Feinde

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Aus der Dunkelheit der Höhle schreist du mich an. Wirfst mir schlimme Dinge an den Kopf, warum ich dir das angetan hätte. Ich weiß es nicht.

Ich sehe dich nicht in der Dunkelheit, ich höre nur die lauten Rufe, die die Luft wie Blitze durchzucken. An den Seiten der Höhle lösen sich kleine Steine, die auf den erdenden Boden landen. Ich hebe einen der Stein auf und betrachte ihn in dem düsteren Licht, das mich umgibt. Ich kann kleine glitzernde Flächen entdecken, die in Blautönen in meinen Blick fallen.

Ich werfe ihn zu Boden.

Ich drehe der Höhle den Rücken zu und sehe auf den Hang, der vor mir liegt. Ich überlege mir nach unten zu gehen, hinter mir halten die schmerzenden Schreie an. Ich gehe einen Schritt, doch dann halte ich inne. 

In gleichmäßigen Abständen stehen schwarze Gestalten an dem Hang. Ohne erkennbare Gesichter, keine Farbe auf ihren Körpern. Nur schwarze Silhouetten, die in meine Richtung stehen. Ich erkenne Mädchen, aber auch Jungen, die sich kein bisschen bewegen. 

Die Luft scheint noch düsterer zu werden und ich will mich nicht umdrehen, aber ich will auch nicht den Hang hinunter laufen. Über mir höre ich grollenden Donner. Die Schreie werden fast übertönt. 

Aber nur fast.

Ich weiche ein paar Schritte zurück. Meine Schuhe treten knackend auf die blauen Steine. 

"Es ist alles deine Schuld!", schreit die Stimme in der Höhle. Ich wende mich dem Eingang zu. Und dann fasse ich einen Entschluss. Ich sehe sicheren Blickes auf die schwarzen Gestalten und laufe. 

Die Dunkelheit der Höhle umgibt mich und ich entdecke eine kleine Öllampe an der Höhlenwand. Ich nehme sie und laufe weiter in Richtung Schreie. Sie werden lauter. 

"Du alleine bist dafür verantwortlich!" Ich versuche die nie enden wollenden Vorwürfe zu ignorieren und beginne zu rennen. Wohl bedacht, dass die Kerze nicht erlischt. Und irgendwann, nach einer gefühlten Ewigkeit, sehe ich dich. 

Der Boden unter dir glüht blau und du sitzt auf dem kalten Licht. Dein Haar ist wirr, dein Körper strahlt Kraft aus, aber auch Wut. Wie eine Wilde.

Als du mich erblickst, ist es auf einmal still. In meinen Ohren ein Klingeln. Du siehst mich wütend an. Funkelst mich mit kalten Augen an, einige Strähnen liegen durcheinander auf deinem Gesicht. 

Eigentlich sollte ich Angst haben, aber ich empfinde nur Mitleid. Viel zu viel musstest du ertragen. Ich trete auf den blau glühenden Boden und stelle das warme Licht der Öllampe darauf. Ich weiß, dass du das nicht mehr willst, das du es satt hast. 

Du blickst auf die Lampe, die das Glühen in den Schatten stellt, aber nicht erlischen lässt. 

Und dann wirfst du dich in meine Arme. Und von nun an lasse ich dich auch nicht mehr los. 

Keine Schreie mehr, das muss enden. Bekommen wir das endlich hin?



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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 01, 2016 ⏰

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