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"It's okay to cry when there's too much on your mind -

The clouds rain too when things get heavy." -Amina Mehmood

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Das Wochenende zog schleppend an mir vorbei. Nach dem Mace ganze zwei Stunden mit mir in der Küche saß und das ohne ein Wort mit mir zu sprechen, nur ab und zu aufstand um neuen Tee aufzukochen oder mir eine Decke aus dem Wohnzimmer umzuhängen, waren wir stillschweigend aufgestanden und hatten den Frühstückstisch für die Anderen eingedeckt. Ohne Worte hatten wir Alles hergerichtet und waren uns dabei kein einziges Mal in die Quere gekommen. Ab und zu war ich zusammengezuckt, wenn draußen etwas klapperte, doch trotzdem konnte nichts die Ruhe vertreiben, die mich erfüllte. Mit der Zeit wurden auch die Anderen wach und kamen einer nach dem Anderen in die Küche geschlürft, wobei fast jeder erst einmal auf die Kaffeemaschine zulief. Leider wurde es dadurch auch zunehmend lauter, was in mir ein Gefühl der Überforderung auslöste, welches allerdings abklang als Mace mich vorsichtig zum Tisch schob und sich neben mich setzte. Anscheinend hatte er bemerkt wie überfordernd dieser schnelle Wechsel von absoluter Stille zu lauten Gerede und Gewusel für mich war, weshalb ich nun an der Wand saß und neben mir der Blauäugige, der genüsslich an seinem Kaffee schlürfe. Nach vielen Fragen der Anderen, wie lange wir schon wach wären, wobei wir Beide erklärten, dass wir es nicht genau wüssten, und ob wir schon über die Pläne des Tages gesprochen hätten, konnte ich mich endlich in mein Zimmer zurückziehen. Die wiedereinkehrende Ruhe sog ich nur so in mich auf, musste mich kurz darauf aber fertig machen, da die Anderen einen Ausflug geplant hatten. Leider musste ich mit, trotz meines Versuchs Mila, Lucy und Mason zu überzeugen, dass es besser für mich wäre, nach den gestrigen Ereignissen, etwas für mich zu sein. Zu meinem Pech stieß ich dabei auf taube Ohren, da alle Drei der festen Überzeugung waren, dass mir ein wenig Ablenkung gut tue und ich die schönen Seiten meines Lebens wiederentdecken musste. Ich ging also mit in den Freizeitpark, den sich die Anderen ausgeguckt hatten, und bereute meine Entscheidung nicht mehr rebelliert zu haben als wir ankamen. Überall drängten sich Menschenmassen aneinander, Kindergebrüll klingelte in meinen Ohren und der Geruch nach Schweiß und Aufregung ließ meinen Magen nicht unberührt. Liza und Dylan, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, jede essbare Variante auszuprobieren ließen mich nicht verschont, denn versuchten sie mich bei jedem Stand zu nötigen etwas zu kosten. Mila hingegen wollte jede Attraktion mindestens einmal testen und hatte in Lui eine begeisterte Anhängerin ihrer Idee gefunden. Allein bei der Vorstellung mehrere Minuten in einem Wagen zu sitzen, der sich mehrfach überschlägt drehte sich mein Magen um. Allerdings hatte ich durch die Zwangskostproben von Liza und Dylan eine plausible Ausrede nicht mit den Geräten zu fahren, verstand immerhin sogar Mila, dass es eine doofe Idee wäre mit vollem Magen die etlichen Fahrgeschäfte auszuprobieren. 

Da wir seit geschlagenen drei Stunden durch den Vergnügungspark liefen hatte ich so langsam die Hoffnung, dass wir bald den Weg hier heraus antreten würden. Und wenn diese Gestörten doch noch länger bleiben wollen würden, könnte ich auch einfach nach Hause gehen. Dies würde zwar schwerer werden, da mich gefühlt niemand mehr aus den Augen lässt, aber ein Versuch war es wert. 

Früher hatten mein Bruder und ich Vergnügungsparks geliebt. Stundenlang standen wir an, um nur einmal mit einer Attraktion zu fahren, stopften Zuckerwatte in unsere Münder als wäre es Lebensnotwendig und machten unsere Eltern ein ganzes Stück ärmer. Am Ende des Tages gingen wir meist noch in einen Burgerladen und werteten die entstandenen Fotos aus, was für viel Gelächter sorgte. 

Doch Heute fand ich keinen Gefallen mehr daran in einer Menschenmenge zu stehen, umgeben von lautem Gekreische und Gedrängel. Es überforderte mich ganz einfach. Ich fühlte mich so unsicher und eingekesselt. Es nahm mir meine Kontrolle über die Situation und dies war etwas, was ich seit dem Tod meiner Eltern nicht ertragen konnte. Mir ist durchaus klar, dass das keine gesunde Verhaltensweise für einen jungen Menschen ist, doch konnte ich es nicht verhindern. Ich verließ meine Komfortzone nicht mehr und mied jede Gelegenheit, wo ich ansatzweise die Kontrolle verlieren könnte. 

In meinen eigenen Gedanken gefangen bemerkte ich nicht wie ich in Jemanden rein rannte. Der plötzliche Zusammenstoß erschreckte mich. Auf meinen Gegenüber blickend stellte ich fest, dass ich in eine junge Frau gerannt war, die mich genauso erschrocken anblickte.

"Entschuldige bitte. Ich habe dich nicht gesehen.", melodisch erklang ihre Stimme, die absolut zu ihrem Erscheinungsbild passte. Die langen blonden Haare, die um ihre Schulter wehten, gepaart mit der hellen Haut und den Schokoladenfarbenen Augen ließen sie wie die Unschuld in Person erscheinen. "Alles gut, ich habe selbst nicht auf meine Umgebung geachtet, also sollte wohl eher ich mich entschuldigen.", freundlich lächelte ich sie an und hoffte gleich weitergehen zu können. 

"Kaitlyn, ist alles in Ordnung?", tief erklang Mace Stimme neben mir, in der ein Hauch Sorge mitschwang. Vorsichtig nickte ich ihm zu und blickte wieder zur Blonden, die Mace aufmerksam musterte. Ihr Gesicht erhellte sich und sie machte einen großen Schritt auf uns zu, ihre komplette Aufmerksamkeit auf den Dunkelhaarigen neben mir gerichtet. 

"Mace, schön dich wiederzusehen.", fröhlich grinste die Blonde den Blauäugigen an und legte ihre schmale Hand an seinen Oberarm. Mace allerdings verbannte jegliche Emotion aus seinem Gesicht und wischte ihre Hand von seinem Körper. Vorsichtig umschlang er meine Taille mit seiner Hand und drückte mich sanft an seine Seite. Ganz so, als wäre er jetzt derjenige, der Halt bräuchte. "Ich würde mich freuen, dich nie wieder zu sehen, Chrystal.", kalt erklang die sonst so warme Stimme von Mace und unterstrich noch einmal seine Abneigung gegen die Braunäugige. Sich nicht von Mace Worten beirren lassen lächelte Chrystal weiter und zog ihn mit ihren Blicken fast schon aus. 

"Ich glaube es ist besser, wenn wir jetzt gehen. Die Anderen suchen uns sicherlich schon.", überrascht von mir Selbst blickte ich in Mace Gesicht, dass sich nun auf mich fokussierte und einen Hauch Anspannung verlor. Anscheinend war nicht nur ich froh darüber dieser unangenehmen Situation entfliehen zu können. Mace Griff um meinen Körper festigte sich und drückte mich noch ein Stück mehr an ihn, so dass ich meinen Arm ebenso um seine Hüfte legte.

"Es wäre schön, wenn wir das endlich mal klären könnten und du nicht immer wegrennen würdest Mace. Schließlich hatten wir doch auch gute Zeiten.", wütend purzelten die Worte nur so aus der Blondine, die nun ihre Arme verschränkte und mir einen säuerlichen Blick zuwarf. Wenn es nach ihr ginge würde ich wahrscheinlich auf der Stelle umkippen und nie wieder meine Augen öffnen. "Wir haben nichts, aber auch gar nichts mehr miteinander zu besprechen. Die guten Zeiten sind lange vorbei. Halt dich endlich fern von mir.", knallhart erwiderte der gutaussehende Junge neben mir den stechenden Blick seiner alten Bekannten. Ich hatte ihn noch nie so gesehen, war er doch sonst sehr ruhig und bedacht seine Emotionen nicht jedem preiszugeben. Anscheinend löste die zierliche Gestalt Chrystals starke Gefühle in ihm aus. so dass ich mich fragte, was die Beiden verband. Immerhin kamen solche Gefühle nicht von Ungefähr. 

Mich fest an sich drückend ging Mace an der Blondine vorbei und würdigte sie nicht mehr eines Blickes, stattdessen lief er wie ferngesteuert auf eine Nische zwischen zwei Bäumen zu.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 30, 2022 ⏰

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KaitlynWo Geschichten leben. Entdecke jetzt