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ZWEI JAHRE SPÄTER

Nach allem was geschehen ist, habe ich die Uni gewechselt und die Stadt verlassen. Zusammen mit Katy. Sie hat Noah zusammengeschlagen, sobald sie alles erfahren hat und hat ihn überall bloßgestellt, wovon ich sie ehrlich abhalten wollte. Nur ist Katy ein Mensch, der alles dafür tut, um für jemanden einzustehen.

»Dann mal los in die Uni«, ich studiere Literatur im ersten Semester. Ich habe einen Neustart gewagt, nachdem ich noch meinen anderen Studiengang beendet habe. Geschichte. Warum auch immer ich es studiert habe, es hat mich zu sehr an Noah erinnert, da ich es aber nicht so wegwerfen wollte, habe ich es an der neuen Universität zu ende gebracht und nun einen neuen Studiengang angefangen.

Mit meinen frischen zweiundzwanzig Jahren verfolge ich nun das Ziel selbst Bücher schreiben zu können. Literatur habe ich letztes Jahr total für mich entdeckt, habe viel gelesen und geschrieben. Geschrieben vor allem über meine persönlichen Erlebnisse.

»Herzlich Willkommen, hier sind eure Ersti-Tüten. Ganz viel Spaß heute in den ersten Vorlesungen«, empfangen uns einige Studenten. Zwar ist Katy auch an der Uni aber sie probiert sich an den Naturwissenschaften.

»Vielen Dank!«, gebe ich von mir und wir spazieren entlang der großen Flure, die wir sowieso schon kennen. Es ist nur ein anderer Studiengang. Schnell schaue ich noch auf meinen Kursplan und gleichzeitig auf die Uhr, wo ich bemerke, dass ich total spät dran bin zu meiner ersten Vorlesung.

Also beginne ich zu rennen und versuche unauffällig in den Hörsaal zu gehen, da ist die Tür leichter als ich dachte und ich kippe gemeinsam mit dieser vorwärts, sodass ich mit vollem Krach auf den Boden knallte. Na toll, Aubrey.

»Oh, geht es Ihnen gut?«, die Stimme erkenne ich innerhalb von Millisekunden und sofort schießt mein Puls in die Höhe. Ich versuche meinen Kopf gesenkt zu lassen, weil mich mein Scham überflutet. »Miss?«

»Ja, alles gut. Entschuldigen Sie mich«, gebe ich schnell von mir, schultere wieder meine Tasche und gehe an ihm vorbei, ohne auch aufzusehen. Ich weiß, dass es Ray ist und ich weiß auch ganz genau, dass ich in seiner Gegenwart ein kompletten Desaster sein werde. Aber was macht er nur hier?

»Wo waren wir? Ach ja, bei den Literaturepochen«, alles was ich gerade gedacht habe und gleichzeitig versucht habe zu verdrängen verfliegt, sobald ich meinen Kopf anhebe und ihn vorne neben der Leinwand sehe. In dunkler Jeans und einem schwarzen Hemd. Eine Brille betont sein markantes Gesicht und mir läuft eine Gänsehaut über den Körper. Er ist mein Professor, ein Lehrender an der gleichen Universität, an er ich schon zwei Jahre studiert habe.
Wie konnte ich ihn nicht sehen...

Während er erklärt und seine Vorlesung hält denke ich nur an eine Nacht. Vor zwei Jahren, als er mich mitgenommen hat und bei sich zuhause gelassen hat.

»Na komm, ab ins Bett mit dir«, Ray zieht mich in seine Wohnung und bringt mich in ein Zimmer, was wie seines aussieht. Ich bin so schlapp, dass ich direkt in die kuscheligen Laken falle und ihn ansehe. »Was hat er getan, Aubrey?«

»Er hat meine Mutter gefickt«, platze ich nun damit heraus und verspüre nichts anderes als Hass gegenüber diesen zwei Menschen. Alles was ich will ist diese Menschen hinter mir zu lassen.

»Wie bitte?«, ich nicke nur und will mich von ihm wegdrehen, da setzt sich der Bruder von meinem Ex mit ins Bett und zieht mich in die Arme, auch wenn wir beide total durchnässt sind. Sein warmer Atem streift meine zarte und kalte Haut. Sein maskuliner Duft schleicht sich in meine Nase und ich schließe die Augen. »Willst du darüber reden?«, ich schüttele meinen Kopf und bleibe so eine Weile neben ihn, bis er irgendwann aufsteht und mir bedeutet zu warten.

Kurz darauf kommt er mit warmen Sandwiches zurück und drückt mir eines in die Hände. Seine Augen fahren über meinen noch immer durchnässten Körper und ich beginne zu zittern. »Du musst dich umziehen, Aubrey«, lässt er mich wissen, was ich selbst auch schon bemerkt habe.

Er holt meine Tasche und kramt dort Klamotten heraus, die selbst total nass sind. Na toll, meine Tasche war also auch eine Lüge. Beim Kauf erklärte mir die Verkäuferin, dass diese dicht und wasserfest sei. »Ich gebe dir Sachen von mir, wenn du nichts dagegen hast«, ich schüttele meinen Kopf und erkundige mich derweil, wo das Badezimmer ist.

Ich verschwinde um die Ecke und beginne mich auszuziehen, als es an der Tür klopft und ich einen Spalt weit diese öffne. »Hier, wenn du sonst was brauchst, musst du nur rufen«, ich danke ihm und entkleide mich endgültig.

Nach der Dusche, schlüpfe ich in die frische Kleidung von Ray, die mir viel zu groß ist und begebe mich zurück ins Zimmer, wo er selbst dasitzt in einer Jogginghose. Sonst nichts. »Stört es dich, wenn-«

»Nein, alles gut«, lächele ich und krabbele unter die Decke. Wieder zieht er mich an sich und streicht mit den Fingern über meinen Rücken. »Mein Bruder ist ein Idiot, so eine Frau wie dich zu ersetzen«, es spricht es so leise aus, dass ich kurz einen Moment brauche, um zu realisieren, ob er das wirklich gesagt hat. Dann erhebe ich mich etwas und traue mich seine Augen zu fixieren.

Das Braun seiner Augen funkelt und ich sehe, wie seine Pupillen weiter werden, während ich mir verlegen auf die Lippe beiße. »Lass das«

»Hm?«, er lacht auf und zieht legt seinen Daumen auf meine Unterlippe. Seine Berührung brennt wie ein Feuer und lässt mein Unterleib sich zusammenziehen. Alles in mir schreit danach mich von ihm berühren zu lassen, aber es wäre falsch. So verdammt falsch. Nur scheint er meine Gedanken zu lesen und presst plötzlich seine Lippen gierig auf meine.

Ich falle Meter, bis er mich auffängt und auf sich zieht. Ich umschlinge meine Hände um seinen Nacken und er verhilft mir noch näher an ihn gepresst zu sein. Ein Keuchen entflieht meiner Kehle und dann realisiere ich, was ich hier tue. Sofort unterbreche ich den Kuss. »Entschuldige, ich hätte das nicht-«, beginnt er, aber anstatt auf seine Worte zu hören, küsse ich ihn wieder. So instinktiv und spontan, dass ich es selbst erst einmal nicht verstehe, wieso ich es tue...

Und dann lasse ich es sich zu einer Nacht entwickeln, die ich so nie wieder vergessen könnte...

His Sinful Touch | SHORTSTORY ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt