Als sie mit ihrer Erklärung fertig war, herrschte für einen Moment lang Schweigen zwischen uns. Meine Augen erforschten neugierig ihr Gesicht. Sie wanderten ihren Hals entlang, streiften ihr spitzes Kinn und die kleinen Grübchen in ihren Wangen, und hielten erst inne, als sie ihre fanden. „Du bist einfach verschwunden", sagte ich zu ihr. „Nach unserem Gespräch, meine ich. Du warst wie vom Erdboden verschluckt. Ich dachte, dir wäre etwas zugestoßen."
„Tut mir leid, Paul. Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst. Es ist so viel geschehen in der letzten Zeit, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll." Ein schüchternes Lächeln huschte über Jaons Gesicht, während sie mich betrachtete. „Ich erinnere mich an unser Telefonat, als wäre es gestern gewesen. Doch in Wahrheit liegt es für mich ein Jahr in der Vergangenheit."
„Was soll das heißen?", fragte ich verwirrt. „Bist du etwa durch die Zeit gereist? Nur Miss Jones kann doch ..." Und plötzlich verstand ich. Von einem Moment auf den nächsten brach sich ein Chaos in meinen Gedanken bahn. Bilder und Momente wurden durch meinen Kopf gewirbelt. Es war wie ein Sturm aus Fragen, die sich alle zur gleichen Zeit aus meiner Kehle lösen wollten. Doch am Ende stand ich nur da, meine Hände in ihren verschlungen, und sagte: „Du bist ...?"
Joan nickte.
„Aber wie ist das möglich? Wie kannst du sie sein? Und warum sind wir uns bereits begegnet? Ich meine ... warum bin ich deinem anderen Ich begegnet?"
Joan drückte meine Hand etwas fester und zeigte auf einen Bildschirm, den ich bisher nicht wahrgenommen hatte. Darauf zu sehen war der Zug. Noch immer donnerte er über die Schienen, ein unaufhaltsames Geschoss, das die Landschaft durchpflügte. „Siehst du die Stadt am Horizont?", fragte sie mich. „In weniger als drei Minuten wird der Zug sie erreicht haben. Bereits ab einer Geschwindigkeit von 200 km/h wird er in der ersten Kurve entgleisen. Doch mittlerweile ist er drei Mal so schnell."
„Aber das bedeutet ja ... Das bedeutet sie werden alle ..." Mir wurde schlecht bei dem Gedanken. Ich spürte, wie mir der Schweiß auf die Stirn trat, begleitet von einer Hitze, die mir die Kehle austrocknete.
„Sie werden sterben, ja", sagte Joan und sprach damit aus, was ich befürchtet hatte.
Meine Beine schienen jede Kraft zu verlieren. Ich stolperte nach hinten, weg von dem Bild, dass sich für immer in mein Gedächtnis brennen würde. „Wie ist das nur möglich? Erst das Flugzeug ... und jetzt das? Was ist hier los?"
„Genau das versuche ich dir zu erklären", sagte Joan leise. „Es gibt da etwas, das ich dir unbedingt erzählen muss. Und ich weiß nicht, wie viel Zeit uns noch bleibt."
Mit großen Augen schaute ich sie an. „Was? Was ist es, dass du mir so dringend sagen musst?"
„Damals, als du Miss Jones das erste Mal begegnet bist", begann sie zu erzählen. „Hast du dich da nicht gefragt, warum ihr euch begegnet seid? Hast du dich nicht gefragt, was sie eigentlich will?"
„Doch ... schon."
„Und wie denkst du könnte die Antwort lauten?"
„Ich ... ich bin mir nicht sicher", sagte ich.
„Dann hör mir jetzt gut zu. Diese ganze Sache begann schon viel früher, als du dir vorstellen kannst. Diese anderen Versionen von uns ... wir waren ein Paar. Wir lernten uns kennen. Wir verliebten uns. Und schließlich, als wir älter waren, heirateten wir in einem kleinen Park in einem Vorort von Paris. Nur wenige Jahre später ...", Joan stockte einen Moment. Sie schien mit sich zu ringen, erzählte jedoch weiter. „Ein paar Jahre später, hatten wir einen Unfall. Ich habe überlebt. Zwar nur knapp, aber ich habe überlebt."
DU LIEST GERADE
Die seltsame Reise der außergewöhnlichen Miss Jones
Science-Fiction„Hey Nachbar. Freut mich dich zu sehen", rief plötzlich eine Stimme. Verwirrt blickte ich mich um. Meine Augen suchten, woher der Ruf gekommen war. Und dann sah ich sie, Miss Jones. Sie trat aus dem Loch - wo eigentlich eine Wand hätte sein sollen...