung und die Adresse der Higgins - Violas Adresse... 

Während dem Frühstück schaue ich mir schon mal den ungefähren Weg zum Haus an, um eine ungefähre Ahnung zu haben, wie viel Zeit ich einplanen muss, um nicht zu spät zu kommen. Anschließend fange ich an mir meine Sachen ordentlich zurecht zu legen und sogar nochmal über meine Anzughose zu bügeln. Nicht dass sie faltig wäre, nein. Ich vertrödle nur genug Zeit bis ich endlich los fahren kann.  Aber bis es soweit ist, müssen noch rund zwei Stunden vergehen, die ich versuche mit fernsehen und ein wenig putzen zu überbrücken. Das Problem an der Sache ist nur, dass dies zwei Sachen sind, die ich hasse und an denen ich schnell die Lust verliere. Immer wieder schaue ich auf mein Handy und hoffe, dass mich irgendeine spannende Nachricht ereilt - aber keine Chance. An einem Samstagmittag schlafen die meisten meiner Kontakte noch ihren Rausch aus oder sind anderweitig beschäftigt. Ich öffne ein paar Mal den Chat von mir und Viola und überlege, ob ich ihr sagen soll, dass ich heute auch da sein werde. Beschließe aber, dass ich sie überraschen will und lege mein Handy wieder neben mich aufs Sofa.

Ein Blick auf die Uhr lässt mich stöhnen. Ich habe noch viel zu viel Zeit um mich fertig zu machen, aber wiederum zu wenig, um jetzt noch irgendwas anzufangen. Die letzte halbe Stunde halte ich es wohl auch noch auf meiner alten Couch bei schlechtem Fernsehprogramm aus, rede ich mir immer wieder ein, damit ich nicht die Geduld verliere.  
Ich schalte immer wieder im Fernseher die Sender auf und ab, befinde aber die laufenden Sendungen alle für hirnverbrannt, wodurch ich mich nach geschlagenen zwanzig Minuten doch zum Aufstehen bewege. Langsam mache ich mich nach oben ins Bad und wasche mir die Haare in meinem Waschbecken. Kurz überlege ich, ob eine Dusche nicht doch besser sei. Der Gedanke verfliegt allerdings genauso schnell, wie er gekommen war, denn ich rieche keines Wegs ungewaschen. Es bleibt also nur bei einer Haar- und Gesichtswäsche, womit ich schon gleich gepflegter aussehe. Mein 3-Tage-Bart muss heute aber dennoch adieu sagen, denn rasiert sehe ich immer noch am seriösten aus, was an diesem Tag mit am meisten Priorität hat.                              
Nachdem ich dann auch noch meine Haare gestylt und meinen Anzug angezogen habe, bin ich auch schon fast fertig. Lediglich ein wenig Deodorant unter den Achseln und ein leichter Hauch meines Parfüm fehlt noch für den perfekten Schliff.                                                                                         
Ich sitze schon in meinem Auto, als ich eine Nachricht von Megan erhalte, welche ich selbstverständlich umgehend öffne.

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