Kapitel 9

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Ich hätte Bescheid wissen müssen, dass meine Familie etwas im Schilde führt. Ich könnte mein Leben darauf verwetten, dass sie mein Unternehmen übernehmen wollen. Und nur noch ich war ihnen im Weg. Aber anstatt mir eine Kugel durch den Kopf zu schießen, haben sie Coco getroffen.
Oh Coco - es tut mir so leid, dass ich so eine Familie habe, die alles und jeden für Geld umlegen würde - selbst die eigenen Kinder, oder den einzigen Hoffnungsschimmer, die diese noch in ihren Leben hatten.

„Wir sind da", sagt mein Bruder und öffnet die Tür. „Sie haben es sich hübsch gemacht", sagt er und ich steige aus. Mein Blick fällt auf die riesige Villa und auf die grünen Bäume, die das Anwesen umzingeln. „Es sieht aus wie in einem Horrorfilm", sage ich und Vittorio lacht. „Passt ja zu unseren Eltern", grinst er und schultert sein Gewehr.

„Es war mir eine Ehre dein kleiner Bruder seien zu dürfen." „Es war mir ebenfalls eine Ehre dein Bruder zu sein", sage ich und entsichere meine Pistole.
Kurz nicke ich meinem Bruder zu, bevor er in Position geht. Meine Hand fährt über mein Herz und tastet den Brief darunter ab.

Für dich, kleines. Für dich würde ich mir jede Kugel durch den Körper jagen lassen.

Ein Schuss fährt durch meine Schulter - der nächste durch meinen Bauch - der nächste durch mein Bein. Doch nichts schmerzt so sehr wie mein Herz.

Die letzte Kugel meiner linken Pistole trifft durch den Kopf des Mannes vor mir und ich laufe über seine Leiche. Meine Absätze schlagen auf den Boden und ich steige über die restlichen Leichen hinweg und komme vor einer großen Tür zum Stehen.

„Einatmen - Ausatmen", flüstert Cocos Stimme in meinem Kopf und ich werfe die Tür auf, sodass sie in die Wand knallt. Es ist alles leer.
Mein Vater ist nicht so dumm und postiert nur dreißig Männer in der Eingangshalle.

Vorsichtig laufe ich über den Marmorboden, an dem großen Esstisch und dem Plattenspieler vorbei. Vor der Treppe zum ersten Stock bleibe ich jedoch stehen, als mich ein Geräusch zusammenzucken lässt. Ein Mann im Anzug kommt aus einer dunklen Ecke und hält seine Waffe vor sich.

„Herr Dal Bon", sagt er und verbeugt sich vor mir. „Wer sind Sie?", frage ich und lade meine zweite Pistole nach. „Sie haben mich wahrscheinlich schon vergessen. Ich arbeite für ihren Vater und bin für den Tod an ihrer Frau verantwortlich", sagt er schlicht und fährt sich durch die Haare.
Er steht vor mir, als hätte er nicht das schlimmste auf Erden getan. „Ich wusste nicht, dass Sie weinen können", grinst er und weitere Männer treten hinter ihm hervor. „Sie sind schwach geworden, Azrael", sagt er. Er wird sterben. Sein Tod wird so qualvoll werden, dass er selbst im Jenseits noch schmerzen haben wird.

Bestialisch grinse ich in mich hinein und stelle mich in meiner vollen Größe auf. Sein Gesicht entgleist und ich schaue auf ihn herunter. Mit einem gezielten Stoß, gleitet meine Hand durch seine Kehle. Meine Finger stoßen aus der anderen Seite heraus und ziehen seine Kehle mit einem Ruck aus seinem Körper. Das Blut spritzt aus seiner Wunde und er fällt auf den Boden. Kurz lache ich auf, bevor ich meine Waffe entsichere und die Männer vor mir erschieße.

„Du hinterlasst immer eine Sauerrei, Matteo!", sagt die Stimme meines Vaters und ich drehe mich zu ihm um. Im Schlafanzug läuft er die letzten Stufen herunter und kommt vor mir zum Stehen. „Du warst noch nie gut darin, Leute leise umzubringen", sagt er gähnend und streicht das Blut von meiner Wange.

„Azrael?", fragt er euphorisch und meine Atmung wird schneller und ich lade meine Waffe nach.
„Du hast mir alles genommen!", brülle ich durch die Tränen und halte die Pistole vor mich. „Wieso Sie?!", schreie ich. „Warum meine Coco?", brülle ich und Tränen laufen meine Wangen herunter. „Weil ich wusste, dass ihr Tod das Tier in dir - meinen Azrael wieder ans Licht bringen wird", sagt er.
„Dann hätte ich meinen Sohn wieder, der jeden für mich umbringt."

„Nachdem das mit Damiano passiert ist, habe ich meine Zukunft verloren und vor allem mein ganzes Geld. Aber du -", sagt er und zeigt auf mich. „Du hast mir nie etwas von deinem kleinen Imperium erzählt, was du dir aufgebaut hast und auch selbst zerstört hast", sagt er. „Aber keine Angst, dein Vater wird das alles wieder in Ordnung bringen", sagt er und atmet ruhig aus.

„Immerhin bist du mein letzter Sohn und dazu auch noch ein Goldesel. Ich wäre verrückt, wenn ich dich gehen lassen würde", sagt er und setzt sich auf einen der Stühle am Esstisch. „Ich bin nicht dein letzter Sohn", sage ich. „Nach heute schon", sagt er und schnippst mit den Fingern.

Ein Mann zieht Vittorio an seinem Arm auf dem Boden entlang und lässt ihn vor mir fallen. Sein Körper ist zerfetzt und Blut läuft überall heraus. Scheiße. „Ora siamo solo noi due, figliolo... (Jetzt gibt es nur noch uns beide, mein Sohn...)", sagt mein Vater und ich ziehe meine Pistole nach vorne und erschieße den Mann, der Vittorio hereingeschleppt hat.

Meine Augen ziehen sich zusammen und ich greife nach dem Bein meines Vaters, was ich kurzerhand breche. Sein Oberschenkelknochen spießt aus dem Bein hervor und sein Schreien durchquert die alte Villa. „Du hast mir nicht nur meine Frau genommen, sondern auch noch meinen Bruder,", sage ich, bevor ich meinen Vater fixiere und eine Kugel durch seinen Kopf jage.

Gestresst atme ich weiter und schaue auf das Blut, was meinen Körper herunterläuft und eine Pfütze unter meinen Füßen bildet.

„Giovanni?!", schreit es von oben und ich schaue in die Augen meiner Mutter. „Was hast du nur getan?", fragt sie und spuckt mir vor die Füße. „Meine Frau gerächt", sage ich und werfe den nun leeren Benzinkanister in die Ecke. Ich fackle alles ab - so wie immer. „Es war ein Fehler, dich nicht schon nach deiner Geburt getötet zu haben", faucht sie und nimmt ihre Hände von dem leblosen Körper ihres Mannes.

„Weißt du, dass du an Cocos Tod schuld bist?", fragt sie grinsend und kommt mir näher. „Ich weiß. Ich hätte in die Kugel springen sollen", sage ich und zünde mir meine Menthol Zigarette mit Cocos Feuerzeug an. „Ich habe versagt", sage ich und meine Mutter verdreht ihre Augen.
„Sei gefälligst still!", brüllt sie und zieht sich ihr Nachthemd zurecht. „Du warst daran schuld, weil du aus der Mafia ausgestiegen bist. Hättest du weitergemacht wie vorher, wäre keinem etwas passiert. Aber nein, du musstest auf dieses Weib hören!", brüllt sie.
„Avete distrutto tutto! (Du hast alles zerstört!)", schreit sie und zieht sich an den Haaren. „Nur weil dir dieses Miststück gezeigt hat, dass man auch anders leben kann", sagt sie und lacht mich durch ihre spitzen Zähne an.
Meine Familie hat sie nicht mehr alle.

„Ich verabscheue dich, so wie jeder andere in dieser Familie. Du bist und bleibst ein Fehler, der nicht hätte überleben sollen", sagt sie und meine Schläfe zuckt. Ich puste den Rauch aus meinem Mund und lasse das Feuerzeug fallen. „Tu mir einen Gefallen...", sage ich und das Feuer breitet sich um uns aus. „Schreie und weine, sodass ich auch meinen Spaß habe", lache ich und meine Mutter rennt auf mich zu. „Azrael!", brüllt sie, doch ich stoße sie mit meinem Fuß zurück in das Feuer und schaue auf ihren brennenden Körper.
Diese verdammte Familie.

Mein Blick schweift zu meinen Bruder. „Ich bringe dich nach Hause", sage ich und trage ihn aus der brennenden Villa.

„Lorenzo", sage ich und blicke in seine tränengefüllten Augen. „Passen sie auf ihn auf", sage ich und lege Vittorios Leiche in seine Arme „Kommen Sie nicht mit?", fragt er und öffnet mir die Tür zu seinem Wagen. „Nein", sage ich und laufe zu meinem Auto. „Aber Sie bluten, Herr Dal Bon", sagt Lorenzo. „Machen Sie sich keine Sorgen", sage ich mit einem Lächeln auf den Lippen.

„Kümmern Sie sich gut um Vittorio", sage ich, bevor ich Lorenzo zunicke und in meinen Wagen steige.

NUDES? IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt