P A R T 11

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Ich hatte alles gegessen, was er mir bestellt hatte. Zumindest das, was mir am besten geschmeckt hatte. Als wir fertig waren, erhob ich mich und wollte bezahlen gehen, da drückte mich Colton zurück auf den Stuhl und schüttelte den Kopf.

Er selbst ging dann zur Kellnerin, drückte ihr das Geld in die Hand und dann kam er zu mir zurück. Eindringlich musterte er mich und streckte seine Hand nach meiner aus. »Zeigst du mir den See?«, seine Stimme war so einfühlsam geworden, dass mein Herz hüpfte.

»Klar«, wir gingen Hand in Hand zum Auto, wo er mir hineinhalf, aber dann blieb ich kurz stehen. »Vielleicht fahre ich. Ich kenne den Weg«, kurz zögerte er, bis er einfach nur stumm nickte und die Plätze tauschte. Früher hätte mich Colton niemals mit seinem Auto fahren lassen...Bei dem Gedanken musste ich schmunzeln und dachte sofort an seinen roten Ferrari, mit dem er mich in die Schule gefahren hatte.

Draußen vor der Tür stand ein Ferrari. In einem auffälligen Rot. War klar, dass er auch einen teuren Wagen hatte.

Vorsichtig öffnete er die Beifahrertür und setzte mich hinein. Drin roch es nach Aftershave, angenehm, männlich. Dann ließ er auch schon den lauten Motor aufheulen und wir fuhren los.

Auf dem Parkplatz kam er nun zum Stehen, trat heraus und half mir.
Totaler Gentleman...
Dann sah ich auch schon Martha, die mich besorgt musterte. »Khalida, wie ist das passiert?«, erkundigte sie sich sofort.

»Später könnt ihr euch darüber unterhalten. Ich bringe euch in den Klassenraum und dann bin ich weg.«, stieß Colton genervt von sich und ging langsamen Schrittes mit mir her.
Als wir auch endlich im Klassenraum ankamen, der auch glücklicherweise im Erdgeschoss war, setzte er mich ab, wechselte noch paar Worte mit Martha und ging.

»Erzähl.«, forderte sie mich auf, denn es war auch noch niemand hier. »Ich wollte gehen, habe mich verlaufen und bin in den Wald rein. Dann wollte ich wieder raus und bin auf dem Weg umgeknickt. Netterweise hat mich dein Cousin gefunden und mitgenommen.«, sie sah mich irritiert an.

»Das ist untypisch für ihn.«

»Woran denkst du?«, unterbrach er meinen Gedankengang. Ich schaute zu ihm rüber und es zog in meiner Brust, denn sein Anblick ließ mich schwach werden. Das tat dieser schon immer. Obwohl er konzentriert war und auf die Straße starrte, sah er so unverschämt gut aus, dass der Drang ihn zu berühren, wieder seine Hand zu halten, immer stärker wurde.

»Nichts wichtiges«, log ich, denn für mich war es wichtig, aber für ihn bestimmt nicht. »Sag schon«

»Du hattest vor Jahren, als wir uns kennengelernt hatten einen knallroten Ferrari und ich musste nur daran denken, dass du mich niemals hättest fahren lassen«, ein Lachen entkam meiner Kehle und aus dem Augenwinkel sah ich, wie er den Blick auf mich legte.

»Ja, ich erinnere mich an das Auto. Es schrie nach Aufmerksamkeit«, entgegnete er, dabei war seine Stimme genauso kalt, wie damals. Aber als er seine Hand auf meine freie an der Mittelkonsole legte, stiegen Tränen in meine Augen. Wie sehr wollte ich, dass es normal war...

»Das tat es. Du hast mich damit dann in die Schule gefahren und Martha fragte sich, wieso du so ein Gentlemen warst. Das kannte sie nicht von dir und glaubte nicht dem, was sie sah«, meine Stimme wurde leiser, ehe er an meiner Hand leicht zudrückte. »Ich kann es auch nicht glauben, Khalida«, Gattino...Wie ich es vermisste, dass er mich so nannte. Mein Inneres schrie danach, es nur einmal wieder von ihm zu hören, aber es kam nichts.

»Wir sind da«, sagte ich fast eine Stunde später, als wir vor einem Waldstück hielten. Ich schloss das Auto zu und wartete, bis Colton auch ausgestiegen war. »Ich wohnte hier mal«, wenigstens erinnerte er sich daran.

»Ja, und ich wohnte in dem Haus am Ende der Straße mit Martha. Meine...ähm, die Frau die mich aufgezogen hat, war mit Marthas Vater zusammen«, erklärte ich, während ich ihn durch den Wald führte. Es wurde langsam dunkel, aber der Teil war mein Versteck. Irgendwie.

Je näher wir dem See kamen, umso nervöser wurde ich. Denn ich wusste nicht, wie er reagieren würde.
Aber dann geschah etwas anderes. Sobald wir vor dem See standen, griff Colton nach meiner Hand. Er war mir plötzlich so nah, dass ich kurzzeitig die Luft anhielt.
Sein Atem streifte meine Wange und ich bewegte mich keinen Zentimeter.

»Das...Das ist echt schön hier«, brachte er hervor und dann drehte ich mich zu ihm um. Seine Nasenspitze war direkt an meiner. Seine Brust bewegte sich gegen meinen Oberkörper und ich atmete flacher.
Niemand sagte etwas, dabei funkelten seine Augen so stark, dass ich diese fixierte.

Noch immer hielt er meine Hand.
Noch immer sah er mich an.
Noch immer brachte er keinen Abstand zwischen uns und ich fragte mich, ob er irgendwas spürte. Genau wie ich.
Spürte, dass noch etwas da war. Zwischen uns.

Als er mir noch näher kam, als ich aushalten konnte, drohte ich dabei den Verstand zu verlieren.
»Ich habe keine Ahnung, was das hier ist, Khalida. Aber irgendwas zieht mich zu dir, dabei weiß ich nicht einmal, wer du wirklich bist«, gleichzeitig trafen mich seine Worte schmerzhaft, dennoch spürte ich das Kribbeln, wie beim ersten Mal, als wir genau hier zusammen waren. »Irgendwas lässt mich in der Nähe bleiben. Irgendwas, was ich nicht verstehe. Irgendwas Intimes, Gemeinsames und gleichzeitig für mich Fremdes, was verdammt vertraut ist«, setzte er fort, dabei wurde seine Stimme ruhiger. Leiser.

Und dann küsste er mich.
Ohne ein Anzeichen davor gemacht zu haben, presste er seine weichen Lippen, die ich so vermisst hatte, auf meine. Der Kuss löste unzählige Gefühle in mir aus und Tränen, die ich auf meinen Lippen schmeckte.
Tränen die flossen und ich nicht aufhalten konnte, denn er ließ mich mit dem Kuss hoffen.

BLACK RIVER | BAND 3 ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt