𝟏 - 𝘵𝘩𝘦 𝘥𝘢𝘺 𝘪 𝘮𝘦𝘵 𝘺𝘰𝘶

827 26 16
                                    

Ich spürte, wie ich auf dem harten Boden vor unserer Tür aufprallte. Ich sah zu der Frau hoch, die in der Tür stand, in ihren Augen erkannte man die Wut, die sie in sich trug. „Mutter, bitte! Du kannst mir das nicht antun.." Ich sah flehend zu ihr hoch. Wenn sie mich jetzt wirklich rauswerfen würde, war es das. Nicht, dass ich gerne bei ihr gewesen wäre.. im Gegenteil. Aber ohne eine Unterkunft hätte ich verloren. Es war tiefster Winter und arschkalt draußen. Ordentliche Klamotten hatte ich auch keine, denn dazu blieb uns nie das Geld. Meine Mutter war Alkoholikerin, arbeiten tat sie schon lange nicht mehr. Mit der Schule war ich glücklicherweise fertig, meinen Abschluss hatte ich letztes Jahr gemacht. Die Noten waren wirklich nicht die besten, aber davon kann man absehen. Auch während ich noch zur Schule ging, war Gewalt bei uns zu Hause Alltag. Sie schlug mich täglich, wenn ihr gerade danach war. Ich musste immer herhalten. Aber ich traute mich nicht, abzuhauen. Aus irgendeinem Grund dachte ich, ich hätte es verdient, so leiden zu müssen. Diese Stimme in meinem Kopf, sie erinnert mich immer wieder daran, wer ich eigentlich bin. Abfall. Ein Nichtsnutz. Und vor allem jemand, der es nicht verdient hätte, geliebt zu werden. Dabei wäre ich schon froh, wenn ich wenigstens mit Respekt behandelt werden würde.. Aber so bin ich aufgewachsen. Sie konfrontierte mich tagtäglich mit diesen Worten, die Frau, die sich meine Mutter nannte. Und so entwickelte sich eben auch mein Selbsthass.

„Wag es dich mich noch einmal so zu nennen!", schrie sie mich an. „Der Gedanke daran, dich auf die Welt gebracht zu haben, widert mich an! Tritt mir nie wieder unter die Augen." Darauf schmiss sie die Tür zu. Bei dem Knall schrak ich zusammen. Ich rappelte mich auf und rannte zur Tür, ich klopfte wie verrückt dagegen und schrie. „Mutter, bitte, bitte tu mir das nicht an! Lass mich rein, bitte! Bitte.." Ich ließ mich auf die Knie fallen und schluchzte. Nein, ich fing an zu weinen. Immer mehr Tränen fanden ihren Weg an meiner Wange hinunter. Ich saß noch eine Weile vor der Tür, in der Hoffnung, sie ließe mich wieder rein. Aber vergeblich. Ich konnte von draußen hören, wie sie sich weiter betrank. Die Flaschen prallten auf dem Boden auf und zerbrachen. Ich öffnete meine Augen und schaute auf meine Hände. Sie waren voller Blut. Bevor meine Mutter mich rausgeworfen hatte, stritten wir uns und sie fing an, auf mich einzuschlagen. Ich versuchte auszuweichen, aber stürzte irgendwann zu Boden. In die Glasscherben. Dabei hatte ich mir wohl die Hände verletzt.. Von ihren Schlägen hatte ich sowieso überall Schrammen. Neue, aber auch alte. Mein Körper war von oben bis unten vernarbt. Aber ich war es ja gewohnt..

Einige Stunden später, es war bereits spät am Abend. Ich saß in der Nähe des Stegs an der Mauer, die Knie fest an meinen Körper gepresst. Mir war unglaublich kalt. Ich konnte meinen Körper kaum noch spüren. Würde ich hier jetzt erfrieren? Ich wusste doch nicht, wo ich jetzt hingehen sollte. Vielleicht war es egal. Es würde niemanden interessieren, wenn ich hier jetzt draufgehen würde. Nein, es würde nicht mal irgendjemanden auffallen, wenn ich verschwinden würde. Ich kannte nur wenige Menschen. Inazuma war zwar groß, aber ich bewegte mich nur selten außerhalb von Ritou. Und die Menschen die ich kannte, hatten sich nie für mich interessiert.. Ich hatte nie die Möglichkeit, der Gewalt von Zuhause zu entfliehen, denn auch in der Schule war ich mit ihr konfrontiert. Ich war nicht gerade die schönste- zumindest sah ich das so, denn wir wissen ja, ich konnte mich selbst nicht ausstehen. Aber sie dachten wahrscheinlich alle das selbe. Und abgesehen von meinem Aussehen, war ich immer sehr ärmlich gekleidet. Ich habe nie irgendwo dazu gepasst. Nie gehörte ich dazu. Und nie gab mir auch nur irgendjemand das Gefühl, von Geborgenheit. Das Gefühl, Zuhause zu sein. Geliebt zu werden..

Ich merkte, wie meine Augen immer schwerer wurden. Ich wollte mich zwingen, sie offen zu halten- warte, aber warum? Ich hatte doch sowieso nichts am Leben. Ich sollte mir selbst den Gefallen tun und endlich loslassen. Von all der Last und dem Leid, dass ich ertragen musste. Vom Leben. Langsam verlor ich immer mehr an Bewusstsein. Plötzlich spürte ich etwas an meiner Schulter, aber ich hatte kaum noch die Kraft zu schauen, was es war. Das Gefühl wurde stärker, es fühlte sich an, als würde jemand an meiner Schulter rütteln. „Hey.. Hey!" Von der lauten Stimme erschrak ich und riss die Augen auf. Dann wich ich zurück und schaute meinem Gegenüber in die Augen. Ich war wie erstarrt. „Hey, ist alles in Ordnung?", fragte er mich. Dann kam ich wieder zu mir und schüttelte schnell den Kopf. „Ich weiß nicht..", sagte ich leise und starrte zu Boden. „Ich sah dich hier so alleine auf dem Boden sitzen. Ist dir nicht kalt? Der Schneesturm wird stärker, du solltest dich nach Hause begeben." Schneesturm? Ich schaute nach oben und tatsächlich, es hatte angefangen zu schneien. Wie lange saß ich hier? Ich kann mich nicht erinnern.. Es schien mitten in der Nacht zu sein. „Scheinst nicht so gesprächig zu sein, hm?", er schmunzelte. „Ich- Ich kann nicht nach Hause gehen.." „Wieso denn das? Stress mit deinen Eltern, huh?", fragte er mich leicht belustigend. Ich starrte weiter zu Boden. „Ich habe keines." Als keine Antwort mehr kam, sah ich zu meinem Gegenüber auf. Er sah mir in die Augen, er schien über etwas nachzudenken. Dann ergriff er wieder das Wort. „Wenn du möchtest, kannst du die Nacht bei mir unterkommen. Danach sehen wir weiter." Ich sah ihn mit großen Augen an, schaute dann aber wieder schnell auf den Boden. „Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist.. Ich kenne dich doch gar nicht." „Dann nicht. Aber glaub mir, bei der Kälte überlebst du es keine Stunde länger hier draußen." Er zuckte mit den Schultern und stand aus seiner knienden Position auf. Er schaute noch einmal zu mir runter, ehe er sich umdrehte und gehen wollte. Er wäre wahrscheinlich wirklich meine einzige Rettung.. „Warte! Bitte, lass mich die Nacht mit zu dir kommen.." Er drehte sich zu mir und schmunzelte.

Ich versuchte aufzustehen, aber ich schien meinen Körper kein Bisschen mehr bewegen zu können. Ich nahm all meine Kraft zusammen, fiel aber wieder zu Boden. Dieser Jemand kam auf mich zu und ging vor mir, seinen Rücken zu mir gerichtet, in die Hocke. Ich starrte ihn ahnunglos an. Dann schaute er über seine Schulter zu mir. „Wird's bald? Komm hoch und versuch dich an mir festzuhalten, ich trage dich." Es war mir zwar irgendwie unangenehm, aber ich tat was er mir sagte, bevor er es sich doch anders überlegen und mich hier zurücklassen würde. Ich zwang meinen Körper dazu, etwas aufzustehen, dann half er mir und zog mich zu sich hoch. Meine Arme legte ich um seinen Hals, um mich festzuhalten. Wobei, ich krallte mich eigentlich schon fast an ihn, denn ich hatte so wenig Gefühl in meinem Körper, dass ich sonst womöglich runtergefallen wäre. Er lief eine Weile, der Schnee prallte uns ins Gesicht, sodass ich meines in den Kragen seines Mantels vergrub. Mir war so unglaublich kalt und langsam schien mich die Müdigkeit wieder zu überkommen. Ich merkte nur noch, wir mir die Augen zufielen und ich einschlief.

Scaramouche pov:

Ich spürte, wie ihr Griff um meinen Hals nachließ. Ist sie eingeschlafen? Na ganz toll. Hoffentlich fällt mir die da hinten nicht runter. Es war echt nicht leicht, gegen den Schneesturm anzukommen. Eigentlich kannte ich solche Stürme nur aus Snezhnaya, in Inazuma allerdings war mir das neu. Nachdem ich nochmal einen Zahn zulegte, kam ich auch endlich an dem großen Anwesen an. Die Wachen sahen mich äußerst verwirrt an, würden sich aber eh nie wagen, mich anzusprechen, also öffneten sie mir die Tür und ich begab mich hinein. Mir kam ein warmer Wind entgegen und ich schnaufte erleichtert aus. Ich legte das Mädchen kurz auf dem kleinen Sofa im Korridor ab, um mir meinen schweren Mantel auszuziehen, dann nahm ich sie auf meine Arme und ging die Treppen hoch. Die letzte Tür hinten rechts stieß ich mit meinem Fuß auf, dann ging ich hinein und legte sie auf meinem Bett ab. Ich zog ihr die Schuhe aus und stellte sie draußen vor meine Tür. Wieder in meinem Zimmer, schloss ich die Tür und machte mich daran, das Holz im Kamin anzuzünden. Dann schaute ich zu dem Mädchen. Wenn sie in ihren nassen Klamotten bleibt, erkältet sie sich noch..

(1437 Wörter)

-

Helloo ich hoffe, dass euch das erste Kapitel von meiner Story gefallen hat! Es ist nicht die erste, die ich schreibe, denn tatsächlich habe ich schon vor einigen Jahren mit dem Schreiben angefangen. Allerdings überkam mich immer wieder eine fette Schreibblockade und ich konnte Monatelang nicht weiterschreiben. Meine alten Storys habe ich alle privat gestellt & jetzt möchte ich endlich wieder mit dem Schreiben anfangen. Ich freue mich schon total darauf, wie sich diese Story entwickeln wird, denn ich bin momentan einfach total verfangen in Scaramouche. ;) Ich weiß noch, wie ich vor über einem Jahr total obessed mit ihm war, aber jetzt wo er endlich playable ist.. total crazy. Habt ihr für ihn gepullt? Ich hatte richtig Glück und gewann gestern einmal mein 50/50 und heute richtig random nochmal, C1 Scaramouche fühlt sich einfach super an.

Man liest sich!^^

- 08.12.2022

the way you show me love // scaramouche x fem. readerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt