17: Suche mit Phil

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Falls es zwischen mir und Nady je auch nur eine kleine Chance auf Versöhnung gegeben hatte, dann war sie spätestens jetzt tot.
"Geh", presste sie nach meinen Erklärungen hervor und funkelte mich an, als hätte ich gerade ihren Lieblingsteddy in die Luft gesprengt. Ich machte einige Schritte rückwärts und versuchte nicht so auszusehen, als würde ich am liebsten schreiend das Weite suchen. Nady sollte schließlich nicht auf den Gedanken kommen, ich hätte Angst vor ihr. "Geh, bevor ich dich in Scheiben schneide, du kleines, dreckiges..."
Sie brach den Satz ab.
“Verschwinde!“
Ich drehte mich um und ging, absichtlich langsam und bedächtigt zurück. Meine Instinkt schrien mich jedoch an, möglichst schnell zu rennen und nie mehr zurück zu kommen.

Jake war mal wieder nicht Zuhause, was mich jedoch nicht mehr wirklich wunderte. Wahrscheinlich führte dieser Typ ein Doppelleben als Spiderman oder so. Nach meiner Begegnung mit Nady war es jedoch auch mal ganz entspannend mir die Atemluft einmal nicht mit noch mehr seltsamen Elemente Freaks in meinem Alter teilen zu müssen.

Das Einzige an der ganzen Geschichte, was mich im Moment noch neugierig machte, war diese mysteriöse Prophezeiung, die anscheinend nicht nur die Wurzel alles Üblen war, sondern wahrscheinlich schon von jedem Deppen (außer mir) gelesen worden war. Ach ja und natürlich wäre es auch ganz schön zu wissen gewesen, wieso mein Schattentattoo so grundlegend von dem von Nady unterschied...
Ich dachte an die Kopie, die Jake von dieser Prophezeiung gemacht hatte. Je mehr ich über dieses Thema nachdachten, desto mehr ärgerte ich mich, sie nicht ein einziges Mal in diesem blöden Buch nachgeschlagen zu haben. Doch jetzt war es dafür schon zu spät. Oder?

Ohne darüber nachzudenken, was ich gerade tat, schlüpfte schon wieder ich in Jakes Zimmer. Ich gab mir nicht einmal mehr wirklich Mühe leise zu sein, Jake war schließlich nicht da und im Notfall blieb mir noch der Schrank. Niemand würde damit rechnen, dass ich mich dort ein zweites Mal versteckte.
Viel hatte sich seit vorgestern natürlich nicht verändert. Mein Blick blieb wieder an dem Gruppenbild von Jake und seinen Freunden hängen und ich fragte mich erneut, was aus dem fremden Mädchen geworden war. Sie könnte in eine andere Gegend gezogen sein. Sie könnte sich bis auf alle Ewigkeiten mit ihren Freunden verkracht haben, sie könnte... Ich schütteln den Kopf. Eigentlich ging es mich überhaupt nichts an. Auch wenn mir ihre Gesichtzüge auf eine seltsame Weise bekannt vorkamen...

Der Blättetstapel auf Jakes Schreibtisch war immer noch erstaunlich ordentlich sortiert. Konnte ich hier die Prophezeiung finden? Ich meinte mich daran zu erinnern, dass Jake sie das letzte Mal in seine Hosentasche gesteckt hatte. War sie da etwa immer noch? Vermutlich nicht. Jake war einer von diesen Leuten, die alles immer auf dem gewohntem Platz haben wollte, weil es sie sonst in den Wahnsinn trieb. Er mochte keine Veränderungen und das war wohl (unter Anderem) ein Grund dafür, dass er mich nicht leiden konnte. Obwohl, das könnt natürlich auch daran lag, dass er ein Blödmann von Weltklasse war. Gewohnheit, keine Veränderung, hart und abweisend... wie die Erde. Zum ersten Mal stellte ich mir die Frage, ob die Elemente den Charakter der jeweiligen Person beeinflussten konnten.

Ich wühlte mich immer weiter durch seine Privatsachen. Doch bis auf die archivierten Prophezeiungen und ein paar Schulaufsätzen fand ich nichts. Jake Stuart hatte nicht einmal mehr ein geheimes Versteck mit Liebesbriefen oder verbotenen Zeitschriften. Ich mich schon, ob ich hier überhaupt jemals etwas finden würde, als ich einen zerknitterten Zettel unter einen seiner Ordner entdeckte. Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer. Bingo. Ich wollte, zufrieden mit mir selbst, nach dem Zettel greife, doch ein fremdartiges Geräusch hinter mir ließ mich erstarren. War ich möglicherweise doch nicht so allein war, wie ich geglaubt hatte? Langsam drehte ich mich um. Nichts. Niemand. Aber ich war doch weder verrückt noch paranoid, konnte ich mir dann so etwas einbilden? Tief einatmend versuchte ich meinen rassenden Puls unter Kontrolle zu bekommen und wendete mich wieder Jakes Papierkram zu. Vielleicht war das nur der Wind gewesen... obwohl das Fenster geschlossen gewesen war... Ein Prickeln im Nacken gab mir das Gefühl beobachtet zu werden. Nein, ich würde nicht wie eine dieser Horrorfilmfiguren sein, die in solchen Situationen auch noch schrien: "Ist da jemand?" (Als ob der Mörder "Klar, ich bin in der Küche und mache mir ein Sandwich!" rufen würde).

Im Kreis der Elemente {Unüberarbeitete Fassung} Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt