Prolog

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Leise klirrend plätschert das Wasser der kühlen Quelle über die grauen Steine. Der Nebel war verflogen und eine einsame Gestalt sucht sich ihren Weg durch den Fichtenwald, der vom Wind leise durchströmt wird. Ihr elegantes Musikinstrument leicht in der rechten Hand und den Bogen auf die linke Schulter gelehnt. Sie läuft auf ihren altbekannten Felsen zu, auf den sie seit Jahrzehnten zurückkehrt.

Eine kleine Erhebung zwischen dem kristallklaren Wasser, das glitzert, als wären es Diamanten. Mit ihren nackten Füßen scheint sie förmlich über das Wasser zu schweben, langsam und geräuschlos. Ihre hellbraunen Locken fallen über ihren Rücken, der mit der beigefarbenen Seide ihres Kleides eingehüllt ist. Behutsam setzt sie sich auf den mit Tau benetzten Stein und setzt ihr Musikinstrument an den Hals und zückt den Bogen mit einer elegant schwungvollen Bewegung. Sie schüttelt sich zwei Lockensträhnen über die Schulter und setzt an.

Das leise Rauschen des kleinen Flusses harmoniert mit den Violinenklängen und eine wunderschöne Melodie erklingt in dem dunklen Wald.

Stundenlang spielt sie Lieder, die sie schon seit Jahren spielt. Sie macht keinen Fehler und die Quelle lässt das Wasser den Fluss entlang fließen. Nichts ahnend nähern sich ihre Auserwählten wie von selbst, denn ihrer Schönheit kann sich keiner entziehen. Ihre Füße sind blau vor Kälte, doch sie friert nicht. Sie friert nie.

Leise nähert sich ein Fußpaar, die Schritte kontrastieren zu ihrer Musik, doch sie lässt sich nicht beirren. Nicht mehr lange, und sie hat für dieses Jahr ausgesorgt. Er tritt in ihren Augenschein, sein Blick gefesselt von ihrem Erscheinungsbild und unfähig noch einen weiteren Schritt zu wagen. Doch er ist nah genug. Für dieses Jahr ist es getan.

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