24 Weihnachten (Teil 2)

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Am nächsten Morgen werde ich von einer leisen Kinderstimme wach. Noch ganz verschlafen, muss ich mich erstmal orientieren wo ich bin, als es mir mit einem Mal klar wird. Heute ist Heiligabend. Ich bin mit Thomas im Bett in meinem Kinderzimmer. Ich öffne die Augen und stelle fest, dass wir mittlerweile zu dritt im Bett sind. Ich sehe sofort, dass Motti ganz aufgeregt ist und es ihm richtig schwerfällt ruhig zu sein. So erlöse ich ihn mit einem: „Guten Morgen meine Herren." Sofort schnellt sein Kopf in meine Richtung. „Du bist wach Mama. Endlich. Ich bin schon sooo aufgeregt." „Das glaube ich dir mein Schatz. Bist du denn schon lange wach?" „Ja. Sooo lange. Aber Papa hat gesagt ich soll leise sein und mich zu euch legen, damit du noch Schlafen kannst." „Das ist aber lieb vom Papa." antworte ich und lächel Thomas dankend an. Zu gut kann ich mir vorstellen, wie schwer es ihm fiel unseren Sohn ruhig zu halten. Doch wäre er schon mit ihm aufgestanden, wäre die Ruhe im Haus wahrscheinlich nicht von langer Dauer gewesen. Doch mittlerweile ist es acht und Uhr und wir stehen alle auf. Meine Mutter und mein Stiefvater sind tatsächlich noch nicht aufgestanden und so schlägt Thomas kurzerhand vor mit Motti Brötchen holen zu gehen, wovon dieser sofort begeistert ist. In der Zeit beginne ich den Tisch zu decken, als meine Mutter die Treppe runter kommt. „Na nu. Was ist es denn so still hier? Wo hast du denn deine Männer gelassen?" fragt sie mich irritiert. „Die sind Brötchen holen gehen." „Das ist aber eine schöne Idee." freut Mama sich. Ein wenig später frühstücken wir alle in Ruhe gemeinsam. Als wir fertig sind, fragt Motti sofort: „Wie lange noch bis heute Abend?" „Noch einige Stunden." antwortet Thomas ihm. „Und was machen wir jetzt?" „Der Tannenbaum muss noch geschmückt werden. Möchtest du uns dabei helfen?" fragt meine Mutter meinen Sohn, der sofort begeistert zustimmt. Normalerweise schmückt Mama den Baum immer bevor wir kommen doch dieses Jahr hat sie extra auf uns gewartet, da wir alle wussten, dass das eine gute Beschäftigung ist, mit der wir die Zeit bis zum Nachmittag totschlagen können, bevor wir uns auf den Weg in die Kirche machen. Die Packungen mit den Kugeln breiten wir auf dem Tisch aus und auch ein bisschen von dem alten Lametta darf nicht fehlen. Zuallererst macht Thomas die Lichterkette an den Baum. Anschließend beginnen wir gemeinsam den Baum zu schmücken. „Papa? Die Kugel soll da oben hin. Kannst du mir helfen?" fragt Motti Thomas und zeigt auf einen Zweig, an den er nicht rankommt. „Ja klar mein Schatz." antwortet Thomas und hebt Motti hoch, damit er an den entsprechenden Zweig kommt. „Danke!" strahlt er seinen Vater an als er sieht wie schön die Kugel an den ausgewählten Platz passt. So geht es einige Zeit immer wieder und jedes Mal hilft Thomas ihm bereitwillig. Als letztes fehlt nur noch der Stern, der auf die Spitze kommt. Auch diesen möchte Motti unbedingt platzieren und wird noch ein letztes Mal von Thomas hochgehoben. Ein Glück ist der Tannenbaum eher klein und Thomas ziemlich groß, sodass er es ohne Mühen schafft Motti so hoch zu heben, dass er den Stern auf die Spitze setzen kann. Stolz betrachten wir alle das Ergebnis und sind sehr zufrieden. „Können wir jetzt die Lichterkette an machen?" fragt Motti. Doch Mama erklärt ihm geduldig, dass die erst zur Bescherung das erste Mal angemacht wird und er sich noch etwas gedulden muss. So ganz begeistert davon ist er zwar nicht, akzeptiert es aber dennoch. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es gar nicht mehr so lange ist, bis wir in die Kirche gehen. So essen wir alle noch eine Kleinigkeit und ziehen uns anschließend für den Kirchengang um. Ich ziehe mir einen schicken weinroten Wollkragen Pullover und dazu eine schlichte schwarze Jeans an. Thomas trägt ein graues Hemd und ebenfalls eine schwarze Jeans. Und unserem Kleinen helfen wir dabei sein dunkelblaues Hemd anzuziehen, auf das er sehr stolz ist und seine ebenfalls schwarze Hose. Schwaz liegt wohl irgendwie in der Familie denke ich und muss schmunzeln. Gemeinsam mit meiner Mutter und meinem Stiefvater machen wir uns kurz darauf auf den Weg zur Kirche, wo wir auf Familie Stolle und meine Schwester mit Familie treffen, ebenso wie auf Familie Nowak. Heiligabend feiern wir zwar nur mit Familie Stolle zusammen, doch es ist mittlerweile Tradition, dass wir auch Nowis Familie an der Kirche treffen. Alle wünschen sich frohe Weihnachten und die Begrüßung fällt sehr herzlich aus. Gemeinsam gehen wir alle in die Kirche. Insbesondere die Kinder, also Motti und Janets Sohn, sind sehr gespannt auf das Krippenspiel. Wir teilen uns auf verschiedene Reihen auf und setzen die Kinder jeweils an den Gang, damit sie das Krippenspiel besser sehen können. Wie erwartet lassen sie sich schnell von dem Krippenspiel in den Bann ziehen und auch bei den Liedern zwischendurch singen wir alle fröhlich mit. Glücklich greife ich nach Thomas Hand. Für einen kurzen Moment treffen sich unsere Blicke und ich sehe in sehe in seinen Augen dieselbe Zufriedenheit, die sich auch in meinen wiederfinden lässt. Genau das ist Weihnachten. Alle meine liebsten habe ich um mich herum. Alle sind gesund und glücklich. Mehr braucht es für mich nicht. Und dennoch weiß ich, dass der Abend mit der Bescherung und auch das große Festessen noch bevorstehen. Auch darauf freue ich mich sehr. Doch würde man mich fragen was Weihnachten für mich ausmacht, würde ich nicht mit dem leckeren Essen oder den vielen Geschenken antworten, sondern damit wie schön es ist wenn alle zusammenkommen, gesund und glücklich sind und ein Strahlen in allen Augen zu erkennen ist. Mit einem leichter Stoß in die Seite reißt Thomas mich aus meinen Gedanken und grinst mich schief an, als ich ihn fragend anschaue. Stumm deutet er auf sein Liederbuch, sodass ich registriere, dass die Gemeinde schon das nächste Weihnachtslied angestimmt hat. Dieses ist auch das letzte und so verlassen wir die Kirche und machen uns mit Familie Stolle zurück auf den Weg zu meinem Elternhaus.



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