Kapitel 4

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Lachend liefen sie durch die dunklen Gassen.

Eigentlich sollten sie Angst haben, denn nur der volle Mond am Sternenhimmel schien ein wenig Licht in die dunkle Nacht zu bringen, aber wirklich viel sehen konnten sie trotzdem nicht. Sie lachten noch immer über einen Witz, der schon lange nicht mehr lustig war und es höchstwahrscheinlich auch nie gewesen ist und ließen sich keinen Schmerz und kein Leid anmerken. Es schien, als hätte die Liebe ihres Lebens, oder der Junge von dem sie dachte es wäre die Liebe ihres Lebens, sie nicht gerade betrogen. Alles, was sie in letzter Zeit durch gemacht hatten, schien sie vergessen zu haben oder zumindest für diesen Abend, beziehungsweise für diese schon angebrochene Nacht, verdrängen zu können. Hand in Hand rannten sie außer Atem die Straße entlang, die sie zur nächsten Bahnstation bringen sollte, die etwas abgeschieden auf einer kleinen Anhöhung am Rande eines angsteinflößenden Waldes lag. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätten wahrscheinlich beide Panik gehabt, dass dort ein Axtmörder rausspringen würde und sie beide brutal ermorden würde, aber ihr Lachen, was die Stille durchbrach, schien jegliche Angst weg zu pusten. In der kalten Luft sah man die Rauchfahnen, die aus ihren Mündern kamen und Aza löste ihre Hand aus der von Natalia, um sie tief in ihre Jackentasche zu stopfen, um der Kälte keine Chance zu geben, ihre Hände abzufrieren. 

