Miss Jones

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Der Sommer in diesem Jahr war unfassbar langweilig. Seit gut zwei Wochen herrschte das beste Wetter, das man sich nur wünschen konnte. Angenehme Temperaturen wurden begleitet von einem strahlenden Himmel in Azurblau. Und während sich die Menschen an irgendwelchen Seen tummelten oder in völlig überfüllten Parks Frisbee spielten, hockte ich mit einer verdammten Mandelentzündung im Bett und zockte ein Videospiel auf dem Smartphone.

„Shit. Schon wieder verloren", presste ich unter Halsschmerzen hervor und nahm einen Schluck Tee. Ich war neunzehn, besaß einen Hautton den man bestenfalls als Leichenblässe bezeichnen konnte und fühlte mich wie jemand der kurz vor der Rente stand. (Verzeiht mir, wenn ich die Dinge ein wenig zu dramatisch darstelle. Aber ich musste zusehen wie alle, die ich fälschlicherweise als meine Freunde betrachtete, den Spaß ihres Lebens hatten. Es stimmte. Ich musste wortwörtlich dabei zusehen. Denn täglich schickten sie mir Bilder und Videos von all den großartigen Sachen, die sie unternahmen. Echt mies.)

„Noch ne Runde?", ploppte eine Frage in meinem Chatfenster auf.

Da auch meine Zockerkumpel das herrliche Wetter für Aktivitäten außerhalb ihrer Keller nutzten, spielte ich gerade mit einem Typen, der sich JoAnDyLorean nannte. Ich kannte ihn schon eine ganze Weile, konnte aber noch immer nicht sagen, ob er Zwölf war oder vielleicht schon Vierundfünfzig. Aber da sonst niemand Zeit für mich hatte, begnügte ich mich eben mit ihm.

„Klar", tippte ich auf mein Display und lud ihn zum nächsten Match ein. Von zwölf Spielen hatten wir zehn verloren. Eigentlich ein guter Grund das Smartphone wegzulegen und etwas anderes zu machen. Aber erstens; ich wusste nicht was. Und zweitens; entwickelte ich in solchen Momenten eine zweifelhafte Motivation weiterzuspielen, um wenigstens eine Runde zu gewinnen. Es war die reinste Zeitverschwendung.

Während Andy und ich über die Zusammenstellung unseres Teams sprachen (sie war völliger Mist, nebenbei bemerkt) warteten wir weitere fünf Minuten, bis das Match endlich losging. Und als es schließlich so weit war, wurde mir schnell klar, dass eine Zusammenfassung an dieser Stelle absolut ausreichend ist. (Zusammenfassung: Erstens: Es war nicht meine Schuld! Zweitens: Erwartet niemals, dass Leute in Online-Games reflektiert über ihre eigenen Fehler nachdenken. Das wird nicht passieren und kann folglich als Naturgesetz betrachtet werden. Drittens: Wir haben verloren.)

Genervt sank ich zurück in mein Bett und kroch wieder unter die Decke. Mittlerweile hatte ich jede Lust am Spiel verloren, weshalb ich Andys Nachricht einfach ignorierte. (Ja, tut mir leid. Aber manchmal kann ich auch ein Arsch sein. Dabei mag ich den Typen sogar ... irgendwie).

Als ich das nächste Mal auf die Uhr schaute, war es bereits Halb Zwei. Die Sonne stand hoch am Himmel und strahlte durch einen schmalen Spalt in meinen Jalousien, wodurch mein Zimmer in ein merkwürdiges Licht getaucht wurde, schillernd gelb und grün gesprenkelt. Ich glaubte zu sehen, wie es Millimeter für Millimeter durch den Raum kroch. Und während die Sekunden verstrichen, merkte ich, wie langsam die Zeit verging, wenn man nicht wusste, was man mit ihr anfangen sollte. Etwa eine halbe Stunde verbrachte ich auf diese Art. Und auch wenn mein Körper es genoss, dass ich ihm diese Pause gönnte, langweilte ich mich zu Tode. Das war der Moment, in dem im Garten unserer Nachbarin irgendwas gewaltig schief ging.

Zu Beginn glaubte ich ein Zischen zu hören. Es war ein leises Geräusch, kaum mehr als das Surren des Windes, der träge über unserem Haus wehte. Nur einen Augenblick später jedoch, kam es zu einer Explosion, die mir den Atem aus den Lungen presste. Holz barst, Erde klatschte feucht und lehmig gegen meine Scheibe und ein Geruch stieg mir in die Nase wie ... wie ... Ich konnte nicht sagen was das war. Es roch süßlich-scharf und irgendwie chemisch. Auf jeden Fall roch es wie etwas, dass man besser nicht einatmen sollte.

Die seltsame Reise der außergewöhnlichen Miss JonesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt