3. Kapitel

2 0 0
                                    

Layla

Wieder zu Hause angekommen, bekam ich den Professor nicht aus meinem Kopf. Wieso hatte er mir dieses seltsame Angebot gemacht? Was hatte er davon? Und was würde ich am Ende davon haben?

In meinem Zimmer schloss ich hinter mir meine Tür ab, legte mich bäuchlings aufs Bett und schickte dem Professor meinen Stundenplan. Wo kam denn auf einmal dieses Kribbeln her?

Es dauerte keine Minute bis mein Handy vibrierte und ich eine Antwort herhielt.

Prof T.: Danke. Ich erwarte Sie dann morgen nach Ihren Lesungen in meinem Büro.

Konnte es noch schräger werden? Ich hatte die private Nummer meines Professors, der, ja was eigentlich genau mit mir vor hatte? Mich unterrichten? Mich therapieren? Oder hatte er etwas ganz anderes im Sinn?

Meine Gedanken drehten sich. Hastig machte ich eine Bewegung und legte mich auf den Rücken. Anschließend tippte ich eine Nachricht an Jamie.

L: Hey, du Psychiater in Spe. Hast du zufälligerweise mal was von Prof Takahashi gehört?

Keine fünf Minuten später vibrierte es erneut. Ich hatte mit einer Nachricht von Jamie gerechnet, stattdessen war es wieder der Prof.

Prof T.: Bringen Sie ihr Lieblingsbuch mit.

Stirnrunzelnd sprang ich aus dem Bett, warf das Handy auf die Bettdecke und stellte mich vor mein Bücherregal. Puh, mein Lieblingsbuch.

Ich hatte das Gefühl, dass dieser Mann als Professor der Literatur etwas altes und klassisches erwartete. Ein Buch mit Stil und einer tiefen Geschichten. Zu seinem Leidwesen, war mein typischer Buchgeschmack von ganz anderer Natur geprägt. Ich liebte Fantasy, Zauber, Magie, das Unmögliche und das Wahnsinnige. Meine Hand glitt wie ferngesteuert über die vielen bunten Buchrücken, als sie wie von alleine vor einem ganz bestimmten inne hielt. Das musste es sein.

Es war das perfekte Buch. Meine allerliebste Geschichte, als ich ein kleines Mädchen war. Und selbst heute war sie für mich eine der besten Geschichten, die je geschrieben wurden. Für den Notfall steckte ich ein zweites Buch in meine Tasche. Man brauchte immer ein kleines Ass im Ärmel. Außerdem würde der Professor mich sicher jeden Moment, den wir miteinander verbrachten, analysieren.

Ich hatte gerade den Reißverschluss meiner Tasche zugezogen, als es auf meiner Decke vibrierte.

Jamie: Halte dich bloß fern von dem. Der hat nen ganz miesen Ruf.

L: Wieso das?

J: Er ist der Beste in seinem Fachbereich, aber er quält und malträtiert seine Studenten. Mich wollte er auch schon durchfallen lassen. Der Typ ist eiskalt und berechnend. Wieso fragst du?

L: Ach nichts. Überlege nur das Fach zu wechseln.

Eine geraume Zeit war es still in meinem Zimmer und ich kam nicht umher nach dem Professor im Internet zu suchen.

Wie sich zeigte, lag ich mit meiner ersten Einschätzung total daneben. Der Mann war keine fünfzehn Jahre älter als ich und mit nicht mal Mitte dreißig wesentlich jünger, als ich es aufgrund seiner Haarfarbe vermutet hatte. Also doch gefärbt. Dabei wirkte das Grau auf seinem Kopf so natürlich.

Ebenso hatte er eine eigene Homepage, auf der er für sein eigenes Buch warb: Ich sehe was, was du nicht siehst.

Ein Schmunzeln huschte über meine Lippen. Humor schien er zu haben. Und doch störte mich etwas an ihm. Es gab keinerlei Hinweise zu seiner Vergangenheit bevor er Professor wurde und unterrichtete. Die Zeit vor seiner Volljährigkeit war im Grunde wie ausgelöscht. Keine Informationen über Familie, frühere Lehrgänge oder Errungenschaften. Es war, als hätte es ihn bis vor siebzehn Jahren nicht gegeben. Er war einfach nicht existenziell.

HurricaneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt