Kapitel 16 - Im Rausch

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Langsam schlug ich meine von der Wimperntusche verklebten Augen auf. Ich fühlte mich fürchterlich. Wo bin ich? Das rauschende Meer gab mir die Antwort. Die Strandparty ... Die Erinnerung kam allmählich zurück. Ich ertastete Hände um meinen Bauch und nahm entsetzt an, dass ich an Jack gelehnt im Sand lag. Oh Gott, was habe ich getan? Habe ich es getan? Ich kann mich nicht erinnern! Lieber Gott, lass es ein Traum sein!

Benommen versuchte ich, seine Hände von mir zu lösen, die ineinander verschränkt um meinen Bauch lagen.

„Ich muss nach Hause", leierte ich, doch die Hände zogen mich nur noch fester an den Körper, gegen den ich lehnte.

„Jack, lass mich los", flehte ich, bis sich sein Griff endlich lockerte und ich mich zu ihm drehen konnte. Doch anstatt Jack sah ich Liam vor mir. Er betrachtete mich mit einer undurchschaubaren Ruhe.

Verdammt, was macht er hier?

Sein Gesicht bewegte sich verschwommen hin und her. Und überhaupt, alles um mich herum drehte sich unklar. Ich musterte Liam angestrengt. Kurzfristig verdoppelte sich seine Gestalt vor mir und verschmolz gleich darauf wieder zu einer.

„Zwei von dir überlebe ich nicht", murmelte ich, meine Augen fest zusammenkneifend.

„Lehn dich lieber zurück, bevor dir wieder schlecht wird", sagte er überraschend besonnen.

Wieder schlecht wird?

Ich tat, was er sagte, lehnte mich verwirrt an seine Brust.

„Wie fühlst du dich?"

„Großartig", krächzte ich.

„Du bist eine schlechte Lügnerin", raunte er mir ins Ohr.

Ich drehte mich erneut zu ihm, sah ihn an. Musste mich überzeugen, dass das alles gerade wirklich passierte. Plötzlich lächelte er verschmitzt. Er schob mir eine lose Strähne hinters Ohr, mit einem Ausdruck in den Augen, der mich an der Realität des Geschehens zweifeln ließ. Als er mich ansah, wagte ich es nicht einmal mehr zu atmen.

Warum ist er so nett? Was führt er im Schilde?

„Was ist?", fragte ich schließlich verunsichert.

„Ah, nichts. Nur dass ...", sagte er.

„Was?"

„Sprosse, du siehst aus, wie ein sterbender Pandabär", witzelte er.

Ein sterbender was?", rätselte ich begriffsstutzig.

„Halt still", forderte er mich schließlich schmunzelnd auf.

Sofort erstarrte ich, als er sich mir näherte und mit seinen Fingern über die Haut um meine Augen und Wangenknochen fuhr. Schließlich ging mir ein Licht auf was er meinte und wie ich aussehen musste.

„Besser?", fragte ich.

„Nicht wirklich", erwiderte er. „Was ist das für ein Dreckszeug?" Liam zeigte mir die Überbleibsel meines Make-Ups und der Tusche auf seinen Fingerkuppen.

„Mädelskram", nuschelte ich peinlich berührt.

„Ich versteh nicht, wozu du dir den Dreck in dein Gesicht schmierst."

„Ich wollte witzig sein, wollte den peinlichen Moment überspielen, also sagte ich: „Ich mag Sprossen, aber nur im chinesischen Essen."

Ich lachte drauf los, dachte ich wäre witzig, dachte Liam würde mit lachen. Doch er sah mich nur mit einem „Echt jetzt?"-Blick an.

Twin Flames - Der AbhängigkeitsfluchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt