Kapitel 7

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Vanessa P.O.V.

Während der ganzen Fahrt telefoniere ich mit Tommi. Ich musste jetzt einfach mit jemandem darüber reden und solche Gespräche wollte ich nur mit zwei Menschen führen. Mein Bruder wäre allerdings eventuell direkt nach Berlin geflogen um Felix umzubringen, weshalb ich mich eben für meinen besten Freund entschied. Ich klagte ihm mein ganzes Leid und genoss seine beruhigenden Worte und seine nüchterne Meinung. Wir war ja irgendwie schon klar, dass er das Interesse verloren hatte aber es so zu sehen war hart. 

Irgendwann am frühen morgen kam ich dann in Köln an und ging in mein Hotel. Ich hatte nur kurz Zeit um mich umzuziehen und mein Make-Up und meine Haare wenigstens einigermaßen in die Reihe zu bekommen. 15 Minuten später fuhr mein Uber schon wieder ab in Richtung Köln-Ossendorf. Generalprobe für Let's Dance. Schon auf dem Weg ins Studio verbessert sich meine Laune merklich. Die Probe verlief richtig gut und ich bin überzeugt, dass sie Show morgen ein Erfolg wird. Es ist hier wirklich ein toller Job. Das Team ist einfach traumhaft und wir haben einfach immer großen Spaß. Die meisten finden den Ausdruck der ‚Let's Dance-Familie' total affig, aber jeder der dazu gehört kann bestätigen, dass es einfach das schönste auf der Welt ist. Im Backstage nehme ich mir noch kurz was zu essen und setzen mich mit ein paar Leuten an einen Tisch. Es tut unfassbar gut mit vertrauten Menschen über dies und das zu reden. Belangloses Zeug eben, aber trotzdem fängt es mich auf.. Ich merke die prüfenden Blicke der anderen auf mir, was bei meinem Aussehen ganz sicher kein Wunder ist. Ich sage dazu aber nichts. Es ist es gerade nicht wert darüber zu erzählen. 

Todmüde liege ich bereits nachmittags im Bett. Ich habe schließlich noch eine Nacht Schlaf nachzuholen und jede Menge Gefühle zu verdauen. So kommt es dann auch, dass ich am nächsten Morgen erst wieder aufwache. Das tat so gut, ich fühle mich wie neu geboren. Heute Abend ist die Show und mein Styling beginnt bereits gegen 11, weshalb ich wirklich froh bin dass ich mir gestern Mittag noch schnell einen Wecker gestellt habe. Sonst hätte ich ganz sicher bis abends geschlafen. Deshalb gehe ich kurz runter für ein schnelles Frühstück im Hotel, springe dann unter die Dusche und fahre ins Studio. 

Morgen fahre ich endlich mal wieder nach Hause und verbringe die Zeit bis Mittwoch dort. Mein Bruder wird mich besuchen kommen und ich werde die Frühlingstage an der Isar genießen können. Ich war schon lange nicht mehr so viele Tage am Stück in München. Nächste Woche kann ich es sogar noch mehr genießen, denn die Osterfeiertage stehen an. Meine Familie endlich mal wieder zu sehen lässt mein Herz hüpfen. Der Gedanke daran macht mich einfach nur glücklich und so gehe ich mit einem fabelhaften Gefühl in diese Show. Heute wird auch die Jury und wir Moderatoren im Opening mittanzen. Ich wollte unbedingt einen Teil meines Cha-Cha-Chas nochmal machen, mit dem ich vor einigen Jahren die Sendung gewonnen habe. Glücklicherweise passte auch das Kleid noch. 

Ich schlüpfe also in dieses wunderschöne, grüne, glitzernde Cha-Cha Kleid und lasse ich von dem Tonmann verkabeln. Ehe ich mich versehe ist es auch schon so weit und wir fangen mit unserem Einspieler an. Es macht Riesen Spaß und schnell läuft danach jeder von uns auf seine Position zum Tanz. Es klappt hervorragend und ich merke eines beim Tanzen mit Massimo ganz deutlich: ich habe es doch immernoch drauf. Und es macht wahnsinnig viel Spaß. Die Zeit damals war sicherlich die schönste meines bisherigen Lebens. Niemand kann verstehen, wie es ist diese völlig neuen Dinge zu lernen, sein Herz auf die Tanzfläche zu legen, so viel Zeit mit einem Tanzpartner zu verbringen und irgendwann für diese ganze harte Arbeit belohnt zu werden. Ich bin für diese Erfahrung einfach unfassbar dankbar. Genauso dankbar bin ich dafür, dass ich seit einigen Jahren hier stehen darf um diese tolle Show zu moderieren. 

Die Show vergeht im Flug und ich musste nicht eine Sekunde an Felix denken. Im Anschluss war ich noch ein bisschen auf der Aftershow-Party, allerdings war ich dann ziemlich fertig und bin in mein Hotel gefahren. Glücklich und zufrieden schlafe ich deshalb ein und mache mich am nächsten morgen auf den Weg nach München. 

Schon die Autobahn Richtung Süden zaubert mir ein breites Grinsen ins Gesicht. Ich liebe diese Stadt einfach so sehr. Ich bin hier geboren, ich bin hier aufgewachsen, ich habe hier so viel erlebt. Ich bin so viel unterwegs und sehe so viele Städte aber nichts kommt jemals an meine Heimatstadt ran. Ich genieße die unterschiedlichen Hotels, die verschiedenen Menschen, die verschiedenen Jobs aber am Ende ist es für mich das schönste, wenn ich wieder über diese Brücke über die Isar fahre und vor meinem Haus stehe. 

Als ich aus meinem Auto steige und durch mein Hoftor laufe, kommt mir mein Bruder bereits grinsend entgegen. „Na kleine, wie geht's?" „Gut und dir?" versuche ich ihn anzulächeln. „Ja mir geht es gut, über dich reden wir gleich. Nur weil wir uns nicht mehr so oft sehen, heißt dass nicht dass ich dir mittlerweile Lügen abkaufe" zwinkert er mir zu und hebt meinen Koffer aus dem Auto. Ich bin ihm sehr dankbar dafür. Der Stress der letzten Wochen hat mir wirklich zugesetzt, ich kann einfach nicht mehr. Als wäre der ganze Stress nicht sowieso schon zu viel, hat die Sache mit Felix das Fass einfach zum Überlaufen gebracht. Ich sehe aus wie eine laufende Leiche und habe zugegebenermaßen auch ein bisschen mehr abgenommen, als es wahrscheinlich gut für mich wäre. Drinnen angekommen zieht mein Bruder mich in eine lange Umarmung und seit Wochen, wenn nicht sogar Monaten habe ich endlich mal wieder das Gefühl mich fallen lassen zu können. Egal wie lieb alle meine Freunde sind, egal wieviel Mühe sie sich geben und egal wie oft mich einer von ihnen in den Arm nimmt. Thomas ist mein großer Bruder und es gibt auf der Welt keinen sichereren Hafen für mich als in seinen Armen. Nach einiger Zeit lösen wir uns und ich lächle ihn müde an. 

Als wir uns mit einem Kaffee auf der Couch niedergelassen haben, komme ich nicht mehr drum herum ihm von meinem Leid zu erzählen. 

„Es tut mir so leid Vani..." sagt Thomas niedergeschlagen. „Ich wäre so gerne sauer auf ihn, weil er Dir so wehgetan hat aber im Endeffekt hat er nichts  verbotenes gemacht. Arschig, aber nicht verboten" „Ich weiß ja. Trotzdem tut es echt weh..." erkläre ich ihm mit Tränen in den Augen. Mein Bruder nimmt mich in den Arm und als er mich wieder loslässt sehe ich ihn an. Es ist nicht in Ordnung für ihn, das sehe ich ihm an. Aber er will nichts sagen....er ist einfach der beste. 

Unexpected (Felix Lobrecht / Wincent Weiß FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt