Kapitel 7

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Kapitel 7

Rachel's P.o.V.

"Megan, wach auf! Ich muss dir etwas erzählen." Stöhnend drehte sie sich um. "Nur noch ein paar Minuten, Tante Rachel ..." "Nein. Steh auf. Los." Verwirrt sah sie mich an. In so einem Ton hatte ich noch nie mit ihr gesprochen. "Na gut." Sie gähnte und streckte sich, dann humpelte sie zum Sessel. Ich kniete mich vor ihr hin und strich ihr durch die braunen Haare.

"Vor sechzehn Jahren waren Ruby und ich schwanger. Damals war sie schon sehr berühmt. Ich lebte in ihrer Nähe, in New York. Eines Tages war es soweit, ich habe mein Baby bekommen. Ruby hat meine Tochter sehr geliebt, und als sie uns so sah, wurde sie eifersüchtig. Sie war immer das Kind gewesen, das von unseren Eltern alles bekommen hatte was sie wollte. Und als ihr Baby dann geboren wurde ... Die Ärzte konnten es nicht retten. Es wurde drei Tage alt, dann starb es auf der Intensivstation. Ruby war ... zerstört. Sie sprach nicht mehr mit mir, und so kam es, dass wir Fremde wurden. Wir waren jetzt keine Schwestern mehr. Ihr Kind war tot, meins lebte. Und eines Tages war sie weg. Mit ihrem Mann war sie einfach verschwunden. Traurig ging ich zur Wiege meiner Tochter, um mich von ihr trösten zu lassen, aber ... Sie war weg. Mein Kind war weg. Gestohlen von meiner eigenen Schwester. Natürlich habe ich sie gesucht und gefunden, aber Ruby wollte mir mein Kind nicht zurückgeben. Sie sagte, die Kleine hätte mich vergessen, sie sei jetzt ihre Mommy. Ich verständigte sofort die Polizei, aber da Ruby sehr berühmt war und ich nur die Schwester, taten sie nichts. Ich ging vor Gericht und verlangte einen Elternschaftstest. Er sagte aus, dass Ruby angeblich die Mutter war. Irgendwie hat sie ihn gefälscht. Ich rief beim Krankenhaus an, in dem unsere Kinder geboren wurden, sie bestätigten, dass es mein Kind sei, doch meine Schwester behauptete, sie hätte ihr Kind in einem anderen Krankenhaus zur Welt gebracht. Und so kam es, dass Ruby sogar aussagte, mein Kind sei gestorben und ich wolle jetzt ihr Kind als meins ausgeben. Ich war verzweifelt, und das Gericht gab meiner Schwester Recht. Ich zog nach Irland und versuchte, den Verlust zu verarbeiten. Sie nannte meine Tochter Megan. Kleines, du bist meine Tochter. Du bist das Kind, das mir gestohlen wurde. Ich bin deine Mutter. Ruby hat dich mir weggenommen."

"Nein!", schrie sie und hielt sich die Ohren zu. "Nein! Du lügst! Du lügst! Das stimmt nicht! Nein!" Ich schaffte es, ihre Hände festzuhalten. "Du weißt, dass es wahr ist!" "Nein, du bist eine Lügnerin! Das stimmt nicht! Es darf nicht stimmen!" "Es ist die Wahrheit. Ich wollte nicht, dass du mit einer Lüge leben musst!" "Geh raus! Geh raus!", brüllte sie. "Geh raus! Du bist nicht meine Mutter, sie ist es!" Ich sah die Verzweiflung in ihren Augen. "Das ist eine Lüge!" Ich nickte langsam. "Wenn du das glauben musst ..." Sie wimmerte und rollte sich zu einer Kugel zusammen.

Ich trank einen Schluck Tee. Das Schluchzen aus Megan's Zimmer war nicht abgerissen. Ich leerte meine Tasse und brachte sie in die Küche. Danach ließ ich mich wieder in meinen Lieblingsessel sinken und schloss die Augen. Genau da klopfte es zaghaft an der Tür. Ich ging in den Flur und sah in ein schuldbewusstes Gesicht. "Emmett", seufzte ich und fuhr mir durch die Haare. "Hi Rachel. Ähm ... meinst du, ich kann zu Megan gehen?" Er wich meinem Blick aus und knetete seine Hand. "Na ja, wenn du nicht wieder solche Nummern abziehst wie gestern, dann gerne. Aber sie wird vermutlich gerade ziemlich durch den Wind sein. Wenn du dir das antun willst ... Der Weg ist frei." Er schluckte sichtlich und nickte dann.

"Möchtest du was trinken? Tee? Kaffee? Wasser? Apfelschorle?", bot ich ihm an. Er lehnte ab und stieg dann vorsichtig die Treppe hoch. Ich hörte, wie er leise an die Tür meiner Tochter klopfte und sie dann leicht aufmachte. "Wer ist da?", fragte Megan schluchzend. "Ich bin's, Emmett!"

Für einen kurzen Moment herrschte Stille. Dann schrie sie auf, etwas fiel polternd zu Boden. Ich lauschte angestrengt. Dann kam wieder ihr Schluchzen. Ganz leise schlich ich die Treppe hoch zu ihrem Zimmer und lugte durch den Türspalt.

Megan und Emmett saßen auf dem Boden. Er hielt sie fest in seinen Armen, während sie ihr Gesicht in seinem Hemd vergraben hatte. Etwas perplex schaute er mich an. Ich sagte stumm nachher. Er nickte und streichelte sie vorsichtig am Rücken. Ich musste lächeln. Emmett war ein wunderbarer Junge, er passte perfekt zu ihr.

Leise und behutsam schloss ich die Tür hinter mir. Weder Megan noch Emmett bemerkten es. Ich schlich die Treppe herunter und zog mir Schuhe und Jacke an. Dann machte ich einen langen Spaziergang durch meinen Wald.

Als ich nach einigen Stunden wieder in den Garten kam, sah ich als erstes ein Auto, was vor meinem Haus parkte. Ich runzelte die Stirn und beschleunigte meine Schritte. Ich kannte das Auto nicht. Wem es wohl gehören mochte?

Die Tür schlug mit einem lauten Knall zu, und ich sah Megan, wie sie ihre Koffer hinter sich her zog. Mein Unwohlsein verwandelte sich in Panik, als ich die Frau hinter ihr sah. Nein. Das konnte nicht sein! "Megan!", schrie ich und rannte auf meine Tochter zu.

Sie wirbelte herum und sah mich mit großen Augen an. "Rachel! Ich will noch nicht gehen! Du musst mir mehr erzählen! Ich will nicht gehen!" "Lass sie los, Ruby!", brüllte ich voller Wut. Meine schöne, kleine Schwester drehte sich zu mir um, die Augenbrauen arrogant nach oben verzogen.

"Ach, kommt die Diebin auch mal?" Meine Hände zitterten vor Wut. "Wer ist hier die Diebin? Wer hat mir denn hier mein Kind gestohlen?" "Sie ist meine Tochter. Du wirst sie mir nicht wegnehmen." "Nein, sie ist meine Tochter! Du hast sie mir als Baby gestohlen, als dein eigener Sohn gestorben ist!"

Sie zuckte zusammen. Für einen Moment sah ich schrecklichen Schmerz durch ihr Gesicht zischen. "ICH habe sie aufgezogen! ICH bin ihre Mutter!" "NEIN BIST DU NICHT!" Wütend pfefferte sie ihre Tasche ins Auto und kam auf mich zu.

"Ich werde meine Tochter jetzt mit in ihr Zuhause mitnehmen. Nach Los Angeles!" "Das werde ich verhindern!" Mit einem lauten Schrei warf ich mich auf meine kleine Schwester. Die kreischte laut und schrill auf und versuchte, mich von sich herunter zu bekommen.

"Lass mich los, alte Vettel!" "Erst wenn du gestehst, dass du sie mir gestohlen hast!" "Niemals!" Inzwischen wälzten wir uns schreiend auf dem Boden und schlugen blindlings aufeinander ein. Megan starrte uns fassungslos an.

Plötzlich wurden wir durch eine harte Hand voneinander getrennt. Ich schaute wütend auf. Wer hat das gewagt!? "Rachel, hört auf!", rief eine tiefe Männerstimme. "Sie hat mir mein Kind gestohlen, Jake! Ich hbae jedes Recht dazu sie anzugreifen!", schrie ich.

Überrascht sah er mich an. "Sie hat dein Kind gestohlen? Du hast ein Kind?" "Ja. Und dort drüben steht sie! Megan ist meine Tochter!" Total konfus starrte er erst mich. dann Megan an. Sie schien jeden Moment umzukippen.

"Hört auf! Hört auf, Ruby und Rachel!", brüllte sie plötzlich. Alle zuckten zusammen. Emmett kam aus dem Haus und legte ihr beschützerisch einen Arm um die schmalen Schultern. Wütend blitzte er uns an.

"Seht ihr nicht wie fertig sie ist?! Ihr macht sie total kaputt!" Meine Tochter zitterte und brach dann vollkommen zusammen. Sie saß auf dem Boden und hielt sich die Hände vors Gesicht. Sie war bleich im Gesicht und weinte wieder.

"Ich kann nicht ... Ich muss jetzt erstmal an den Strand", stieß sie hervor. Mit Emmett's Hilfe stand sie auf. Er trug sie in den Garten, und ich wusste sofort, wohin sie wollten. An ihren kleinen Strand.

Und das konnte ich so gut verstehen.

Love, found in IrelandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt