Flimmernd, die Schläge des Herzens in seiner Brust. Es hört nicht auf, pulsiert im Takt des Basses, der den Kopf frei pustet und keine überflüssigen Gedanken zulässt. Das ist genau das, was er jetzt braucht. Ruhe und Chaos zugleich. Einen Ort, um nicht allein zu sein, ohne jedoch Konversation betreiben zu müssen.
Hier achtet niemand auf ihn. Alle tanzen, reiben ihre knapp bekleideten Leiber aneinander, springen auf wackligen Knien zu den dröhnenden Elektrobeats und dem unechten Plasmalicht auf und ab. Vielleicht schmeckt so ein Stück Freiheit, denkt Cash und stürzt sich den nächsten Anisschnaps die Kehle hinab, bis es brennt und seltsam warm in seiner Brust wird. Bis er wieder etwas spürt, ohne jedoch etwas Echtes und Reales zu fühlen. Taub für all die Emotionen, für all die existenzialistischen Gedanken. Er will nur leben. Überleben.
Für einen Moment fühlt er nichts bis auf das Tanzen seines Herzens und den Synthesizer, der durch seinen Körper vibriert und in seinen Ohren glüht. Bis Gedanken schmelzen. Endlich.
Vor ihm der Tod in Netzstrümpfen, blasses Fleisch und Augen wie die Lust selbst, doch sein Blick sieht durch sie hindurch, erfreut sich kurz an ihrem lasziven Lippenlecken und gleitet dann weiter, zur nächsten Bar, zum nächsten Drink. Die Drogen pulsieren in seinen Blutgeäßen.
Harmonie mit dem Beat. Himmel, wie ist das schön.
Er weiß, es kann nicht gesund sein, seine Trauer in tausend giftigen Tropfen zu ertränken. Er weiß, dass es richtig wäre, zu seiner Tante zurückzukehren. Doch er kann sich nicht dazu aufraffen.
Alles tut weniger weh, wenn die Welt vor seinen Augen verschwimmt und Wärme durch seine Glieder treibt wie ein ungewohnter Genuss.
Fluoreszierendes Licht bebt über schwitzende Körper und geschlossene Lider. Plötzlich schwimmen Tränen in Cashs Augen, als der Alkohol in ihm all seine emotionsverstärkenden Kräfte freilässt. Er schafft es nicht, sie fortzuwischen. Sie halten sich in den Winkeln seiner Augen und lassen seine Sicht verschwimmen. Der Knoten in seiner Brust umklammert den eigenen Atem, bis seine Rippen schmerzen.
Sein Glas kippt ihm aus den Händen und die Stimmen verzerren an seinen Ohren. Er hat das seltsame Gefühl, dass sein Herz rast und in jedem Augenblick vom Leben in Splitter geschlagen wird.
»Hey Mann, pass doch auf«, raunzt ihn eine Stimme von der Seite an, weil er taumelt und stolpert und der dröhnenden Musik entfliehen will. In seinen Venen pocht es, seine Schläfen sind feucht, sein Gesicht glänzt nass vor Schweiß.
Blind stürzt er aus dem Clubraum in den dunklen Flur. Halogenleuchten werfen verzerrtes, buntes Licht in den Gang. Die Wand ist mit schwarzem Stoff bespannt. Da, endlich findet er die Toiletten und das grelle, hier vorherrschende Licht zwingt ihn zum Verharren. Blinzelnd sieht er sein eigenes Ebenbild im breiten Spiegel. Eine monotone, synthetische Stimme begrüßt ihn schwach und verabschiedet im gleichen Augenblick eine Gruppe junger Besucher, die Cash keines Blickes würdigen.
Dann ist es still in den Toiletten und doch geht es ihm nicht besser. Übelkeit steigt ihm in die Nase. Sein Bauch rumort und er springt zur nächsten Einzelkabine, um sich in die steril weiße Keramiktoilette zu übergeben.
Von seinen Lippen tropfen Magensäure und Reste des Alkohols. Dann würgt er nur noch Luft und ächzt und schnauft, während seine Kehle brennt als hätte jemand ein Feuerzeug in seinem Rachen angezündet.
Leuchtraketen tanzen vor seinen geschlossenen Augen, die Übelkeit versiegt und Leere bleibt.
Wie in Watte gepackt fühlt sein Kopf sich an, dick und geschwollen und seine Ohren brennen wie Teufelswerk. Nichts ist richtig, denkt er. Er will nicht hier sein, will nicht denken, nicht einmal der Alkohol lässt den Schmerz vergehen.
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Die Keime (Old Souls 1)
FantasyAmerika, 2074. Auf der Flucht vor den Menschen, die nach dem Leben der „Keime“ trachten, findet sich Avery als eine der wenigen Überlebenden mit anderen Flüchtlingen zusammen. Verzweifelt sind sie auf der Suche nach dem verlorenen Frieden ihrer Gese...