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Das gemeinsame Essen verlief relativ ruhig, bis auf die ganzen Fragen von Ronal und Tonowari, die wissen wollten, wie das Training voran ging.
„Bis jetzt schlagen sie sich eigentlich ziemlich gut.", sagte Tsireya, während Ao'nung am Liebsten irgendeinen dummen Kommentar abgelassen hätte, woraufhin Nymeria ihm jedoch gegen den Arm schlug.

Nach dem Essen verließen die drei das mauri und gingen Richtung Strand zu den Felsen hinüber, wo sie auch schon die Sully Kinder entdeckten, die schon warteten. Nymeria fiel Rotxo auf, der wohl ebenfalls bei der Übung helfen wollte (oder sich darüber lustig machen, mal sehen, was davon der Fall sein würde).
Tsireya setzte sich als Erste hin, woraufhin sich alle dazu setzten, sodass sich ein kleiner Kreis bildete. Lo'ak setzte sich neben Tsireya, während Nymeria sich zwischen Neteyam und Tuk setzte. Kiri verdrehte etwas Ihre Augen, als sie bemerkte, dass sie zwischen Ao'nung und Rotxo sitzen musste.
„Stellt euch eine flackernde Flamme vor.", begann Tsireya, als sie einatmete und ihre Hand an die Brust hielt.
„Ihr müsst euren Herzschlag verlangsamen.", fuhr sie fort und sah einmal in die Runde.
Nymeria half Tuk etwas mit ihrer Atmung und lächelte diese sanft an. Diese fand relativ schnell heraus, wie es funktionierte.
Tsireyas Blick blieb an Lo'ak hängen, der sichtbar Schwierigkeiten dabei hatte, die Übung auszuführen. „Du musst dein Herzschlag verlangsamen...Atme von hier.", sprach sie ruhig und legte ihre Hand auf seinen Bauch. Der Blick des Jungen sagte schon alles, dennoch versuchte er, ihr zu folgen, seine Augen auf Tsireya fixiert.
„Lo'ak, dein Herz schlägt zu schnell.", murmelte sie und sah zu ihm auf. Neteyam, der alles beobachtet hatte, fing an zu grinsen.
„Tut mir leid.", sagte Lo'ak ruhig und versuchte, ruhiger zu werden, was nicht gerade einfach war, wenn die anderen sich über ihn lustig machten.
„Konzentrier dich einfach, blende deine Umgebung aus. Wenn es hilft, schließe die Augen.", sagte Tsireya.
Nymeria stieß Neteyam leicht mit dem Ellbogen an, um seine Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken. ,,Konzentrier' dich, Neteyam. ", sagte sie und legte ihre Hand genauso hin, wie Tsireya es bei Lo'ak getan hatte. „Atme nicht von deiner Brust."
Leicht tippte sie gegen diese. „Atme von deinem Bauch aus. Beruhige dein Herz und deine Gedanken." Neteyam sah sie mit leicht geweiteten Augen an, während Tuk, Kiri und Rotxo nun am kichern waren, genauso wie bei Lo'ak vorher. Selbst Nymeria konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

Nach einiger Zeit und vielen Unterbrechungen entschieden sie sich, die Atemübungen zu beenden und noch etwas auf den Ilus zu reiten. Ein bisschen Spaß musste schließlich auch mal sein.
„Nymeria!", rief Tuk, als das Mädchen gerade auf ihren Ilu stieg.
„Ja?"
„Kann ich bei dir mit drauf?", fragte das kleine Mädchen und sah Nymeria mit großen Augen an. Diese musste leicht lächeln, ehe sie nickte und darauf wartete, dass Tuk aufstieg.
„Halt dich gut fest, Kleine."
Mit diesen Worten folgte die junge Metkayina den anderen, während Tuk ihre Arme um sie schlang, ohne wirklich die Blicke von Neteyam zu bemerken.

„Nymeria!"
Gerade, als sie erneut untertauchen wollte, hörte sie jemanden nach ihr rufen.
Ihr Blick ging nach hinten, wo sie Ao'nung sah, der auf sie zukam: „Ist alles in Ordnung?"
Ao'nung schüttelte den Kopf und blieb vor ihr stehen, nun hatte er auch die Aufmerksamkeit der Anderen.
„Du musst sofort zurück zum Dorf. Befehl der Tsahik."
„Was ist passiert?", fragte sie nun besorgt und half Tuk von ihrem Ilu runter und auf den von Neteyam, der gerade zu ihr rüber gekommen war.
„Eins der Kinder ist verletzt und Mutter braucht deine Hilfe.", sagte er außer Atem und sah das Mädchen ernst an. „Tsireya, Ao'nung kümmert euch bitte um unsere Gäste. Ich bin bald wieder da.", murmelte sie noch und ritt mit ihrem Ilu zurück zum Strand.

Nymeria lief vom Strand in Richtung des mauri, wo sie die Verletzten und Kranken behandelten.
Einen kurzen Moment zögerte das junge Mädchen, doch dann sprang sie über ihren Schatten und betrat das mauri.
Das Schluchzen des kleinen Mädchen füllte den Raum, während Ronal über ihm kniete und ein beruhigendes Öl unter seine Nase hielt. Als sie Nymeria bemerkte, sah sie zu ihr auf, die Hoffnungslosigkeit war ihr ins Gesicht geschrieben.
Fast komplett schwarze Flecken zierten den Bauchbereich des jungen Mädchens, was Nymeria stocken ließ.
Seine Mutter kniete neben ihm und versuchte, es irgendwie zu beruhigen, was nicht ganz funktionierte.
Ronal erhob sich und ging hinüber zu Nymeria. „Sie hat innere Blutungen. Ich kann ihr nicht helfen, tu was du kannst 'ewanzeykoyu, junge Heilerin. Nutze, was Eywa dir gab.", flüsterte Ronal, damit niemand anderes es hörte.
Nymeria nickte leicht, immer noch etwas überfordert von der Situation, doch schnell fing sie sich und kniete sich zu dem Mädchen. Sanft legte sie ihre Hände auf den Bauch des Mädchens, das sein Gesicht verzog und vor Schmerz aufkeuchte, trotzdem ließ die Heilerin ihre Hände dort, wo sie waren.
„Hab keine Angst...alles wird wieder gut.", sprach sie sanft
„Eywa," fing sie an und schloss ihre Augen, ihre Konzentration voll und ganz auf die Situation gerichtet. „yune maite tìaho...tìing peyä a tìtxur tsal tstu naxtxu...tung peyä mi ke tstu yey tstu za'u srakat sa'nok."
(„Erhöre meine Gebete...schenke ihr die Stärke, dies zu überstehen. ..Erlaube ihr, noch nicht zu dir zu kommen, Große Mutter.")
Das Schluchzen und Weinen des Mädchen verstummte, sein Atem jedoch war flach, kaum merklich. „Beeil dich, zeykoyu... Wir verlieren sie!", zischte Ronal in ihr Ohr.
Ihre Stimme hallte wieder und wieder in den Ohren von Nymeria und sie wiederholte wieder und wieder ihr Gebet. Ihr Kopf dröhnte und ihre Hände zitterten, als sich Panik in ihr breit machte: Was ist, wenn Eywa sie nicht erhörte? Wofür war sie dann noch gut?
Schnell schob sie die Gedanken beiseite, wichtiger war das hier und jetzt.
Gerade, als Nymeria aufgeben wollte, sich eingestehen wollte, dass Eywa sie verlassen hatte, spürte sie eine wohlige Wärme. Vorsichtig öffnete das Mädchen ihre Augen und bemerkte das leichte Leuchten an ihren Händen. Eywa hatte sie doch erhört!
Kurz darauf nahm Nymeria ihre Hände von dem Mädchen und an der Stelle, wo vorher noch die dunklen Flecken den Bauch des Mädchen geziert hatten, war nichts mehr zu sehen.
„Sie braucht viel Ruhe.", sagte sie ruhig und stand vorsichtig auf. Ihr Kopf drehte sich und sie wollte nur noch raus an die Luft.
Das Heilen kostete Nymeria sehr viel Kraft, weshalb sie es auch nicht oft tun konnte. „Danke. Vielen Dank!", murmelte die Mutter unter Tränen und klammerte sich förmlich an ihre Tochter, die nun friedlich schlief. Nymeria nickte nur und verließ langsam das mauri, um endlich an die Luft zu kommen.

Ihr Blick ging über den Strand, wo ihr direkt Tsireya und die Anderen auffielen, die auf sie zukamen.
Gerade, als sie der Gruppe entgegenkommen wollte, wurde ihr schwarz vor Augen.
Das Einzige, was sie noch mitbekam, war, wie jemand nach ihr rief...

My little Healer || Neteyam Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt