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Darian konnte Kochen. Genauso wie er Holz machen, Gitarre spielen und eine Augenbraue hochziehen konnte.

Irgendwie überraschte es Elina ein bisschen, wie viele Informationen man über eine einzelne Person sammeln konnte, indem man nur ein paar Stundenaktiv mit besagter Person verbrachte.

Dann fragte sie sich, ob es dem Jungen genau so ging wie ihr.

Hatte er auch festgestellt, dass sie keine Vollmilchschokolade mochte, oder dass ihre Haare schneller zerzausten, als sie bemerkte, oder dass sie sich immer selbst daran erinnern musste, etwas zu trinken und ihre Lippen deshalb immer so schnell austrockneten?

Vielleicht wollte sie das gar nicht wissen.

Goldbraune Augen musterten den Jungen, der ihr gegenüber saß. Es wirkte fast so, als sei er komplett in den Teller vor ihm vertieft. Studierte die Konturen der Keramik fuhr mit den grauen Augen die Kratzer nach, die sich nach Jahren der Benutzung in die weiße Oberfläche gebrannt hatten. Doch Elina wusste, dass das nicht stimmte. Der Teller war vor seinen Augen verschwommen und wahrscheinlich erinnerte er sich nicht einmal daran, wo er gerade war.

Irgendwie wusste sie einfach- nein sie hatte das Gefühl, dass der ganze Schein um Darian trübte.

Wieso hilfst du mir?

Sie wollte diese Frage schon zum sicher millionsten Mal stellen. Inzwischen wusste Elina auch, dass die Antwort etwas Undefinierbares und nicht gerade hilfreiches sein würde. Auch das war etwas, dass sie nach den wenigen Stunden, die sie mit dem Jungen verbracht hatte, wusste.

"Gehört das Haus dir?", die Frage trat als Platzhalter an die leere, staubige Stelle der Leichenwörter, die sie heruntergeschluckt hatte.

Die grauen Mondaugen schossen von der weißen Keramik hoch und für einige Sekunden musterte Darian seine Gegenüber. Die Braunhaarige konnte beobachten, wie die grauen Augen über ihr Gesicht sprangen und ab und zu an einer Stelle hängen blieben. Irgendwie machte sie das nervös...

"Mein Opa hat es mir vererbt", dieser eine Satz verbarg mehr Info als all die Worte zuvor. Elina wollte die einzelnen Bedeutungen entschlüsseln, aber sie wusste nicht, wie tief sie vordringen musste, bevor sie etwas fand. Und wie tief sie vordringen konnte, bevor er sie zurück stoß. Aber eines war sicher...

"...Es tut mir leid..."

"Was?"

"Ich hätte nicht fragen sollen...", Elina hätte es außerdem einfach dabei belassen sollen, "er war dir wichtig und ihr standet euch nahe. Es fällt dir immer noch-"

Zuviel.

Sie brach ab. Die Mondaugen brannten sich kalt in ihre Stirn. Elina hatte schon mit dem ersten Wort wieder aufhören wollen, doch irgendwie...

"Sorry. Ich höre auf."

Sie biss sich auf die Lippe.

"Ist schon gut. Tu mir einfach den Gefallen und frag nicht danach. Nicht danach."

Erklang verletzt... Das schlechte Gewissen breitete sich wie australische Waldbrände in Elinas Innerem aus.

Würde sie es nicht besser wissen, hätte das Mädchen gedacht, dass die Stille Tage anhielt. Bereuen ließ ihren Bauch krampfen und wäre ihr Teller nicht schon leer, würde sie keinen Bissen mehrherunterbekommen.

"Es-es war lecker...", die Stimme des Mädchens schien sich zu überschlagen, "Danke."

Endlich hob sich ihr Blick von ihrem Teller und etwas entfachte sich als Silber und Gold sich ineinander verrannten.

VollmondaugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt