Beinahe schon silbern glänzt der See, an dessen Ufer Jumara, Luke, Nate und Jinia inzwischen angekommen sind. Kein bisschen Wind weht in der Arena, daher ist die Oberfläche des Wassers fast spiegelglatt. Nichts könnte drauf hinweisen, dass es in Wahrheit ein tödliches Gift beinhaltet.
Die lange Wanderung bis hier hin scheint die vier ans Ende ihrer Kräfte gebracht zu haben, doch beim Anblick des vermeintlich rettenden Sees sieht man selbst dem gefühlskalten Nate ein wenig Erleichterung an.
Jumara schwingt sich ihre Tasche von der Schulter und holt ihre Flasche hinaus. Sie ist die erste, die auf das Wasser zutritt und das Gefäß tief in das kühle Nass tunkt. Auch Nate und Luke können ihrem Drang wohl nicht länger widerstehen, denn sie knien sich ans Ufer und lassen sich das Wasser in die Hände laufen.
Bloß Jinia regt sich mit einem Mal kein Stück mehr. Anstatt ihren Verbündeten gleichzutun, sieht sie bloß misstrauisch dabei zu, wie diese sich die Flüssigkeit in Flasche und Hände füllen. Gerade, als Nate seine Hand zum Mund führen will, erhebt Jinia das Wort.
„Stop."
Ruckartig lässt Nate das Wasser zwischen seinen Fingern hindurchfließen und sieht Jinia daraufhin genervt an. „Wenn du uns loswerden willst, indem wir verdursten, ist das deine Sache. Aber dann stell dich wenigstens ein bisschen geschickter dabei an." stichelt er und taucht daraufhin wieder die Hände ins Wasser.
Doch Jinia lässt sich nicht unterkriegen. Sie tritt einen Schritt auf Nate zu und ihre schmalen Finger packen seinen muskelbepackten Arm. „Stop!" Das reicht Nate dann aber endgültig. Schlagartig schubst er Jinia von sich weg und funkelt sie aus seinen dunklen Augen geradewegs an. „Was ist eigentlich..." beginnt er, doch Jinia unterbricht ihn.
„Ich trau' der Sache nicht. Findet ihr nicht, dass es zu... zu einfach ist?" sagt sie und blickt fragend in die Runde. Doch ihre Verbündeten sehen sie bloß unbeeindruckt an. „Ich meine, schaut euch doch mal an, wie riesig der See ist. Luke, du hast gesagt, am anderen Ende der Arena gibt's sogar noch einen zweiten. Warum sollte das Kapitol uns so ein Geschenk bereiten? Eure Mentoren haben euch doch sicherlich auch eingeflößt, dass Wasser das zentrale Element ist, das uns alle am Leben hält, nicht wahr?"
Noch immer keine Reaktion ihrer Verbündeten. Jinia seufzt. „Denkt doch mal an andere Hungerspiele. Es gab vielleicht ein, zwei Mal eine große Wasserquelle, danach hat das Kapitol aber gemerkt, dass sie es den Tributen damit viel zu einfach machen. Das andere Ufer dieses Sees ist bestimmt fünfzig Meter von hier entfernt. So können Tribute, die nicht verbündet sind, sich problemlos diese Wasserquelle teilen, ohne sich dabei gegenseitig anzugreifen oder überhaupt über den Weg zu laufen. Und das ist doch das letzte, was die Zuschauer wollen, oder?"
Ein paar Sekunden lang sehen die drei Älteren Jinia fassungslos an. Schließlich ist Nate der Erste, der wieder das Wort ergreift. „Und was bitte willst du jetzt tun? Es sind dreißig Grad plus und ich zum Beispiel, hab' seit gestern Morgen keinen Schluck Wasser mehr bekommen können. Wenn das so weiter geht, sterben wir alle innerhalb der nächsten Stunden. Egal, ob wir dieses Wasser getrunken haben oder nicht!"
Jumara runzelt die Stirn und nickt. „Er hat recht, Jinia. Ich verstehe, dass du Bedenken hast, aber was soll das Kapitol schon getan haben? Glaubst du ernsthaft, dass das Wasser giftig ist oder sowas?"
Jinia nickt, doch Luke schaltet sich ein. „Und was, wenn es einfach ganz normales Wasser ist? Keine Falle, kein Trick, sondern einfach nur lebenswichtiges Wasser? Dann haben wir unsere einzige Chance aufs Überleben verspielt. Wir haben keine Wahl." meint er und sieht Jinia ein wenig entschuldigend an.
„Doch, haben wir!", ruft diese daraufhin schon etwas energischer. „Wir brauchen nur etwas, womit wir das Wasser filtern können oder so. Glaubt mir, ich weiß, wie das geht. Zuhause in Distrikt vier ist Wasser das wichtigste, was wir Bewohner haben."
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Tribute von Panem | Flammendes Meer
FanfictionDie Hungerspiele zu gewinnen ist erst der Anfang. Mehr als zwanzig Jahre nach ihrem Sieg führt Librae Olgivy ein behütetes Leben in Distrikt vier. An der Seite ihrer Lebensgefährtin und ihrer Kinder hofft sie, ihre seelischen Wunden heilen zu könn...