Kapitel 12: Trautes Heim, Glück allein

28 6 1
                                    

Knapp glitt ich über den Baumwipfeln hinweg, als die Mittagssonne bereits hoch stand. Ich beschloss eine kurze Rast einzulegen und mir den Proviant von Yanli einzuverleiben. Schnell landete ich auf dem schattigen Waldboden und kramte in meinem Ärmel nach der Schachtel. Selbstverständlich konnte sie mir nicht ihre fabelhafte Suppe mitgeben, aber stattdessen ihr zweit bestes Gericht:  Rindfleisch mit Lauchzwiebeln und Reis. Keiner der YunmengJiang-Schüler weiß bis heute welche Gewürze sie an das Fleisch machte das es so nice schmeckt, aber einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul wie ich zu sagen pflege.

Da ich alleine reiste machte ich mir auch nichts mehr aus meiner Vorsicht vor Selbstgesprächen und brabbelte einfach drauf los: „Mmh~ Dieses Essen ist wirklich himmlisch! Ob sie gerade wohl wieder kocht? Müsste doch schon gegen eins sein, oder?" Langsam kaute ich aus „Aber was könnte wohl ein Präsent sein das den Wens gefällt. Ohne aufzutauchen währe ganz schon blöd, die wollen Safe eins. Ich meine, was mag ein Ruohan oder ein Wen Chao schon? Ganz zu schweigen von Wen Xu, von dem man kaum was mitgekriegt hat?" Ich kaute weiter „Vielleicht ja ein Gedicht. Sie lieben es doch wenn man sie in den Himmel lobt, wo sie als Sonne angeblich hingehören? Nah, aber stehen die überhaupt auf so Poesie Kram?"

Nachdem ich mir weiterhin über den Wen Clan den Kopf zerbrochen hatte und Yanlis Speise nun doch alles in einem Haps aufgegessen hatte verstaute ich die Dose wieder und betrachtete die Umgebung. Der Wald hatte sich gelichtet und glänzende Reisfelder erstreckten sich links und rechts von mir. Ein Ochsenkarren knarzte hinter mir und ich ging ein paar Schritte zur Seite. Der Mann auf dem Kutschbock grüßte mich: „Guten Tag, Taoist. Wohin des Weges?" Überrascht blinzelte ich und schaute in sein Gesicht, das zwar von einem Strohhut geschützt war aber dennoch zusammengekniffene Augen besaß. Schnell antwortete ich: „Nach Qishan in die Nachtlose Stadt." Als hätte er bei den ersten Wörtern meine Stimme erkannt blinzelte er und ließ den Reishalm aus seinem Mund fallen. Er stutze und grinste dann breit: „Huangyan! Du bist es wirklich! Los Steig auf, dein Vater ist vor zwei Tagen ebenfalls zurückgekehrt." Ich lachte ebenfalls und tat wie mir geheißen. Allerdings hatte ich ein Problem: »Bruder, ich hab keinen Plan wer du bist?! Das ist... beunruhigend. Und ich weiß nicht mal wo ich bin.« Der Bauer berichtete mir von Xiao Xingchen, der einen Freund mit in den Ort gebracht hatte und sie gemeinsam zum schneeweißen Pavillon weiterziehen wollen. »Schneeweißer Pavillon Huh? Irgendwie kommt mir das bekannt vor, aber so wirklich Ahnung was das sein soll hab ich nicht nicht...«

Wenig später kreuzten wir im Städtchen auf. »Shuangyue« stand auf dem Ortsschild, »Das sollte ich mir merken.« Zudem stellte sich heraus das Shuangyue eine Grenzortschaft von Qishan und Yunmeng ist. Wie also hätte ich Xichen beantworten sollen woher ich komme wenn es eine Grenzstadt ist? »Alleine das ich mich daran noch erinnere...« Plötzlich hielt der Wagen an. „Die restlichen Meter den Hügel hinauf kannst du selber laufen oder?", fragte er rhetorisch aber ich antwortete dennoch: „Nein! Wie könnte ich je meine Füße selbst bewegen. Ich stehe schließlich über dem Pöbel! So möge er mich tragen!" Er lachte über meine Anweisung und ich ebenso. Ich war aber insgeheim einfach nur froh das er es lustig fand, was ich in meinem ironischen Ton zu ihm sagte. Aber er hatte recht, den Abhang musste ich selbst erklimmen.

Keine zwei Minuten stand ich oben und, auch wenn ich es niemals zugeben würde, atmete ein wenig schwer. Ich zog kurz am Faden der Türglocke. Von drinnen ertönte eine sanfte und weibliche Stimme: „Seid ihr schon wieder da?" Dann wurde mir die Pforte geöffnet. „Da bin ich wieder...", erwiderte ich unbeholfen auf ihren überraschten Gesichtsausdruck. Mit offenem Mund stand sie vor mir, scheinbar viel kleiner als das letzte mal als wir uns sahen. Keinen Moment lang schauten wir uns nur in die Augen, sie in meine grünen, ich in ihre dunkelgrauen, bis sie mich schließlich fest in ihre Arme schloss.

„Es ist, als sei die Zeit einfach nur an mir vorbei geflogen.", murmelte sie, dann löste sie sich wieder und wir gingen hinein. „Wie viel Zeit ist vergangen? Zwei Jahre oder?", fragte die junge Frau und setzte Tee auf. Ich bestätigte ihre Vermutung: „Ja richtig, ein Jahr Gusu, ein Jahr Yunmeng. Ich werde aber leider nicht lange hier bleiben. Ich muss bald weiter nach Qishan." Etwas enttäuscht setzte sich Huangyan's Mutter zu mir an den Tisch. „Wie geht es dir?", fragte ich fürsorglich. »Wie furchtbar muss es für eine Frau sein, wenn Kind und Mann für so lange Zeit außer Haus sind? Bestimmt ist es anstrengend.« Mit einem Mal begann ich mich schlecht zu fühlen: „Es tut mir leid. Ich hätte mehr Briefe schreiben sollen, mich öfter melden können." „Nein nein,", stritt sie sofort ab und kleine Lachfältchen zeichneten sich unter ihren Augen ab „Mir geht es gut. Die Nachbarn sind ja auch noch da und-" Schnell unterbrach ich sie und nahm ihr Gesicht in meine Hände: „Ich möchte nicht das es dir schlecht geht! Wisse immer, das Vater und ich für dich da sind, Mutter! Ich würde für dein Wohl alles stehen und liegen lassen!" Weichmütig sah sie mich an: „Nur zwei Jahre und so viel hat sich verändert. Ich erkenne dich gar nicht wieder. Habe ich so viel verpasst? Bevor du gingst warst du so kindisch und unbeholfen und nun? Du wirst erwachsen. Die Clans sind wirklich gut in dem was sie tun... sie erziehen dich zu einer stattlichen Kultivierenden heran." Ich war kurz irritiert, bis ich mich erinnerte das ich ja eigentlich ein Mädchen bin. Ich hatte mich beinahe schon so sehr in diese Jungsrolle eingefügt, das ich fast vergas wer ich ursprünglich war. Ein weiblicher Mensch aus der Neuzeit, der hier immer noch aus unbekannten Gründen ist... »Ich finde mich hier wirklich schnell ein... wie waren noch einmal die Stimmen meiner Freunde... Alea und Julia...« Ich dachte kaum noch an sie oder das was es in der Gegenwart gibt. Die Sachen die ich zu Anfang vermisste waren nun beinahe kaum noch etwas wert... Aber wer sollte auch wissen ob ich je zurückkehren werde. Die namenlose Mutter Xiao Huangyan's ist wie ein Ruhepol. Kaum das ich ihr begegne scheine ich mich wieder auf das wesentliche zu berufen. Dann läutete es erneut. „Das sind sie bestimmt.", lachte die mir gegenüber sitzende Frau und holte mich zurück ins Jetzt. Sie sprang auf und ihre weiß-schwarzen Kleider wehten ihr nach. Die grüne Schärpe die sie um ihre Arme geschlungen hatte rutschte von ihrer Schulter in ihre Armbeuge. Eilig stand auch auf ich und folgte ihr zur Tür. Vor ihr, das erkannte ich bereits durch das leicht transparente Material, befanden sich eine Hell- und eine Dunkelgekleidete Person. Freudig schob Mutter das Portal offen und begrüßte sie: „Es freut mich das ihr so früh zurück seid. Wir haben sogar noch einem vorübergehenden Gast." Lachend zwinkerte sie mir zu und ich grinste zurück. Die Frau trat bei Seite und ließ Xiao Xingchen und seinen Freund eintreten.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 26, 2023 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Danmei, but you know the plot Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt