Am Nachmittag stand endlich etwas Angenehmes auf der Tagesordnung. Pflege magischer Geschöpfe bekleidete neben Zauberkunst platz eins meiner Lieblingsfächer.
Meine Laune hob sich also mit jedem Schritt, dem ich der großen Eingangstür kam. Zaubertränke verlief zwar bei Weitem nicht so katastrophal, wie die erste Stunde, aber Professor Sharp hatte gewiss das Niveau drastisch angezogen. Mein Blutbildener Trank glich am Ende der Doppelstunde einer übel stinkenden und tiefschwarzen Masse, die zähflüssig aus dem Kessel blubberte, und wohl jedem anderen Zweck gedient hätte, außer seinem eigentlichen.Mit großen Schritten lief ich durch die Halle, auf das überdimensionierte Tor zu, öffnete es und blickte auf die große freie Fläche der Ländereien Hogwarts. Einige Schüler, die offenbar etwas mehr Freizeit hatten, tummelten sich auf den Wegen und die Erstklässler von Professor Ronen mühten sich mit ihrem ersten Zauber ab.
Auf etwa halber Strecke marschierte mir Poppy mit wehenden Haaren entgegen. Sie kam direkt aus der Richtung des verbotenen Waldes und ich konnte nur erahnen, wo die gute während ihrer Mittagspause gewesen sein musste.
„Gehts dem Kleinen gut?", fragte ich deshalb sofort, als Poppy schließlich vor mit stehenblieb und etwas nach Luft rang.
Sie nickte und lächelte breit. Mir entging dabei aber nicht, dass an ihrem Umhang ein tiefer Riss die gesamte Seite hochging.
Kurzerhand zückte ich meinen Zauberstab und murmelte „Reparo". Augenblicklich fügten sich die ausgefransten Stoffränder zusammen und hinterließen nichts weiter, als ein ebenmäßiges Schwarz.„Danke", sagte Poppy und ich grinste nur.
„Wir wollen ja nicht, das Professor Howin komische Fragen stellt", erwiderte ich und drehte auf dem Absatz um. Zurück auf den schmalen, ausgetrampelten Pfad, der an der hohen Schlossmauer hinunter zu den Gehegen führte. Poppy folgte mir mit einigem Abstand.
„Opal geht es übrigens gut", sagte Poppy nach einer kleinen Pause.
„Opal?", fragte ich etwas verwirrt. Poppy kicherte.
„Der Occamy. Ich hab sie Opal getauft. Du wirst sehen, warum."
Ich zuckte mit den Schultern, dann trafen wir endlich bei Professor Howin ein. Die restlichen Schüler folgten und die Stunde konnte beginnen.„Ich freue mich, Sie auch dieses Jahr begrüßen zu dürfen. Tierwesen sind ein wahrlich bezauberndes Thema und können unser tägliches Leben auf so viele Arten bereichern", begann Professor Howin und sah dabei verträumt in die Luft. Wenn es an dieser Schule jemanden gab, der Poppy ernsthafte Konkurrenz in Sachen Tierliebe bot, dann war es die alte Professorin.
„In der heutigen Stunde wollen wir uns dem Jobberknoll widmen", erhob die Professorin erneut die Stimme. „Kann mir jemand sagen, was diesen Vogel, neben seinen Zutaten für diverse Tränke, besonders macht?"Poppys Hand wanderte in einer Geschwindigkeit in die Höhe, dass ich etwas erschrocken einen Schritt nach hinten machte.
Professor Howin nickte ihr lächelnd zu.
„Jobberknolle geben nur einmal in ihrem Leben Geräusche von sich. Wenn sie sterben, entfährt ihnen ein lang gezogener Schrei, der in umgekehrter Reihenfolge alle Geräusche wiedergibt, die er in seinem Leben gehört hat", sagte Poppy, wie aus einem Lexikon diktiert.
„Sehr schön, Punkte für Hufflepuff", sagte Professor Howin zufrieden und wandte sich dann der Tafel hinter sich zu. Dort zeichnete ein Stück Kreide von selbst die anatomische Zeichnung eines Jobberknolls.„Ihre heutige Aufgabe wird ein kleiner Aufsatz über den Jobberknoll sein. Wo er zu finden ist und für welche Tränke seine Federn geeignet sind" erklärte sie erneut, wandte sich wieder ihren Schülern zu und beschwörte eine Handvoll Futterkrüge auf den Tisch.
„Und für den Rest der Stunde können sie sich um die Tierchen hier in den Gehegen kümmern. Bitte immer zu zweit."
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Ich griff nach einem der Krüge, schnappte mit der anderen Hand nach Poppy und zog sie hinter mir her.„Und jetzt reden wir über den kleinen Freund von dir", sagte ich und blickte Poppy streng entgegen. „Ich Fasse kurz zusammen: Du und deine Oma habt in den Ferien ein Nest mit Occamy-Eiern gefunden, gerettet und zieht sie nun auf. Was in aller Welt hast du dir dabei gedacht, einen der Kleinen mitzunehmen? Und jetzt komm mir nicht wieder mit er war zu süß oder sonstigem Unsinn!"
Poppy trat verlegen von einem Fuß auf den anderen, warf ein paar Brocken Futter zu den Mondkälbern.
„Ich konnte einfach nicht anders. Sie hat mich so traurig angesehen, als ich meine Sachen gepackt habe. Du musst wissen, Opal ist geschlüpft, als ich gerade zufällig das Nest etwas zurechtgerückt habe", gab sie leise von sich und klang dabei zum ersten Mal so, als täte es ihr doch leid. Ich seufzte.
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Curse of Love
FanfictionDas sechste Jahr in Hogwarts beginnt unter keinem guten Stern für Lyn. Neben alltäglichem Schulwahn, wird sie wie schon im letzten Jahr tiefer in die Probleme von Sebastian getrieben. Auf der Suche nach einem Ausweg, wird sie mit Gefühlen konfronti...