„Oma hat gar nicht mehr aufgehört, von den kleinen süßen Dingern zu schwärmen", erklärte mir Poppy nun schon bestimmt zum hundertsten Male und klang dabei nicht minder begeistert, wie Stunden zuvor im Zug. Ihre kleinen Augen strahlten mit dem blauen Himmel um die Wette. Das seidige Haar fiel ihr, wie immer glatt über die Schultern und erinnerten mich jedes Mal an Schokolade. Ihr noch immer kindlich rundes Gesicht wurde von einem Lächeln geschmückt, das jeden Eisberg zum Schmelzen gebracht hätte.
Ja, dieses Jahr hatte ich mich dazu entschieden, wie jeder andere Schüler mit dem Zug zur Schule zu fahren. Poppy bestand förmlich darauf, mit mir gemeinsam fahren zu können, und waren wir mal ehrlich: Einmal fast als verkohlte Zwischenmahlzeit eines Drachen zu enden reichte für ein Leben. In fliegende Kutschen bekam mich so schnell niemand mehr.
Außerdem reiste es sich im Express deutlich gemütlicher, wenn auch deutlich lauter. Auf dem Bahnsteig herrschte ausgedehntes Chaos, das im Zug längst nicht abebbte. Einige der neuen Erstklässler rannten wie von Hummeln getrieben durch den gesamten Zug und verströmten mehr Lärm als eine Horde Wichtel. Alles in allem stressig, aber zum Glück legte sich die allgemeine Aufregung nach einer Stunde.„Ich kann mir vorstellen, dass die Zentauren nicht besonders begeistert waren, noch einen Menschen in ihre Mitte zu lassen", antwortete ich, während wir uns an den langen Tisch der Hufflepuffs setzten.Unweit von uns nickte mir Amit lächelnd zu und ich erwiderte den Gruß ebenso stumm.
„Elek war tatsächlich nicht besonders begeistert, aber meine Oma kann durchaus charmant... und überzeugend sein", schmunzelte Poppy, zwinkerte mir keck zu und ich verstand sofort. Diese unbändige Liebe zu Tierwesen hatte Poppy dann wohl von ihrer Oma. Ganz zu schweigen von ihrem Ehrgeiz sie unter allen Umständen zu beschützen.
„Ich hätte Eleks Gesicht zu gern gesehen. Von einer rüstigen alten Dame in Grund und Boden diskutiert."„Oh glaub mir, er sah aus, als ob er jeden Moment vor Wut platzen würde."„Wer platzt vor Wut?", fragte eine vertraute Stimme und ich drehte mich freudig um. Natty stand breit grinsend hinter mir und ich sprang sofort auf, um sie in den Arm zu nehmen. Ihr dunkles, fast schon schwarzes dichtes Haar kitzelte mir in der Nase.„Nicht so stürmisch", sagte Natty offenbar etwas überrascht und ich ließ ruckartig von ihr ab. Ihre Verletzungen kamen mir wieder in den Sinn. Ein schlechtes Gewissen und ein Kloß bildeten sich augenblicklich.„Keine Angst, meine Wunden sind alle verheilt und ich kann mich wieder ganz wie früher bewegen", sagte Natty, als hätte sie meine Gedanken gelesen.Ein Stein fiel mir vom Herzen. Unseren letzten Tag an der Schule noch musste Natty im Rollstuhl verbringen. Über die Ferien versicherte sie mir zwar immer wieder, dass sie auf dem Weg der Besserung sei, doch sie nun munter und vor allem stehend vor mir zu haben, erleichterte mich ungemein.Ich hätte es mir niemals verziehen, wenn sie meinetwegen nie wieder hätte Laufen können.
„Ich würde ja gern noch weiter plaudern, aber Professor Black sieht so aus, als würde er mich gleich erdolchen wollen. Ich vermute die Erstklässler warten", sagte Natty, verdrehte die Augen merklich genervt und verschwand dann an den Tisch der Gryffindor.
Und tatsächlich senkten sich die Stimmen der anderen Schüler langsam, aber sicher.Neugierig sah ich nach vorn und erspähte Professor Weasly, wie sie einen Stuhl in die Mitte stellte und dort den alten Spitzhut ablegte.
Erinnerungen an meine eigene Einteilung vor gerade Mal einem Jahr rauschten an mir vorbei. Nicht nur, dass ich damals wegen des Angriffs und unfreiwilligen Abstechers nach Gringots ziemlich spät und ziemlich fertig mit der Welt aufschlug, nein ich hatte vor der gesamten Schülerschaft ordentlich Rüge von Black, dem Schulleiter bekommen. Ein denkwürdiger Auftritt, wenn ich so darüber nachdachte.
Als hätte es nicht gereicht, nur die Neue in der fünften Klasse zu sein, was ja an sich schon für genug wilde Theorien sorgte. Nein, warum nicht noch eine Schippe drauf legen und den wohl dramatischsten Auftritt in der Geschichte Hogwarts hinlegen.Gedankenverloren beobachtete ich, wie Professor Weasly die Halle kurz verließ, und einige Minuten später mit einer Schar nervös dreinblickender Erstklässler hinein spazierte.Ich fühlte mit den Kleinen.
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Curse of Love
FanfictionDas sechste Jahr in Hogwarts beginnt unter keinem guten Stern für Lyn. Neben alltäglichem Schulwahn, wird sie wie schon im letzten Jahr tiefer in die Probleme von Sebastian getrieben. Auf der Suche nach einem Ausweg, wird sie mit Gefühlen konfronti...