|VI Flusenpfote|

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Das Erste, was Flusenpfote wahrnahm, war eine fremde Stimme, die sich leise mit Abendrot, dem Heiler des HimmelClans, unterhielt. Er spitzte die Ohren, versuchte, herauszuhören, worum es ging.

„Es ist ein rotbraunes Stück Fell, Abendrot. Ich habe es zwischen seinen Krallen entdeckt. Es ist vermutlich von seinem Angreifer. Welche Katzen in eurem Clan haben rotbraunes Fell, es ist wichtig!"

Stille erfüllte den Bau, in dem sie sich anscheinend befanden.

Flusenpfote wurde es zu viel. Er wusste, wer ihn angegriffen hatte. Er versuchte, den Mund zu öffnen und etwas zu sagen, doch es kam kein Ton aus seiner ausgedörrten Kehle.

Der junge Kater probierte, seine Augen zu öffnen, doch es funktionierte nicht. Die Lider klebten aneinander. Er wollte schon eine Pfote heben, um den Dreck zu entfernen, der sich festgesetzt haben musste, da durchzuckte ihn von seiner Tatze bis zu seiner Schulter ein schreckliche Pein.

Er riss das Maul auf, wollte aufjaulen, doch alles, was herauskam, war ein klägliches Röcheln. Dieses Mal hatte Funkensturm sich scheinbar selbst übertroffen in der Heftigkeit seiner Bestrafung. Bisher hatte Flusenpfote einen Besuch im Heilerbau immer vermeiden können, aber solche Schmerzen hatte er noch nie gehabt.

„Flusenpfote? Bist du wach? Kannst du dich bewegen?" Mondspur schien auch im Bau zu sein, ihre zarte, freundliche Stimme verkündete dies. Jemand bewegte sich auf den jungen Kater zu, er konnte es hören. Blind versuchte er von der Fremden, es war eine Kätzin, er konnte es riechen, wegzurobben.

Doch bevor er überhaupt eine Pfote bewegt hatte, schossen schon unbeschreibliche Qualen durch seinen kleinen Körper. Er krümmte sich zusammen, Krämpfe schüttelten seine ausgebeuteten Glieder. Nach einigen endlosen Minuten ließen die Schmerzen nach.

Mit einigen Schwierigkeiten öffnete der Schüler die Augen, nur um in Wüstentraums Gesicht zu blicken. Erschrocken und panisch kniff er seine Lider wieder zusammen. Was machte die überall bekannte FelsenClan-Heilerin hier?

Behutsame Tatzen fuhren über Flusenpfotes zahlreiche Wunden. Doch entgegen aller Erwartungen zierten sie keine Krallen, die durch seine Haut rissen. Stattdessen linderten die Berührungen den brennenden Schmerz und gebrochen schnurrte der winzige Kater.

„Wer hat dir das angetan, kleiner Schüler?" fragte die Getigerte ihn sanft. Er konnte nicht antworten, nur krächzen und schnell holte Abendrot ein mit Wasser getränktes Stück Moos. Dankbar leckte Flusenpfote das feuchte Nass auf.

„Es war...", fing er leise an, wurde jedoch sofort unterbrochen. Laute Pfotenschritte ertönten und Jadestern betrat den Bau. „Wie geht es... oh. Du bist wach. Funkensturm und Grünklee haben berichtet, sie hätten dich am Schlangenbach gefunden, einen riesigen Dachs direkt vor dir und du ohnmächtig und vollkommen zerfetzt auf dem Boden. Wüstentraum hat mir allerdings berichtet, deine Wunden würden von Katzen stammen. Wer war dein Angreifer?"

Der Jüngere schrumpfte in sich zusammen und seine Augen weiteten sich verschreckt. Was sollte er denn jetzt antworten? Er würde Ärger bekommen! Und Grünpfote war Krieger geworden? Dann konnte er ihn ja noch mehr terrorisieren! Nur Wüstentraum bemerkte das Benehmen des Katers, als ein rotbrauner Kopf im Baueingang erschien und der Teufel höchstpersönlich gelassen ins Krankenlager spazierte. Das Blut rauschte in Flusenpfotes Ohren und die Schmerzen in seinem Körper nahmen wieder zu.

Erst jetzt bemerkte er, dass auch sein Bauch dick mit Spinnweben und Kräuterpaste bedeckt war. Angsterfüllt schloss er seine Augen, seine Bestrafung akzeptierend.

„Hoffentlich wirst du bald wieder gesund, Kleiner. Ich habe viel für deine Ausbildung geplant", miaute Funkensturm mit einer überraschenden Neutralität in seiner Stimme. Das Fell des Schülers stellte sich auf und er wisperte, kaum hörbar:

Warrior Cats - Wüstentraums MissionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt