Prolog

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Am Ende des Tages zählt die Realität nicht mehr. Wir verlieren uns in den Irrgärten falscher Tatsachen. Wir sind nicht länger wir selbst, dieser Kampf kann nicht von uns entschieden werden. Du weißt es, ich sehe es in deinen Augen, wenn du neben mir liegst und dich daran erinnerst, wer Freund und wer Feind ist.

Du weißt, es gibt nur uns an diesem Ort, zwischen tausend Grabhügeln ruhen auch unsere Seelen, gefangen im Schlaf und verflucht bis zur Verschmelzung. Manchmal fragen wir uns, ob dort noch jemand auf uns wartet, ob die Ordnung nach uns sucht.

Doch wir finden keine Antwort, kennen die Wahrheit nicht und werden sie nie sehen. Wir wurden mit Blindheit geschlagen - und das ist gut so.

Ich habe mir viele Feinde auf diesem Weg gemacht, viele Orte gesehen und doch ist nirgendwo mehr Heimat für mich gewesen als in dir und deinen Augen. Du bist die weite Flur, nach der sich mein eingesperrtes Ich gesehnt hat - und dich zu bewandern ist viel schöner als das Zergehen.

Am Ende des Tages zählt die Realität nicht mehr, weißt du? Der Winter ist wie der Sommer, die Nächte sind wie die Tage. Wir können nicht sehen, was vor uns liegt. Wir blicken immer nur zurück, erkennen nur das, was wir ganz sicher nicht haben wollen.

Und manchmal, manchmal lernen wir und wissen, dass unser Wille nicht das Größte ist. Dass es Mächte gibt, die zerrütten und zusammenschweißen, was vereint gehört. Am Ende des Tages ist es der Kampf, der sich wiederholt, das Schicksal, das sich erfüllt. Und wir können nichts dagegen tun.

Die Keime (Old Souls 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt