Ich bin seit meiner Konfirmation so ziemlich jeden Sonntag in der Kirche. Als meine Uroma gestorben ist, war mir klar, dass die Kirche ein teil davon war, warum sie so ein gutes, erfolgreiches und unkompliziertes Leben leben konnte. Ich habe immer darauf gehofft, dass mir irgendwann ein Junge begegnen würde der so denkt und lebt wie ich. Und ich glaube das ist heute passiert! Ich war wie immer in der Kirche. Nach dem Gottesdienst war im Gemeindehaus nebenan noch eine kirchliche Veranstaltung an der ich selbstverständlich auch teilnahm. Mir ist sofort der Junge aufgefallen der am Tisch saß und in seinen Roman versunken war. Hin und wieder nahm er sich ein Stück seines Gebäcks vom Teller und aß es. Ich schätze ihn auf 17 Jahre, was gut passte da ich 16 war. Er war ca. 1,80 Meter groß - 10 cm größer als ich. Doch wie immer war ich zu schüchtern um ihn anzusprechen. Als alle gegangen sind half ich noch mit aufräumen. „Kann man noch irgendwie helfen?", fragte eine angenehme Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und sah ihm das erste mal richtig ins Gesicht. Er war es. Ich sah in seine Schokoladenbraunen Augen und konnte meinen Blick nicht mehr abwenden. Sein mittellanges braunes Haar fiel ihm leicht ins Gesicht. Er lächelte und fragte nochmal. Verwirrt sagte ich: „wie bitte?" Er wiederholte seine Frage ein drittes mal, sein süßes lächeln verwandelte sich in ein freundliches und zufriedenes grinsen. Ich nickte und zeigte ihm wo das ganze Geschirr hin gehörte. Ich schaute auf meine Uhr. Shit! Schon so spät. Ich musste doch jetzt Babysitten. „Es tut mir so leid, ich hab ganz vergessen wie viel Uhr es ist. Ich muss leider los", sagte ich bedauernd. Er meinte, dass es nicht so schlimm wäre und er noch den Rest aufräumt. Ich bedankte mich und ging schnell los. Am Abend saß ich im Bett und dachte nach. Ich wusste noch nicht einmal seinen Namen. Doch er ging mir einfach nicht aus dem Kopf. Wie er vor mir stand und mich lieb anlächelte. Ich ärgerte mich. Wieso hatte ich nicht einfach nach seinem Namen und der Handynummer gefragt? Ich ging hier zur Schule und engagierte mich sonst auch sehr viel in der Gemeinde, doch hatte ihn noch nie hier in unserer Stadt gesehen. Ob er neu hergezogen war? Was wenn er zu uns auf die Schule kam? In meine Klasse wäre zu unwahrscheinlich. Ich beschloss das morgen in der Schule mit meiner besten Freundin Lisa zu besprechen. Am nächsten morgen stand ich extra früh auf um noch meine Haare zu waschen und zeit hatte mich schön zu machen. Es könnte ja sein, dass er wirklich auf meine Schule ging. Ich zog mich an suchte mir den schönsten Schmuck raus. Packte mein Ipad in meine Tasche und ging zur Bushaltestelle. Dort sah ich auch schon Lisa. Wir umarmten uns, ich konnte mich nicht mehr zusammenreißen und redete los. Lisa hörte mir gespannt zu. Sie hatte im Gegensatz zu mir schon viele Freunde. Sie war der festen Überzeugung, dass das gestern Liebe auf den ersten Blick war und wir ihn unbedingt finden mussten. Im Unterricht wurden wir einige male ermahnt, weil wir die ganze Zeit überlegten wie wir ihn finden können. Als es klingelte sprangen wir beide auf und beeilten uns raus auf den Schul- Campus zu kommen. „Sag mir Bescheid wenn du ihn siehst", meinte Lisa und lächelte mich vielversprechend an. Wir liefen ein bisschen herum. Auf einmal sah ich ihn. Er kam uns entgegen. Als er auf unserer Höhe war, blieb er stehen und lächelte mich an. „Hey", sagte er. „Hi", erwiderte ich verlegen. Lisa zwinkerte mir zu ging weiter und ließ mich alleine mit ihm stehen. Ich fragte ihn: „Du bist neu hier oder?, Ich hab dich noch nie in der Stadt gesehen" er nickte: „Ja, wir sind vor einer Woche hergezogen." „Ich kann dir nach der 6. Stunde ein bisschen die Stadt zeigen wenn du möchtest",bat ich ihm an, „Achso, ich heiße Lena" „Ja, gerne, ich heiße Noah". Wir verabredeten uns nach der 6. Stunde in unserer Schulmensa. Als Lisa und ich uns im Klassenzimmer wieder trafen war sie ganz gespannt und aufgeregt. Sie wusste, dass ich mich das normalerweise nicht traute. Normalerweise hasste ich Chemie und Französisch doch heute ging es erschreckend schnell vorbei. „Viel Glück, das wird schon", sagte Lisa zu mir als wir uns nach dem Unterricht trennten. Ich ging in die Mensa und setzte mich an einen freien Tisch. Ein paar Minuten später sah ich Noah durch die große Tür, welche Mensa und Schulgebäude trennten, gehen. Er kam zu mir und ich spürte ein ungewohntes Gefühl in meinem Bauch. Es fühlte sich an als würden tausend Schmetterlinge darin herumschwirren, mein Herz klopfte laut gegen meine Brust. Es war ein schönes Gefühl. Ich stand auf und fragte ihn ob wir ein bisschen durch die Stadt laufen wollen. Er war einverstanden, also entfernten wir uns etwas von der Stadtmitte. Es wurde leiser um uns. Ich erzählte über die Entstehung unserer Stadt, die Veranstaltungen und meinen Lieblingsplätzen. „Können wir zu einem deiner Lieblingsplätze gehen?", fragte er leise. Ich nickte. Eigentlich öffnete ich mich nicht so schnell, aber bei ihm hatte ich das Gefühl ich würde ihn schon ewig kennen. Irgendwann sagte ich: „Jetzt erzähl mal ein bisschen von dir". Das tat er. Er erzählte, dass sich seine Eltern getrennt hatten und er nun mit seiner Mutter in der Nähe von den Feldern wohnte. Ich fragte nach wo genau er hingezogen war, da ich auch in der Gegend wohnte. Er sagte mir die Adresse, verwundert stellte ich fest, dass unsere Häuser nur drei Straßen auseinander standen. Als wir auf der kleinen Brücke standen die über einen wunderschönen kleinen Bach gebaut wurde schaute ich ihn erwartend an. „Hier sind wir", sagte ich bedächtig. Er erwiderte ruhig: „Das ist echt wunderschön" Wir genossen einen Moment die Ruhe und Sicherheit die uns dieser Ort gab. Oder war es die Tatsache, dass er bei mir war das ich mich so sicher und wohl fühlte? Nach ein paar Minuten gingen wir weiter. Er erzählte viel von sich und auch ich öffnete mich immer mehr. Wir hatten viel Spaß zusammen, lachten viel, redeten aber auch über manch nicht so schöne Sachen. Ich fragte ihn ob er jeden Sonntag in die Kirche ging. „Klar, die Kirche ist meine zweite Heimat. Ich weiß es ist nicht selbstverständlich für eine 17 jährigen, jede Woche in die Kirche zu gehen, aber für mich ist es einfach jedes mal etwas besonderes." antwortete er. Ich sah ihn an. Das ist genau das was die Kirche für mich war. Mir kam kurz der Gedanke, dass wir füreinander bestimmt waren doch ich verdrängte ihn. Ich möchte nichts überstürzen. Er fragte ob wir am nächsten Sonntag zusammen in die Kirche gehen wollen. Ich sagte, dass ich das gerne machen würde. Als wir vor seinem Haus standen, sahen wir uns an. „Könnte ich vielleicht deine Nummer haben, das war heute echt schön", fragte er schüchtern und wurde etwas rot. Lächelnd gab ich ihm meine Nummer. Wir verabschiedeten uns, gerade als ich mich umdrehen und gehen wollte hörte ich ihn sagen: „Lena, warte" „Ja?", fragte ich. Er kam einen Schritt näher und umarmte mich. Das Gefühl aus der Mensa kam wieder. „Jetzt kannst du gehen", sagte er, „Ciao". „Tschüss", erwiderte ich. Mit einem großem Lächeln im Gesicht wand ich mich um und ging nachhause. Die nächsten Tage in der Schule waren viel schöner als sonst. Jede Pause sahen wir uns, redeten kurz. Es war erstaunlich wie leicht er mich zum Lachen bringen und meine Laune gut machen kann. Am Donnerstag als wir wieder in den Unterricht gegangen sind meinte Lisa: „Lena, ich glaube du bist richtig verliebt" Der Satz ging mir die nächsten Tage einfach nicht aus dem Kopf. Ich wollte einfach nur noch, dass es schnell Sonntag wurde. Am Samstag als ich gerade ins Bett gehen wollte bekam ich eine Nachricht: "Hey, wann ist morgen eigentlich der Gottesdienst? N" Oh mein Gott! Er hatte mir geschrieben. "10:30 Uhr" Antwortete ich "Okay, danke. Wollen wir uns danach treffen?" "Ja, gerne" Ich schrieb sofort Lisa. Die freute sich für mich und wünschte mir viel Spaß. War das jetzt ein Date? Ich beschloss schnell zu schlafen um morgen nicht mit Augenringen unter den Augen in den Gottesdienst zu gehen. Als ich am nächsten Morgen aufwachte sah ich eine Nachricht von Lisa auf meinem Handy "Lena, bitte mach was draus. Ich hab gesehen wie ihr euch anschaut. Ihr seid füreinander bestimmt. Vertrau mir!" Ich musste lächeln. „Ja mal sehen", dachte ich mir. Ich will einfach nichts überstürzen und möglicherweise fühlte er ja auch gar nicht so wie ich. Ich machte mich fertig, packte meine Tasche und ging los. Als ich ein paar Schritte gegangen war hörte ich eine Stimme hinter mir rufen. „Lena!" Ich dreht mich um. Noah stand am Ende der Straße und joggte auf mich zu. Er begrüßte und umarmte mich. Dann gingen wir zusammen zum Gottesdienst. Danach bat mir Noah an noch ein bisschen spazieren zu gehen und uns dann in ein kleines Café zu setzen. Also gingen wir zu der Brücke die ich ihm vor sechs Tagen gezeigt hatte. Ich merkte wie kalt mir war und ich zitterte. Vielleicht hätte ich doch eine wärmere Jacke anziehen sollen. Noah merkte das anscheinend er legte seine Hände auf meine Schultern zog mir meine Jacke vorsichtig aus und gab mir seine. Die Jacke von ihm war warm und roch markant und doch süß. Da viel mir auf wie sehr er in diesen sechs Tagen aufgegangen war. Als ich ihn das erste mal sah war er noch ganz schüchtern und zurückhaltend doch jetzt lacht er soviel mit mir und redete über alles mögliche. Jetzt standen wir da. Er sah aufs Wasser und ich sah zu ihm. Seine Haare fielen ihm wie immer leicht ins Gesicht, ich sah seine Muskeln unter dem Hoodie den er trug und seine Augen waren so verzaubert von dem Ort. Er sah mich an. „Alles okay?", fragte er „Ja alles ist perfekt", antwortete ich. Er lächelte. Bei den meisten Menschen ist es nach einer gewissen Zeit unangenehm wenn man sich so lange in die Augen sieht. Doch bei Noah war das ganz anders. Er schaute mich so ruhig an. Ich sah jeden kleinen goldenen Streifen den das Schokoladenbraun seiner Augen zierte. Er brach das Schweigen: „Lena, normalerweise sag ich sowas nicht so schnell, aber das hier ist besonders. Ich könnte dich ewig anschauen. Du bist so unfassbar schön. Ich kann mit dir über alles reden, obwohl wir uns erst eine Woche kennen. Ich hab mich sofort wohl gefühlt als ich mit dir das erste mal geredet habe. Ich weiß das kommt jetzt echt direkt und schnell, aber ich liebe dich. Ich würde ja sagen ich glaube es nur. Aber ich bin mir sicher. Du gehst mir einfach nicht mehr aus dem Kopf" Ich war sprachlos. Es war das passiert was ich mir erhofft habe. „Ich liebe dich auch", sagte ich nur. Noah lächelte. Dann ging er einen Schritt auf mich zu, strich mir eine Haarsträhne hinter mein Ohr und legte leicht und vorsichtig eine Hand an meine Taille. Wir kamen uns immer näher. Ich schaute ihm in seine wunderschönen Augen bis seine Lippen meine berührten. Wir versunken in einem langen und sanften Kuss. Als wir uns wieder voneinander lösen sagte Noah: „Wow, Ich weiß es ist schnell aber ich kann einfach nicht anders als dich zu fragen ob du meine Freundin sein möchtest" Ich überlegte nicht lange „Ja! Ich hab noch nie so einen tollen Menschen wie dich getroffen. Ich liebe dich" Dann küsste er mich nochmal und ich genoss es.Wir beschlossen jetzt zu dem Café zu gehen. Dort angekommen bestellten wir uns was zu trinken. Ich überlegte ob ich ihm sagen sollte, dass ich noch zuvor einen Freund hatte damit er weiß, dass ich in solchen Sachen nicht geübt bin. „Ich muss dir noch was erzählen", sagte ich mutig , „Ich hatte noch nie einen Freund das vorhin war mein erster Kuss und ich habe keine Ahnung wie das alles läuft" „Alles gut, ich hatte tatsächlich auch noch nie eine Freundin. Das hat sich aber nicht nach deinem ersten Kuss angefühlt." Ich wurde rot und lächelte. Ein Glück, also sind wir auf dem selben Stand. Es wird nichts zu schnell gehen und wir werden uns beide wohl fühlen. „Du musst mir nur eins versprechen.", sagte Noah , „Auch wenn ich auch sehr vorsichtig bin und das alles langsam angehen werde musst du sagen wenn dir etwas zu schnell geht. Das wird dann kein Problem sein, dann warten wir noch okay? Das einzige was ich möchte ist, dass du dich zu jeder Zeit in der wir zusammen sind wohl fühlst." „Ja, danke", erwiderte ich beruhigt.