Und an diesem Tag, in dieser Stunde, in dieser Minute, sah sie ihn das erste Mal. Als sie den Berg hoch gestraxelt waren, sahen sie einen Jungen, von dem sie eigentlich rein gar nicht sagen konnte, weil es zu dunkel war, um sein Gesicht zuerkennen und eine schwarze Kapuze, aus der ein Schirm einer weißen Cap heraus lugte, sein Gesicht verdeckte. Also konnten sie weder feststellen, wie alt der Junge war, noch ob er wirklich ein Junge war. Jedoch schien Aza, irgendwas an ihm anzuziehen und ihr lautes Lachen verstummte. Der Junge, jetzt konnten sie auch feststellen, dass es ein Junge war, sah zu den beiden auf, als er feststellte dass er nicht mehr alleine war. Er musterte sie augenscheinlich und Aza schien unter seinem Blick in sich zusammenzusacken, sie konnte nicht sagen was es war, aber irgendwas an ihm schien ihr einerseits Angst einzujagen und anderseits unglaublich anziehend zu finden. Natalia schien an dem Jungen jedoch nichts seltsames zu finden, denn ohne Bedenken, dass er vielleicht ein grausamer Vergewaltiger war, schritt sie auf ihn zu in setzte sich prompt neben ihn, auf die Haltestellen-Bank. „Und wer bist du Mister Grießgrimmig?" fragte sie lachend und daraufhin musste auch Aza, die sich vor ihn gestellt hatte, wieder lachen. Aber die Beschreibung passte gut, denn wenn sie ihn genauer betrachtet, sah er nicht wirklich wie der nette fröhliche Nachbar von Nebenan aus. Er hatte schwarze Vans an und dazu eine schwarze Jeans mit Löchern an den Knien. Sie musste zugeben, sie liebte Jungs mit guten Stil und zugegebenermaßen hatte ihr Freund, oder auch Exfreund diesen nie gehabt. Der Junge vor ihr hatte einen schwarzen Hoodie an, dessen Kapuze er tief in Gesicht gezogen hatte und eine weiße Cap die ebenso verhinderte, dass sie viel von seinem Gesicht sehen konnte. Über seinem Hoodie hatte er Jacke an die ebenfalls schwarz war aber ziemlich dünn aussah und Aza fragte sich ob er nicht fürchterlich frieren musste, denn es waren wahrscheinlich nicht über 0 Grad. Er hob den Kopf und anstatt Natalia anzusehen, die ihn erstens angesprochen hatte und zweitens auch einfach die deutlich Hübschere von beiden war, sah er hoch zu ihr und nun konnte sie auch sein Gesicht wahrnehmen. Er hatte unglaublich blaue Augen, die ihr als aller erstes auffielen, an dem sowieso irgendwie seltsamen Jungen vor ihr. Seine Augen strahlten irgendwie eine unglaublich beruhigende Wärme aus, wie das rauschende Meer an der Karibik und auf der andere Seiten eine Kälte, die ihr einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ. Sie waren so stechend blau, dass sie blinzeln musste, um sich von ihnen loszureißen. Er hatte außerdem einen leichten Drei-Tage-Bart und normalerweise stand sie nicht sonderlich auf Bärte, aber diesen hier vor sich fand sie, wie alles an dem Jungen, anziehend. Er hatte soweit sie das an den Haaren, die aus seiner Cap rausfielen, feststellen konnte dunkle, fast schwarze Haare. Sie schätzte ihn auf vielleicht 19, einerseits schien er deutlich älter, aber er hatte anderseits auch etwas jüngeres an sich. Außerdem konnte sie einige Tatoos an seinen Händen ausmachen, wenn es sie sich nicht täuschte war es ein Tiger. Als ihr bewusst wurde, dass sie ihn ziemlich psychopathisch angestarrt haben musste, schüttelte sie kurz ihren Kopf und sah zu Natalia. Dann wendete sich auch der Fremde zu ihrer besten Freundin. „Mein Name ist Aiden." Erschrocken blickte nun auch ihre beste Freundin zu Aza, denn seine Stimme brachte beiden augenblicklich Gänsehaut auf die haut. Seine Stimme war derartig tief und rau, dass sie nicht glauben konnte, dass der Junge vor ihr gerade gesprochen hatte, aber andererseits war sie auch angenehm wie jemand der Hörbücher vorliest, bei denen man innerhalb weniger Minuten einschläft. Der Alkohol in ihren Knochen machte sich jedoch bemerkbar und sie fing laut anzulachen. Der Kopf des Jungen schellte augenblicklich wieder zu ihr und ein schelmisches Grinsen stahl sich auf seine Lippen. „Und wer ist dieses betrunkene Mädchen hier vor mir?", er nickte in ihre Richtung und sah wieder zu Nathalia. Er war sich wohl bewusst, von ihr würde er keine sonderlich vernünftigen Auskünfte bekommen. „Das ist Aza, und nein, es ist kein Spitzname für irgendwas, sie heißt wirklich Aza." „Die Starke" murmelte Aiden und Natalia guckte ihn schief an. Seltsam war er ja schon. „Ja genau was auch immer. Und ich bin Natalia, die Schöne" lachte sie und auch Aza fing wieder anzulachen, auch wenn sie gar nicht wirklich aufgehört hatte. „Aiden also", lache sie und ließ sich kurzerhand auf seinen Schoß fallen. Etwas überfordert aber immer noch mit einem Grinsen, was irgendwie arrogant wirkte, auf den Lippen, zog er sie richtig auf seinen Schoß und legte seine Arme um ihre Hüfte, damit sie auch ja nicht runterfiele „Das Feuer", sagt er mit einem mysteriösen Tonfall. Lachend lehnte sie sich an seine Schulter und gerade als Natalia etwas erwidern wollte wurde, fuhr mit kreischenden Bremsen, der Zug in den Bahnhof ein. Schwankend stand Aza auf und drohte hinzufallen bis der Fremde sie erneut an der Hüfte berührte und sie stoppte. Ohne auch nur ein Ziel zuhaben, stiegen die beiden Mädchen mit dem fremden Jungen in den Zug ein und suchten drinnen nach einem Sitzplatz. Der Zug war jedoch trotz der späten Stunde überfüllt, weswegen Aiden und Natalia sich hinsetzten und Aza wieder Platz auf dem schönen Jungen fand. Sie pustete sich eine Strähne von ihrem schwarzen Haar aus ihrem Gesicht und spielte mit den männlichen Händen, die um ihre Hüfte geschlungen waren und auf ihrem Schoß endeten. Die Zugfahrt verlief erstaunlicherweise ruhig, was wohl daran lag das Nathalia eingeschlafen war und auch Aza drohte immer wieder, auf der Schulter ihres fremden Prinzens einzuschlafen. Sie wusste nicht was es war oder warum, aber sie fühlte sich in seinem Armen wohl und dachte nicht an mögliche Gefahren, was aber auch an dem Alkohol in ihrem Blut liegen konnte. Irgendwas in ihr fühlte sich angezogen, zu dem mysteriösen Aiden. „Hey", er rüttelte etwas an ihr, nicht zu fest um ihr weh zu tun aber gerade so, dass sie aus ihrem Halbschlaf gerissen wurde. „Wo wohnst du?" fragte er und sie kicherte, obwohl es eine ganz normale Frage war und ohne Bedenken das ein Fremder sie gerade nach ihrer Adresse fragte, sagte sie immer noch kichernd ihre Wohnanschrift. „Dann müsstet ihr beide", er nickte zu Nathalia rüber, die schlafend an der Scheibe lehnte, „nächste Haltestelle aussteigen." Wieder unnötigerweise lachend, nickte sie stürmisch und lehnte sich erneut gegen Aiden. Als die elektronische Stimme ihre Haltestelle bekannt gab, zwang Aiden Aza zum Aufstehen und rüttelte an Nathalia, etwas unsanfter als er es bei ihr selbst getan hatte. Diese stand murrend auf und schien, völlig neben der Spur zu sein, jedoch hoffte der Junge die Mädchen würden irgendwie heile zu Hause ankommen. Ohne sich von dem schwarzhaarigen Jungen mit den schönsten Augen, die Aza jemals gesehen hatte zu verabschieden, liefen die Mädchen wieder lachend und schwanken zu Aza nachhause.

Vollkommen fertig fielen beide noch geschminkt und in Straßenklamotten in Azas Bett und schliefen in derselben Sekunde ein. Und vielleicht, waren Azas betrunkene Gedanken bei dem Jungen aus dem Zug. 

Kiss me hard before you goWo Geschichten leben. Entdecke jetzt