Kapitel 5

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„Wie lange bleibst du?", frage ich meinen Bruder und schaue von meinem Glas Whiskey hoch.
„So lange wie du mich brauchst und so lange wie ich selbst brauche", sagt er und schaut stumm nach vorne.

Seine Atmung ist flach und sein Gesicht weiß. Er hat die ganze letzte Nacht kein Auge zugetan. Er hat die ganze letzte Nacht neben Coco verbracht. Ohne Unterbrechung. Ich habe ihm eine Nacht gelassen - unfreiwillig, aber er war Coco so nah und bedeutete ihr so viel. Ich konnte ihm den Abschied nicht verweigern.

Tage - Wochen - Monate vergehen, in denen Vittorio und ich einfach nur dasitzen und in die Leere starren.

„Was willst du jetzt tun?", fragt er mich und ich schüttle gedankenverloren meinen Kopf. „Ich weiß es nicht", sage ich und puste den Rauch meiner Zigarette aus, „ich weiß gar nichts mehr."

„Wann möchtest du die Prinzessin beerdigen?", fragt Vittorio und ich schlucke. „Nie", antworte ich.

„Willst du sie für immer und ewig auf diesem Bett drapiert lassen? Unter diesem Glas? Sie war zwar eine Prinzessin, aber nicht Schneewittchen", sagt mein Bruder und ich nicke flüchtig.
„Ich will sie nicht gehen lassen", sage ich. „Sie ist doch nie weg", sagt Vittorio und schaut über seine Flasche Tequila. „Sie ist in deinen Träumen und in deinem Herzen, Matteo. Wenn du es mir erlaubst, würde ich mich gerne um alles kümmern", sagt er und ich drücke meine Zigarette aus.
„Mach das, aber lass sie mir", sage ich und stehe vom Stuhl auf und laufe wieder in mein Haus. „Ich würde dir sie nie wegnehmen", sagt Vittorio und läuft an meiner Seite in das Haus.

Jeder Tag verläuft wie immer, nur ohne Vittorio.
Er ist wieder gegangen.

Jede freie Minute verbringe ich neben Coco.
Jede einzelne Sekunde. Jeden Herzschlag.

NUDES? IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt