Irgendwann, nach einer Zeit die sich wie Stunden angefühlt hatte, konnte sei einfach nicht mehr weinen. Ihre Augen waren ausgetrocknet und es schien kein einziger Tropfen Flüssigkeit in ihren Tränensäcken übrig geblieben zu sein. Nathalia hatte die gesamte Zeit schweigend neben ihr gesessen und sie umarmt, wissend, dass keine Worte auf dieser Welt helfen würden. Als sie merkte, dass Aza aufgehört hatte zu weinen, legte sie ihre Finger unter Azas Kinn und drückte ihren Kopf nach oben. „Ich weiß, dass ich keine Ahnung habe, wie viel Schmerz zu empfindest, ich weiß nur, dass es unendlich viel ist." Mit den Worten zog sie die braune Tüte heran, die Aza bereits vergessen hatte. Nathalia zog mehrere Flaschen Alkohol hinaus und stellte sie auf den Tisch. Mit einem weiteren mitleidigen Blick an die schwarzhaarige erläuterte sie ihren Plan. „Erstens brauchst du einen neuen Haarschnitt und eine neue Haarfarbe. Dann bin ich für ein neues Tattoo und im Anschluss besaufen wir uns. Keine Party, nur wir zwei, die Nacht und unsere schöne Stadt." Aza konnte keinen klaren Gedanken fassen. Sie fühlte sich als würde sie einfach nur in ihr Bett kriechen wollen, einschlafen wollen und möglichst nie wieder aufwachen wollen. Dies erklärte sie auch genauso Nathalia. Sie war ja froh über ihre Bemühungen und eine neue Frisur klang auch sehr verlockend, aber sie hatte einfach keine Kraft für irgendwas. Der Betrug und der Schmerz saßen einfach zu tief, als dass man ihn ausgleichen könnte. Nathalia widersprach ihr aber, sie war der Überzeugung Ablenkung würde helfen und nach einem zehn minütigen Vortrag ihrerseits, hatte Aza auch keine Energie mehr, ihr zu widersprechen. Vielleicht würde ein bisschen Ablenkung ihren Schmerz ja zumindest für ein paar Stunden lindern, bis sie sich in ihr Bett verkriechen konnte. Also stimmte sie zu und Nathalia sprang motiviert auf und schüttelte ihre Autoschlüssel. „Ab zum Friseur, auf meine Kosten!" lächelte sie. Auf andere wirkte es vielleicht, als würde Nathalia sich nicht um Azas Probleme scheren, aber der Friseurbesuch war einfach ihre Art, Hilfe zu leisten. Aza fand das auch nicht schlimm, denn sie wusste jeder ging anders mit Gefühlen um.
Als sie sich zurück zum Auto bewegten, blieb Nathalia ruhig und Aza nutze die Zeit, die Gedanken an Dan zu verdrängen und sich eine neue Frisur zu überlegen. Auch wenn sie sich fest an den Bob in ihrem Kopf klammerte, schweiften ihre Gedanken immer wieder zu dem blonden Schönling. Sie konnte einfach nicht realisieren, dass ihr Dan so etwas tun könnte. Sie fühlte sich so benutzt und belogen. Acht Monate lang, hatte er sie betrogen und das alles nur für eine Wette. Ihr wurde wieder übel. Wie als würde Nathalia das spüren könnte, versucht sie die Dunkelhaarige abzulenken. „Was hältst du von silberblonden, schulterlangen Haaren?" Aus den Gedanken gerissen, sah sie ihre Freundin an. Sie hatte auch an kurze Haare gedacht. Es war zwar eine krasse Veränderung, aber nicht ihre erste dieser Art. Sie war ein Mensch, der öfter sein Erscheinungsbild änderte. Sie war nie zufrieden mit sich. Das lag wahrscheinlich auch daran, dass sie nie das Gefühl hatte irgendwo zu zugehören. Nathalia war wunderschön, beliebt und die Jungs standen bei ihr nur so Schlange. Sie selbst war zwar nicht hässlich, aber unscheinbar und keiner schien von ihr große Notiz zunehmen. Sie passte halt einfach nicht dazu. Sie hatte gedacht, dass würde ihr ganzes Leben so weitergehen, bis sie Dan kennenlernte. Oder er sie eher ansprach, denn den beliebten Footballspieler kannte sie natürlich schon vorher. Jeder kannte ihn. Sie hatten zusammen einen Literaturkurs belegt, als er sie irgendwann ansprach. Dadurch entstand eine Freundschaft und als sie immer mehr Zeit miteinander verbrachten, küsste er sie irgendwann. Sie fühlte sich zum ersten Mal, bei jemandem der nicht Nathalia war, willkommen und zugehörig. Sie fühlte sich geliebt und geborgen. Ihr hätte aber schon damals klar werden sollen, dass der beliebte Footballspieler sich nicht einfach so mit dem Außenseiter Mädchen abgibt. Im Unterbewusstsein hatte sie es wahrscheinlich sogar geahnt, aber es verdrängt. Langsam machte sich Wut in ihr breit. Wie konnte jemand sowas mit einer Person abziehen, die alles für sie getan hatte? Wut war aber irgendwie besser als dieser Schmerz, dachte sie sich. Dann erst ging sie auf den Vorschlag ihrer besten Freundin ein und machte ihr klar, was sie davon hielt. Sie wollte es machen, kurze Haare gefielen ihr.
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Kiss me hard before you go
RomanceDie schüchterne Aza, auf den Boden der Tatsachen gerissen und von ihrem Freund verlassen, streift mit ihrer besten Freundin, mit Alkohol in den Adern, durch die Straßen, dem Versuch hinterherjagend, den Schmerz für einige Minuten zu verdrängen. Bis...