Kapitel 14

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Die Woche vergeht wie im Flug. Ich hab einige Termine und viel Bürozeug zutun. Hauptsächlich gehe ich so meiner Lieblingsbeschäftigung nach und sitze mit meinem Laptop an der Isar und arbeite dort. Mit meiner Sonnenbrille, Sonnencreme und viel Kaffee und Wasser bewaffnet gehe ich jeden Tag aus dem Haus und laufe an den Strand. Meine Füße lege ich gelegentlich in das klare und kühle Wasser des Flusses und kann hier so produktiv sein wie nirgendwo sonst. Das war aber schon immer so. Schon in der Grundschule bin ich immer hier her gekommen zum Hausaufgaben machen.
Heute ist endlich Freitag und ich mache mich gerade wieder auf den Weg nach Hause. Dort muss ich noch schnell duschen und mich dann fertig machen für die Management-Party heute Abend. Ich habe Felix die Woche über erfolgreich aus meinen Gedanken verdrängt. So ist das aber bei mir. Wenn Du mich traurig machst, kann ich leiden wie ein Hund. Aber wenn Du mich sauer machst, hast Du kaum noch eine Chance. Dafür bin ich in der Regel der gechillteste Mensch, wenn ich mich wohl fühle und gut behandelt werde. Und das hat er damit definitiv nicht.
Nachdem ich mir meine Haare gewaschen und geglättet habe sitze ich nun an meinem Schminktisch und trage ein dezentes Make-Up auf. Mit zu viel fühle ich mich außerhalb des Fernsehens eigentlich nicht wohl, so ganz ohne sehe ich allerdings oft krank aus. Es endet also mit ein bisschen Puder, Mascara und Lipgloss. Also alles wie immer.
Zum Schluss ziehe ich mir noch ein schwarzes Sommerkleid an und meine grünen hohen Schuhe mit Blockabsatz. Da es noch schön warm draußen ist, verzichte ich einfach mal auf eine Jacke.
Da ich schon etwas spät dran bin, gehe ich schnell aus der Wohnung und laufe zu dem Club, in dem Anna die Party geplant hat. Die meisten sind auch offensichtlich schon da, der Club ist bereits relativ voll. Ich quetsche mich an den ganzen Menschen vorbei und versuche dabei keine Aufmerksamkeit zu erzeugen. Als ich schließlich im VIP-Bereich angekommen bin, muss ich erstmal kurz durchatmen. Schnell fällt mir Anna in die Arme und umarmt mich stürmisch.
Ich begrüße sie lachend und nehme sie auch fest in den Arm.
V: „man könnte meinen wir haben uns Monate nicht gesehen!"
A: „Haben wir ja gefühlt auch nicht. Seit gestern ist schon wieder so viel Zeit vergangen. Ich freue mich so, dass Du da bist!"
Anna wusste natürlich von der Sache mit Felix. Sie ist meine Managerin und ich habe viel zu viel mit ihr zutun, um sowas vor ihr zu verheimlichen. Außerdem kennt sie mich fast auswendig und merkt in der Regel sofort wenn irgendwas nicht stimmt.
Ich grinse sie also nochmal kurz an und gehe dann Richtung Bar. Ich plane hier heute kein Besäufnis, ich hätte aber nichts gegen ein bisschen Spaß und ein paar Mojito. Ich quetsche mich also durch eine Gruppe von Männern um an die Bar zu kommen. „So, so, ein Mojito also" höre ich hinter mir eine bekannte Stimme. „der Garant für einen tollen Abend" grinse ich den Lockenkopf vor mir an und nehme ihn dann fest in den Arm. „Wir haben uns ja schon ewig nicht mehr gesehen" schmollt er kurz. „Was bestimmt ausschließlich an mir lag, schicker Hut übrigens" lache ich ihn an.
„Jo, Johannes, willst Du uns Deine Bekanntschaft nicht vorstellen?" ruft auf einmal einer der Männer, an denen ich gerade noch vorbei musste. Ich drehe mich zu der Gruppe um, nachdem Johannes mich noch kurz entschuldigend anlächelt.
„Woa Du bist Vanessa Müller! Alter, Johannes woher kennst Du die denn?" ruft der äußerst sympathische Herr von eben.
Ich kann einfach nicht anders als ihn etwas skeptisch und abschätzend anzuschauen. „Ja, also das sind meine Kumpels mit denen ich heute hier bin. Und Marco ist nüchtern auch sympathischer" grinst Johannes mich an. Ich sehe wie sich ein brauner Lockenkopf durch die Männer drängt und vor mir stehen bleibt. Er ist ziemlich groß, weshalb ich trotz meiner Absatzschuhe zu ihm aufschauen muss und von wunderschönen, warmen braunen Augen empfangen werde. „Moin, ich bin Wincent. Ich muss mich wirklich für meinen unangenehmen Freund hier entschuldigen. Er sollte die Finger wirklich von Alkohol lassen" grinst er mich schief an. „Hey Wincent, ich bin Vanessa. Freut mich. Bist du also auch bei Anna im Management?"
W: „ja, ich mache ja so ein bisschen Musik und da ist so ein Management schon was feines. Und warum sind wir uns bisher nicht über den Weg gelaufen?"
V: „ich bilde mir ein schonmal was von dir gehört zu haben" grinse ich ihn frech an. „Wahrscheinlich sind wir aber einfach immer auf zu unterschiedlichen Veranstaltungen unterwegs."
Er nickt mir zustimmend zu und wir nippen beide etwas schüchtern an unseren Getränken. Irgendwie ist diese Situation komisch. Wincent ist super sympathisch und scheinbar ein echt toller Kerl. Aber ein anderer - leider gerade nicht so toller - Kerl spukt einfach immer in meinem Gedanken rum. Das darf doch nicht wahr sein.
Den Abend über unterhalte ich mich noch relativ viel mit Wincent. Wir haben tatsächlich relativ viele Gemeinsamkeiten und er arbeitet auch öfter mal in München. Nach meinen diversen Mojitos ist die Situation für mich auch nicht mehr ganz so komisch und so lasse ich mich nach einiger Zeit auch von Anna auf die Tanzfläche ziehen. Dieser Abend tut mir tatsächlich richtig gut. Ich habe viel Spaß mit alten und neuen Bekannten und mit Anna auf der Tanzfläche kann ich mal alles so richtig raus lassen.
Nach einiger Zeit merke ich einen warmen Körper an meinem Rücken. Ich drehe mich um und sehe direkt in Wincents braune Augen. Ich grinse ihn aber nur kurz an und wir tanzen zusammen weiter eng aneinander. Als ich das nächste Mal auf die Uhr schaue ist es bereits 5 Uhr am Morgen. Meine Füße machen sich langsam bemerkbar und mich überkommt eine unendliche Müdigkeit. Ich buche mir also ein Uber und verabschiede mich von allen.
W: „schade, ich hatte gehofft du kommst noch mit zu mir" grinst mich Wincent frech an.
V: „träum weiter! Sowas mache ich ganz bestimmt nicht" lache ich ihm entgegen. Ich kann nicht so ganz einschätzen, wie ernst er das tatsächlich gemeint hat. Er grinst mich nochmal kurz schelmisch an und dreht sich dann wieder zu seinen Kumpels.
Vor dem Club atme ich einmal tief durch. Was war das bitte für ein Abend? Ich steige also in mein Uber ein und fahre nach Hause. Dort angekommen gehe ich auf direktem Wege ins Bad und dann ins Bett, wo ich bis zum nächsten Nachmittag durchschlafe. Mir dröhnt der Kopf durchaus ein bisschen, aber nach einer Aspirin ist auch das wieder in Ordnung. Da ich meinem Bruder versprochen habe heute zu seinem Spiel zu kommen, werfe ich mich nach einer Dusche direkt in mein rotes Trikot. Die Autofahrt von meinem Haus zur Allianz Arena ist sowieso schon sehr nervig. Mit dem Spieltagsverkehr braucht man aber einfach ewig. Diese Zeit nutze ich einfach um Tommi mal wieder anzurufen. Wir haben seit dem Wochenende nicht mehr gesprochen und da sind noch ein paar Themen offen. Ich erzähle ihm also von Felix' Verhalten und höre mir auch von ihm nochmal an, wie unmöglich das war. Ja danke, ich weiß es auch. Schließlich, nachdem er sich ausgemeckert hat, erzähle ich noch von gestern Abend.
T: „ah, von dem habe ich auch schon gehört. Ist wohl ein ganz netter, oder?"
V: „ja nett, Tommi. Nett, die meisten Menschen sind nett. Aber ist er mehr als nett, das ist doch die Frage. Und vor alle, ob er netter ist als Felix."
T: „Vani. Was Felix gemacht hat war nicht okay. Ich könnte mir auch sehr gut vorstellen, dass er das mittlerweile selber weiß. So ist er eben. Aber da musst du halt echt auf dein Herz hören."
V: „na klasse, vielen dank auch"
T: „wie willst du mit Felix denn jetzt weitermachen?"
V: „na gar nicht. Zuerst muss er sich bei mir melden und sich mal angemessen entschuldigen. Dann schauen wir mal weiter. Aber vorher ist er für mich erstmal durch." antworte ich ihm ehrlich.
T: „aber wie soll er das denn machen, wenn du ihn überall blockiert hast?"
V: „das ist doch nicht mein Problem. Er hat den Mist gebaut, dann darf er sich auch die Gedanken machen. Das ist jetzt halt nicht mit irgendeiner doofen Nachricht getan."
Ich fahre gerade in das VIP-Parkhaus der Arena und verabschiede mich deshalb von Tommi. Der Pförtner winkt mich direkt durch und so parke ich wenig später mein Auto neben dem meines Bruders. durch den Eingang laufe ich direkt auf die VIP-Tribüne und begrüße erstmal die Menschen, die ich so kenne. Meine Eltern sind natürlich auch hier, ich bin mir nicht sicher ob sie schonmal ein Spiel von Thomas verpasst haben.
Ich verfolge das Spiel eher schlecht als recht, meine Gedanken kreisen nach dem Telefonat mit Tommi doch sehr. Als schließlich schon der Schlusspfiff ertönt sehe ich, dass die Bayern 3:1 gewonnen haben. Natürlich. Wie immer mache ich mich auf dem Weg in die Katakomben, um alle zu begrüßen und ihnen zu gratulieren.
Das hier ist einfach wie meine Familie. Die meisten Spieler kenne ich schon seit meiner Kindheit und wir kennen uns wirklich In- und auswendig. Es kommen zwar immer mal neue dazu oder alte gehen, aber auch daran gewöhnt man sich schnell.
„Wir wollen noch essen gehen. Vani kommst du mit?" fragt mich Manuel (Neuer). „Gerne" grinse ich. Ich liebe das alles hier so.
Wenig später sitzen wir also an einem Riesen Tisch bei unserem Lieblings-Italiener. Ich sitze zwischen Thomas und Manuel, mir gegenüber sitzt Joshua (Kimmich). Unsere Getränke haben wir bereits und das essen ist bestellt und kommt hoffentlich schnell, ich habe nämlich einen Bären Hunger.
„Du Vani?" kommt es dann plötzlich von Joshua. Ich löse mich aus dem Gespräch mit Manuel und schaue ihn fragend an.
„Da hinten sitzt so ein Typ. Der starrt dich die ganze Zeit förmlich an. Dreh dich mal vorsichtig um, kennst Du den?" noch bevor er ausgesprochen hat drehen sich Manu's und Thomas' Kopf blitzschnell nach hinten, wofür sie von mir einen bösen Blick ernten. Ich drehe mich nun auch um, allerdings etwas vorsichtiger und halt Ausschau nach diesem angeblichen Typen.
Und tatsächlich sitzt da jemand. Ja, und wie ich den kenne...

Unexpected (Felix Lobrecht / Wincent Weiß FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt