Kapitel 1: Transmigration

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Am nächsten Tag öffnete ich meine Augen zaghaft. Und misstrauisch. »Warum hat der Wecker nicht geklingelt?« Es war Werktags, das heißt ich musste in die Schule. »Aber wenn ich den Wecker nicht gehört hab' und es schon so hell ist, heißt das ja...« „Sch***e! Ich hab verschlafen!" Ich wühlte mich hektisch aus der Decke, sprang auf und... blieb verdattert stehen.

Das hier war nicht mein kleines kompaktes Zimmer. Im Gegenteil, es war geräumig. In einer Ecke standen eine Griffbrettzither, ein Ehru und ein Tisch mit einer Bambusdizi, also einer Querflöte, darauf ebenso wie Notenblätter und eine Leier. Eindeutig das Zimmer eines Musikers, oder zumindest eines Musik-begeisterten. Am Schrank hing auf etwas Bügelähnlichem eine weiß-schwarze Robe, wie sie die Kultivierenden aus Mo Dao Zu Shi immer trugen. An den Schrank grenzte ein großes Regal an mit vielen Büchern darin. Eigentlich war es doch nicht so groß wie der erste Eindruck mir von dem Zimmer versprochen hat. Aber weiter umsehen konnte ich mich vorerst nicht, denn eine schlanke Frau öffnete beschwingt die Tür zu diesem Raum. „Huangyan, beeil dich doch bitte ein wenig. Das Frühstück ist fast beendet, du hast dich noch nicht umgezogen und dein Vater und ich möchten dich den letzten Tag den du noch hier bist ordentlich vorbereiten." „Uh, ja klar. Ich mach schnell." Etwas zögerlich schob sie die Tür wieder zu. „Huangyan hat sie mich genannt, huh? Das ist eindeutig Chinesisch. Den Instrumenten dort und der Kleidung zu Folge bin ich also in China... im alten China um genau zu sein... ich sollte meine Sprache und Umgangsweise anpassen.", murmelte ich bei mir, während ich in die Ärmel des Oberteils schlüpfte. „Genug Isekai-Mangas habe ich ja gelesen, also sollte das passen." Danke an "The Untamed". Ohne solche Serien wäre ich jetzt wohl tot. Naja, eigentlich habe ich bisher eigentlich so oder so immer nur das selbe gesehen: „"The Untamed" ist "Mo Dao Zu Shi", und das wiederum ist "The Grandmaster of Demonic Cultivation". Alles ist das selbe... hoffentlich reicht das aus, um hier zu überleben.", stellte ich bei mir fest, so das niemand es hören könnte. Das Huangyan aber der Name meines eigenen Charakters war, fiel mir nicht auf; ich war zu nervös. An einer Wand entdecke ich einen Spiegel. Ich lief vorsichtig zu ihm hin. »Meine Stimme war die selbe also müsste ich ja immer noch ich sein.«, dachte ich unkomplizierter Weise und blickte furchtlos meinem Spiegelbild entgegen. Aber ich zuckte zusammen als ich das makellose Gesicht meiner eigens gezeichneten Figur erkannte. Aber eine Schocksekunde später war alle Ungläubigkeit wie weg geblasen; und ich dachte ich käme gut klar... Zufrieden grinsend betrachtete ich das hübsche Mädchen das mir zurück grinste. Ich hatte sie wirklich nahezu perfekt getroffen. Jedenfalls so perfekt wie ein Mädchen sein sollte, wenn sie sich im Laufe der Geschichte noch als Junge ausgeben soll. Ich band die Robe an meinem Körper zusammen und grinste. Ich hatte solche Kleidung schon immer geliebt und jetzt konnte ich sie ganz ohne Anlass anziehen. Mir mit dem weißen Haarband einen Zopf machend stolzierte ich aus der Tür. Im schmalen Flur lachte mir wieder ein Spiegel entgegen. Nachdenklich blickte ich hinein: »Mmn... so kann ich denke ich als Junge durchgehen.« ich wand mich vom Wandglas ab und lief die Diele hinab »Immerhin ist das das Herzstück meiner Story.«

Im größten aller Räume stand ein niedriger Tisch, gedeckt mit traditionellem, fernöstlichem Frühstück. Die Frau von eben und ein mit dem Rücken zu mir gewandter Mann saßen daran. Die Dame war dann wohl Huangyan's Mutter. Über sie hatte ich mir noch nie Gedankten gemacht wie sie aussehen könnte; diese Entscheidung wurde mir wohl somit abgenommen. Aber der Mann... ich wusste eindeutig wer es war: Xiao Xingchen. Er müsste nach meiner Schätzung jetzt so um die 35 sein. Ich war immer noch 16, also steht "meine" geplante Kultivierungsreise kurz bevor. Xiao Huangyan's Vater, hier Xingchen, hat sie darauf ausgebildet. Zumindest ist das das was ich mir ausgedacht habe... Es ist nicht ganz so einfach einen Charakter zu entwerfen, dessen Vater kurzfristig ausgewählt wurde, nur weil man einen halben Artikel über ihn gelesen hatte...
„Huangyan, du bist wach. Setz dich doch und iss mit uns.", sagte Xingchen mit ruhiger Stimme. Ich nickte stumm und setzte mich schnell ihm gegenüber. Für einen Traum ist das hier wahrlich realistisch. Fast wie in einem Anime. Wenn ich gerade so darüber nachdenke... es beginnt immer damit, das der Protagonist denkt es sei ein Traum »So viel zum Thema Isekai-Manga.« „Huangyan?", nannte mein "Vater" meinen Namen und ich schaute auf. Seine sanft zu einem Lächeln gezogenen Mundwinkel hatten sich ein wenig herabgesenkt. Er schien besorgt. „Ja?" „Stimmt etwas nicht?", fragte er und ich schüttelte schnell den Kopf. Ich stellte fest, das ich mir noch gar nichts zu essen auf den Teller gelegt hatte und griff schnell nach den Stäbchen um es nachzuholen. Xiao Xingchen seufzte auf: „Und ich dachte bereits dein Appetit sei über Nacht verschwunden." „Unsinn.", wank ich ab und stopfte mir ein Stück Lachs in meinen Mund; im folgte ein Klumpen Reis. „Die Robe steht dir wirklich sehr gut, Huangyan.", sagte meine nun-Mutter, ich antwortete aber nur ein: „Danke." Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen wie sie seufzte, ihre Schüssel abstellte und ihre Hände in ihren Schoß legte. Sie sah mich an: „Huangyan-Schätzchen, was ist los? Du benimmst dich seltsam." ich stoppte in der Bewegung und dachte schnell nach. Natürlich war es nur noch eine Frage der Zeit bis sie mitbekommen würden, das ich nicht ihre Tochter bin. Unpraktischer Weise hatte ich ihren Charakter als das fast genaue Gegenteil gestaltet; zumindest was Gesprächigkeit angeht. Sie würde überall wo kein Thema existiert eins einbringen und sich aus bereits bestehen Gesprächen heraushalten. Doch mir fiel trotzdem eine Möglichkeit ein wie ich mich retten könnte. Sofort ließ ich meinen Schauspielkünsten freien Lauf: „Ich... mich belastet der Gedanke, das ihr nicht mehr um mich sein werdet... es macht mich traurig..." Ich hielt eine Pause und machte dann meinen Tränen Platz; natürlich waren sie gefälscht. Aber im Theaterkurs hatte ich die besten Weinszenen von allen, also machte ich mir keine Sorgen darum. „Oh, Huangyan. Sei nicht traurig, bitte. Du gehst doch nicht alleine nach Gusu, das weißt du.", meinte Xingchen wieder sanft und legte seine Hände väterlich um meine. Ich schaute auf. Mit ruhiger Ausstrahlung sah er mich an und Mama meldete sich zu Wort: „Und auch ich bin nicht aus der Welt. Sorge dich nicht, das müssen wir schon zur genüge um dich, du Draufgängerin." Auch sie lächelte. Zufrieden mit meiner Arbeit Huangyan eine friedliche Familie zu geben tat ich es ihnen gleich und aß meine Schale aus. Ich hatte schon überlegt ob ich meinen Main-Character in der Wen-Clan stecke, doch nun bin ich froh es nicht getan zu haben. Viel zu viel Stress und Drama im Nachhinein mit Wei und den Anderen.

Danmei, but you know the plot Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt