9 - Von Kopf bis Fuß

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Die Zeit strich quälend langsam an Quincy vorbei. Noch langsamer als eine Schnecke.

Quincy fühlte sich hilflos und überflüssig.

Obwohl ihre Klausurenphase an der Uni zum Greifen nahe war, konnte sie sich nicht auf die Vorlesungsinhalte konzentrieren. Ständig wanderten ihre Gedanken zu dem magischen Taxi, ihrem Schicksal und den Edwards-Geschwistern.

Es war jetzt fast eine Woche her, als das Taxi Isla und sie vor dem städtischen Krankenhaus abgesetzt hatte. Seitdem war das leuchtende Fahrzeug nicht mehr aufgetaucht.

Natürlich hatte Quincy für ein paar Sekunden die Hoffnung gehabt, ihr Schicksal erfüllt zu haben, doch das konnte sie beim besten Willen nicht glauben. Tief in ihrem Herzen spürte sie, dass ihre Reise mit Isla und Dale noch nicht zu Ende war.

Der schrille Klingelton ihres Handys, der einer Alarmanlage Konkurrenz leistete, riss Quincy aus ihren Gedanken. Sie saß an ihrem Schreibtisch und versuchte vergeblich, für ihre Klausuren zu lernen. Da sowieso nichts in ihrem Kopf hängenbleiben wollte, kam ihr die Ablenkung ganz recht.

Auf ihrem Handydisplay leuchtete Dales Name auf.

Sofort verdreifachte sich Quincys Herzschlag und Stromstöße der Nervosität wurden durch ihren Körper gepumpt.

Rief Dale wegen des Taxis an?

Tatsächlich hatten Quincy und Dale in den vergangenen Tagen viel auf WhatsApp miteinander geschrieben und zwischendurch sogar telefoniert. Die meiste Zeit hatten sie sich natürlich über das Taxi unterhalten, doch ab und zu hatten sie auch über Privates gesprochen und sich besser kennengelernt.

Quincy wusste, dass es noch zu früh dafür war, doch jedes Mal, wenn Dales Name auf ihrem Bildschirm aufflackerte, wurde ihr Herz in einen warmen Mantel aus Geborgenheit gefüllt.

Quincy mochte Dale. Sehr sogar. Vielleicht sogar mehr, als sie sollte.

Bevor sich Quincy in den Spinnennetzen ihrer Gedanken verlieren konnte, nahm sie schnell Dales Anruf entgegen. „Hey Dale", begrüßte sie ihn aufgeregt. „Alles klar bei dir?"

Am anderen Ende der Leitung war das Rauschen von vorbeihuschenden Autos zu hören. Ein paar Sekunden verstrichen, bis sich Dale schließlich zu Wort meldete. „Hey Quincy. Isla und ich haben vor etwa einer Stunde das Taxi gesehen. Wir sind eingestiegen und wurden vor Islas Kinderarztpraxis abgesetzt."

Quincy runzelte misstrauisch die Stirn. Erst das Krankenhaus und jetzt eine Arztpraxis? Irgendwie klang das gar nicht gut.

Sie versuchte, sich ihre Angst nicht anmerken zu lassen, als sie Dale fragte: „Und? Seid ihr reingegangen? Was haben die Ärzte gesagt? Habt ihr etwas über unser Schicksal rausgefunden?"

„Nein, die Praxis hat Mittwochnachmittags immer geschlossen", antwortete Dale. „Ich verstehe einfach nicht, was uns das Taxi damit sagen möchte."

Quincy konnte sich lebhaft vorstellen, wie sich Dale nun die Haare raufte und ein Schleier der Verzweiflung sein hübsches Gesicht umhüllte.

„Ich weiß es ehrlich gesagt auch nicht", gab Quincy kleinlaut zu. „Wenn das für dich okay ist, würde ich mal mit meinem besten Freund sprechen und ihn um Rat fragen. Manchmal hat er echt gute Einfälle und Ideen."

„Klar, mach das." Dale zögerte keine einzige Sekunde. Obwohl er Miles nur flüchtig von seinem spontanen Abendbesuch kannte, schien er ihm und seiner Hilfe in gewisser Weise zu vertrauen. „Danke, Quincy!"

„Gerne. Ich melde mich dann später nochmal bei dir."

„Bis dann! Und pass auf dich auf!"

Ein glückliches Lächeln breitete sich auf Quincys Lippen aus. Es waren diese Kleinigkeiten, wie ein „Pass auf dich auf!", die die größte Bedeutung für Quincy hatten. So wusste sie nämlich, dass sie Dale trotz ihrer Startschwierigkeiten nicht egal war.

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