Kapitel 17

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Ich schaue aus dem Fenster, in den frohen Sonnenuntergang und atme tief ein während ich versuche, den Moment einzufangen. Nebenbei lausche ich der Melodie von Summertime Sadness und lasse dieses Lied auf mich wirken.

Oh, my God, I feel it in the air
Telephone wires above are sizzlin' like a snare
Honey, I'm on fire, I feel it everywhere
Nothin' scares me anymore

Diese Zeilen treffen das, was ich fühle ziemlich genau und ich erinnere mich nicht daran, wann ich zuletzt so glücklich war. Obwohl mich Frau Sommer mit ihren Worten, vor wenigen Stunden, ziemlich traurig gemacht hat, geht es mir nun umso besser.

,,Wollen wir kurz halten und eine Runde an die frische Luft gehen?" holt mich Sofia aus meinen Gedanken und sieht mich von der Seite aus an, wobei die Sonne ihr Gesicht kitzelt. Ohne weiteres schleicht sich ein Lächeln auf meine Lippen und ich nicke zustimmend, weshalb wir auf einem Rastplatz halten und gemeinsam einen Spaziergang starten. ,,Magst du mir jetzt sagen, wo du warst, bevor wir gefahren sind?" Sie wollte bereits zuvor wissen, wo ich war und weshalb ich so aufgelöst bin, aber das wollte ich ihr verschweigen. Das würde jetzt diesen tollen Moment zerstören. ,,Lass uns doch lieber nicht darüber sprechen." Ohne etwas weiteres zu sagen, gehen wir schweigend weiter und genießen lediglich den Moment. Überraschenderweise nimmt sie meine Hand und verschränkt diese mit meiner, was ich gleich zulasse. Mein Herzschlag beschleunigt sich. ,,Du warst bei Frau Sommer, richtig?" fragt sie und scheint damit mit einem Schlag diesen Moment zu zerstören. Ich bleibe also stehen und sehe sie an. ,,Sofia..." fange ich an, aber werde von ihr unterbrochen. ,,Ich kann das verkraften und möchte mit dir darüber sprechen." bohrt sie nach und bringt mich damit um den Verstand. ,,Sie lässt sich scheiden u-und fühlt etwas für mich... Sie hat gemerkt, dass ich mir meiner Gefühle nicht klar bin." gebe ich schließlich zu und wende den Blick ab, jedoch dreht sie meinen Kopf zu ihr und ich bin gezwungen, sie anzusehen. ,,Du liebst sie, das bezweifel ich keineswegs. Aber wie stellst du dir deine Zukunft vor?" erkundigt sie sich zurecht und regt mich zum Nachdenken an.

Ja, wie stelle ich mir meine Zukunft vor? Ich möchte zufrieden sein, mit mir und meinem Leben. Nicht zu vergessen, ist mein Berufswunsch; Therapeutin. Obwohl ich viel gegrübelt habe, möchte ich nach wie vor das Psychologie Studium absolvieren und die Ausbildung zur Therapeutin, das kann und möchte ich. Aber davon abgesehen, möchte ich geliebt werden. Ich möchte, dass mir jemand das Gefühl gibt, etwas Wert zu sein und mich bedingungslos versteht. Allerdings ist nun die Frage, wer das kann... Kann ich diese Frage überhaupt beantworten? Frau Sommer war bis vor kurzem die einzige Frau, die ansatzweise etwas in mir ausgelöst hat und meine Aufmerksamkeit gefordert hat. Jedesmal wenn ich sie auf den Gängen gesehen habe, ging es mir automatisch gut und ich hatte etwas, an dem ich festhalten konnte. Jeden Tag war es mein Wunsch, ihr näher zu kommen und als dieser tatsächlich in Erfüllung ging, habe ich mich emotional zurückgezogen. Ist das fair? Habe ich sie überhaupt so verdient, wie ihr Mann es tat?

,,Ja, ich liebe sie. Das tue ich bald fünfundhalb Jahre, aber vielleicht ist es Zeit, genau das zu überdenken. Kann ich von Liebe sprechen, wenn ich mich nun zurückziehe und an meinen Gefühlen zweifel? Ich mache bald mein Abitur und bin dann nicht mehr länger ihre Schülerin, also wieso zweifel ich gerade jetzt? Ich habe sie geliebt, weil ich in dem Glauben war, niemals an sie ran zukommen. Für sie war ich Luft, bis sie sich offensiv genähert hat. Aber du warst immer etwas besonders... Sofia, du hast mir immer zugehört und zugelassen, dass eine Freundschaft entsteht und ich schäme mich dafür, dass ich das nicht schon vorher eingesehen habe. Du schenkst mir Liebe, ehrliche Liebe. Liebe, die ich niemals gelehrt bekommen habe. Also ja, ich liebe Frau Sommer, weil sie unerreichbar für mich ist und dich, dich liebe ich, weil du mir all das gibst, was ich so sehr brauche." Sofia schaut mich überwältigt an, nicht fähig etwas zu sagen. Ich nehme also ihre Hand wieder in meine und laufe zurück zum Auto, wo sie sich einen Moment sammeln muss, bevor sie die weitere Route fährt. Unterwegs sagt niemand mehr etwas, was aber auch nicht nötig ist. Schließlich weiß ich, wie sie für mich fühlt und nun habe ich ebenfalls eingesehen, was ich für sie fühle; aufrichtige Liebe. Nicht Frau Sommer hat das Spiel zwischen uns begonnen, sondern ich. Ich habe verzweifelt an den Gefühl festgehalten, was mir bei der Vergewaltigung zugeführt wurde.

Let me love you [teacherxstudent]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt