Nächtliche Nachforschungen

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Oktober. Die kalten, regnerischen und damit frühherbstlichen Tage hielten Einzug in Natur und Schloss. Triste graue Wolken verhangen tagelang den Himmel, regen prasselte fortwährend gegen die Scheiben. Kalter Wind und tief dringender Nebel wollte nicht mehr aus dem Tal verschwinden. Und dennoch herrschte im ganzen Schloss ausgelassene Stimmung.
Das erste Spiel im Kampf um den begehrten Hauspokal stand vor der Tür. Seit einer Woche schon gab es unter den Schülern kein anderes Thema mehr. Die kommende Partie, so hatte man mir mehrmals versichert, würde das spannendste Duell zwischen den Häusern werden. Gryffindor gegen Slytherin. Zwei ewige Rivalen standen sich gegenüber und von einigen Seiten drangen Wetteinsätze für den Ausgang des Aufeinandertreffens an meine Ohren.

Mich ließ der ganze Trubel allerdings recht kalt. Imelda versuchte mir zwar, bei sich jeder bietenden Gelegenheit die Vorzüge von Quidditch näher zu bringen, doch sie konnte mein Interesse einfach nicht sonderlich wecken. Klar, ich würde mir vielleicht eines der Spiele mal ansehen wollen. Aber sicher nicht, weil ich über Nacht zum Sport Enthusiasten mutiert war. Es diente lediglich der Ergänzung meiner Zeit an dieser Schule. Quidditch gehörte ebenso zu dieser Schule, wie all die verborgenen Korridore und Wege im und ums Schloss herum. Es wäre töricht von mir, nicht wenigstens einen Blick zu riskieren.

Allerdings musste das noch warten. An diesem Wochenende lag mein Augenmerk weit realistischer. Der Unterrichtsstoff forderte meine ganze Aufmerksamkeit. Leider. In den letzten Wochen nahm das Niveau in den Fächern drastisch fahrt auf. Ich hatte alle Mühe ordentlich mitzukommen.
Trotz meines erfolgreichen Debüts im letzten Jahr fehlten mir trotz vier ganze Jahre Unterricht. Ein Nachteil, der mir langsam keine Schonfrist mehr einbrachte.
So hing ich nun schon seit unserer sehr nassen Apparierstunde an dieser lachhaft anspruchsvollen Abhandlung für Professor Sharp und hatte mehr Pergament ins Feuer hinter mit befördert, als sinnvolle Zusammenhänge aufgeschrieben.

Frustriert stieß ich die Luft aus, warf meine Feder hin und griff nach einem Apfel, um den Kopf wieder etwas freier zu bekommen.
„Hey", sagte plötzlich jemand neben mir und ich stand einem Herzstillstand nahe. Wann in Merlins Namen hatte sich Sebastian bitte angeschlichen?
„Hey", erwiderte ich. Versuchte, dabei möglichst ruhig zu klingen.

Seit unserem Gespräch am verlassenen Anwesen hatte sich kaum etwas geändert. Gut, er behandelte mich nicht mehr wie Luft, aber mehr als ein Gruß und ein paar belanglose Worte wechselten wir in der Regel nicht. Ich wusste, es würde nicht von heute auf morgen wie früher, doch es tat doch weh. Ich fühlte mich in seiner Nähe permanent wie auf heißen Kohlen, konnte nicht erkennen, ob er meine Anwesenheit nun tolerierte oder nicht. Vermutlich beruhte dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit. Keiner von uns wusste, wie er dem anderen begegnen sollte, wie wir zurück zur Normalität finden konnten.
Sebastian nun hier am Tisch der Hufflepuff zu sehen überraschte mich daher gewaltig. Nicht zuletzt, weil ich von Imelda wusste, dass er es mittlerweile vorzog, sich in irgendeine Ecke des Slytheringemeinschaftsraums zu verkriechen. Man traf ihn äußerst selten auf den Fluren des Schlosses an.

„Darf ich?", fragte er leise und deutete auf den Platz neben mir. Ich nickte. Die Bank gab unter dem zusätzlichen Gewicht etwas nach und ich begriff langsam, das er sich wirklich vor mir befand. Aber warum eigentlich?
„Ist das die Abhandlung für Sharp?"
Neugierig beugte er sich zu mir herüber und mein Herz stolperte für einen Moment. Seine Nähe machte mich unheimlich nervös.
„Ja", sagte ich daher nur mechanisch und rief mich zur Ruhe. Es war nur Sebastian. Kein Grund, dauernd so aus der Haut zu fahren.
„Du hast... Erstaunlich wenig da stehen", bemerkte er und ich wurde aus einem mir nicht ganz erfindlichen Grund tomatenrot.
„Hab den Rest verbrannt", murmelte ich leise.

„Willst... Also brauchst du Hilfe?"
Seine Stimme klang dünn, unsicher.
„Ich... Nein. Das muss ich allein schaffen, sonst hol ich ja nie auf", erwiderte ich nicht weniger scheu.
„Klar."
Endlich rutschte er wieder ein Stück zurück und mein Puls beruhigte sich. Himmel, das konnte doch nicht gesund sein.

Curse of LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt