Perfect - A Baerbeck Story

~perfect 6~

21.01.23

7:24

Robert stand angespannt vor seinem Schrank und betrachtete durch den Spiegel, die schlafende Frau in seinem Bett. Er konnte nicht mehr schlafen so gern er auch würde, aber seine Gedanken drehten sich im Kreis. Nach einer Stunde sinnlos die Decke anstarren hatte er endgültig genug. So lautlos wie möglich öffnete er den Schrank, der natürlich ausgerechnet heute ein Quietschen von sich geben musste.

Der nervöse Blick zu Annalena stellte sich als Fehlalarm heraus sie schlief tief und fest. Robert kramte nach seinen Laufsachen. Es war sicher 2 Jahre her, dass er an einem Samstagmorgen joggen gehen wollte, aber das war die einzige Chance seine Gedanken zu ordnen.

Er lief in den Flur, um sich die neuen Sneaker aus dem Schuhkarton zu schnappen, er musst ihr eine Nachricht hinterlassen. Verzweifelt stand er dort und starrte sich selbst an. Ohne Nachricht würde sie sonst etwas denken, er bückte sich, um sie Schuhe zu binden und entdeckte den Lippenstift der anscheinend aus Annalenas Tasche gefallen sein musste.

Vorsichtig ging er zurück in das Schlafzimmer kippte das Fenster an und deckte die friedlich schlafende Außenministerin wieder zu. Er hatte die zweite Decke natürlich wieder vergessen, aber die hatten sie ja nicht wirklich gebraucht. Schnell kritzelte er "Bin gleich wieder da" und ein Herz an den Spiegel und verließ die Wohnung.

Die kalte Januarluft empfing ihn und der erste tiefe Atemzug löste ihn aus seiner Trance. Endlich konnte er etwas ungestört sein, na ja so weit ihn die 2 BKA Beamten halt ließen. Er trabte los, verließ die Straße vor seiner Wohnung und lief die lange Allee entlang. Die Bäume zogen an ihm vorbei und seine Gedanken schweiften ab.

Annalena war wie ein Schmetterling, ein Schmetterling, der nicht die Farbe ihrer eigenen Flügel erkennen konnte. Annalena war perfekt, sie war alles, was er sich je erträumt hatte. Er sah ihre Farben, wie schön sie war, wie talentiert und mutig. Wie viel sie aufgegeben hatte, um jetzt an diesem Punkt angekommen zu sein. Und er würde jeden folgenden Tag nutzen, um ihr auch nur ein wenig davon zu zeigen.

Robert bog um die nächste Ecke und entdeckte die kleine französische Bäckerei. Zum Glück hatte er an seinen Geldbeutel gedacht und froh war er um die Pause auch. Flach atmend stand der alt gewordene Mann, mit einer Hand an die Wand gestemmt an der Hausecke und versuchte seinen Puls zu regulieren. So ein Sauerstoffzelt wäre jetzt wohl angebracht.

***

Annalena wurde durch die sanfte Musik geweckt, die durch die Wohnung schallte. Er hatte das Radio aufgedreht und tanzte durch die Küche. Neben Croissants hatte Robert auch eine Schachtel Macarons gekauft und drapierte diese jetzt auf den Tellern. Der kleine Esstisch hätte so wie er ausgestattet war in Paris stehen können, sogar Orangensaft hatte der Vizekanzler selbst gepresst.

Mit einem Grinsen im Gesicht drehte sich Annalena zu dem großen Wandschrank und entdeckte die Nachricht. Roberts Handschrift war noch nie die beste und den Lippenstift konnte sie jetzt vermutlich auch vergessen aber so etwas Süßes hatte sie schon lange nicht mehr gesehen.

Sie schlug die Decke zurück und schlüpfte aus dem Bett, bevor sie die Tasche, die auf einem Sessel stand ansteuerte. Es war ihr unangenehm gewesen, aber sie wollte nicht schon wieder im gleichen Outfit wie am Tag zuvor nach Hause fahren. Doch bevor sie den Reißverschluss öffnen konnte entdeckte sie das weiße Hemd, das sie Robert gestern vom Leib gerissen hatte und schlüpfte hinein. Sie beugte sich nach vorn, um die kleine Kommode zu erreichen und zog die erste Schublade auf.

Robert steuerte sein Badezimmer an und sammelte auf dem Weg die verstreuten Klamotten aus dem Flur ein. Annalena hatte sicher nichts dagegen, wenn ihr Bluse gleich mitgewaschen wurde. Nur sein Hemd blieb verschollen wahrscheinlich lag es im Schlafzimmer, aber noch wollte er die dort schlafende Frau nicht wecken. Gemeinsam mit seiner Wäsche der letzten Tage und den Laufsachen von heute startete er die Waschmaschine und sprang dann unter die Dusche.