Silver konnte aus seiner Froschperspektive einen gigantischen carnotaurusähnlichen Raubsaurier erblicken, der auf den Zaun zustampfte. Noch bevor Typhon das Jungtier wahrnehmen konnte, rannte es panisch davon. Silver floh in den Schutz von Lefki und weckte sie mit beängstigten Lauten. Die Raptorin erkannte sein aufgebrachtes Wesen und versuchte ihn zu beruhigen, indem sie ihn in ihre azurblauen Schwungfedern kuschelte.
Sie nahm kurz danach einen ihr bekannten Geruch wahr und stürmte zu Angelos und Philipp Brown, die gemeinsam Basketball spielten. Am Rand des Basketballplatzes pflückten Konstantina und Samuel frische Beeren und aßen diese. Lefki sträubte ihre Federn und gab kreischende Rufe von sich, woraufhin die vier Menschen ihr und Silver Aufmerksamkeit schenkten.»Sie wittern eine Gefahr!«, stellte Angelos fest, während er sich ihnen näherte.
Lefki rannte los, gefolgt von den vier Menschen und Silver, die versuchten mit ihr Schritt zu halten. Sie führte die Truppe zum Zaun des Kliderireservats, vor dem ein Dämonen-Carnotaurus raste. Typhon rannte aus wenigen Metern Entfernung auf den Elektrozaun zu und brüllte. Er stieß gegen die Barriere, woraufhin die Stangen vibrierten und kleine Elektroschocks freisetzten. Die Chimäre wich zurück und hielt vor Schmerzen inne, während ihre Schuppen vor Elektrizität zitterten.
»Das ist er! Typhon!«, platzte es aus Samuel heraus, während er leichenblass wurde.
Konstantina sprang auf, ließ einen hohen Schrei aus ihrer Kehle entweichen und fiel in die Arme von Angelos. Ihr Herzschlag beschleunigte sich rasant und sie zitterte am ganzen Körper. Angelos war wie verwurzelt und schnappte nach Luft, während er versuchte, die aus der Fassung gebrachte Konstantina festzuhalten. Sie konnte kaum atmen, verspürte einen kräftigen Druck in ihrer Brust und wurde ohnmächtig. Ihre Sicht färbte sich schwarz und sie fiel zusammen mit Angelos auf den Boden. Typhon attackierte die Gitterstäbe ein weiteres Mal, während Philipp, Samuel und Lefki versuchten, Konstantina und Angelos wachzuschütteln. Silver floh in ein Gebüsch und hielt wie vor Angst gelähmt seinen Atem an. Der ohrenbetäubende Knall von Typhons Angriff riss Konstantina aus ihrer Ohnmacht und lud sie und Angelos mit Adrenalin auf. Beide richteten sich auf, während die Chimäre mit tiefem Gebrüll und einem grimmigen Blick drohte.
Konstantina ging näher an den Zaun. »Niemals wirst du das Kliderireservat zerstören«, skandierte sie mit einer finsteren Miene in der Stimme.
Lefki gesellte sich neben sie und fauchte, während Angelos sich mit ihr an die Grenze des Kliderireservats stellte.
»Angelos, sorge für ein Ablenkungsmanöver. Ich werde mich um Silver kümmern«, plante Konstantina hektisch.
Angelos machte sich mit Samuel, Philipp und Lefki auf den Weg. Typhon attackierte den Zaun erneut, woraufhin Konstantina beinahe nach hinten fiel und einen stechenden Schmerz in ihrer Brust spürte. Sie atmete ein und aus, um sich vor einer weiteren Panikattacke oder einer Ohnmacht zu schützen. Sie bekreuzigte sich und floh mit Silver in ihren Händen in das Labor. Konstantina sperrte das Jungtier in einen kleinen Käfig auf dem Arbeitstisch ein.
»Warte hier, Silver. Uns geht es gut«, verabschiedete sie sich von ihrem Schützling.
Aus dem Haus schnappte sie sich den Raketenwerfer, den Angelos von den Wilderern gestohlen hatte. In Windeseile rannte Konstantina zur Grenze des Kliderireservats, wo sie geschockt den beinahe zerstörten Zaun und Typhon dicht dahinter erblickte. Sie schrie und verwandelte sich vor Wut in eine Furie. Der Hybrid reagierte mit einem bedrohlichen Grummeln auf Konstantinas Schrei, während diese sich der Ruine des Elektrozauns näherte. Sie blickte Typhon tief in seine von Hass erfüllten Augen und feuerte mit dem Raketenwerfer ein Geschoss ab. Ein lauter Knall ertönte und Rauch trübte die Sicht, was die Chimäre nach hinten schreckte. Als der Rauch vom Wind weggetragen wurde, war zu sehen, wie Kronos Typhon herausforderte.
Der subadulte T-rex brüllte seinen größeren Rivalen an, während Konstantina sich zwischen die zerstörten Eisenstangen schlich und zu ihren Verbündeten floh. Sie versteckten sich in Gebüschen und beobachteten das Geschehen.
Typhon durchmusterte Kronos und stürmte zum Angriff hervor, vor dem der agilere Tyrannosaurus ausweichen konnte.
Mit einer Berührung von Angelos an Lefkis Nacken war das Signal für sie gesetzt. Sofort sprangen die drei Raptoren aus dem Gebüsch hervor und zogen mit ihrem aggressiven Fauchen die Aufmerksamkeit des Hybriden auf sich. Typhon fixierte mit seinem Blick Fengari und setzte zur Attacke an, wurde jedoch von Kronos am Bein gebissen. Die Utahraptoren nutzten die Zeit und teilten sich auf. Die Chimäre drehte sich zu ihrem Rivalen, der bereits verschwunden war, weshalb sie nun Vita hinterherjagte. Fengari, Lefki und Kronos flohen währenddessen in ganz andere Richtungen.»Was sollen wir nur mit dieser Waffe der Genetik anstellen? Eure Dinosaurier können ihn nicht ewig ablenken«, sagte Philipp besorgt.
»Er ist sehr aggressiv und gefährlich, doch ich würde ihn auf Nissivros auswildern«, gab Angelos seine Meinung preis.
»Nein, in seinen Augen habe ich nichts mehr als Hass und Wut gesehen!«, entgegnete Konstantina lautstark und gestikulierte. »Ich kann deine Sympathie für Hybriden verstehen, aber Typhon ist nicht so wie Talathi. Er ist nicht einmal ein Hybrid, er ist ein im Labor zusammengesetztes Ungeheuer, eine Chimäre!«
»Ich habe es von Anfang an gewusst! Er ist ein Monster und hat Nissivros nicht verdient!«, protzte Samuel stolz.
»Nein, wir müssen ihm eine Chance geben, nur eine! Stell dir vor, man hätte unsere Raptoren als Monster betrachtet, nur weil sie auch sehr gefährlich und schnell reizbar sind«, argumentierte Angelos, woraufhin Konstantina eine Träne über die Wange floss.
»Eine, nur eine«, sagte sie in einem strengen Ton, während sie sich die Träne unauffällig wegwischte.
Kurz darauf kam Vita fast schon abgehetzt aus dem Wald heraus und hatte hinter sich im Schlepptau den aggressiv stürmenden Typhon, der alles in seinem Weg zerstörte. Nur einen Moment später kamen Fengari und Lefki aus einem gegenüberliegenden Waldabschnitt hervor und hatten hinter sich den größten T-rex der Insel, den Herrscher von Nissivros.
»Sie missachten unseren Plan und bringen andere in Gefahr, um den unschuldigen Typhon zu töten!«, flüsterte Angelos.
Im lichten Abschnitt des Laubwaldes trafen die zwei Spitzenprädatoren aufeinander, während die vergleichsweise winzigen Raptoren zur Seite wichen und im Gebüsch unsichtbar wurden.
Der Herrscher von Nissivros brüllte und stellte sich angriffsbereit vor seinen Rivalen. Dieser griff direkt an und bohrte seine dolchartigen Zähne in den Rücken vom T-rex, den er zu Boden stürzte. Das erfahrene Männchen versuchte, sich loszureißen, indem es mit seinen kräftigen Beinen in Typhons Brustkorb trat. Es konnte sich unter Anstrengung zitternd aufrichten und durchbohrte Typhon mit seinem Blick. Der Herrscher von Nissivros biss Typhon in den Schädel. Die Chimäre gab vor Schmerzen ein tiefes Grollen von sich und zog ihren blutüberlaufenen Kopf aus dem Maul des Tyrannosaurus. Sie stieß ihren Rivalen mit ihren Hörnern gegen den Boden und hielt ihn mit dem Fuß fest.
Erniedrigt blickte der einst ruhmreiche und gefürchtete Jäger seinem Schicksal entgegen, während Typhon zum finalen Biss ausholte. Doch im letzten Moment sprintete Kronos aus dem Wald hervor und stellte sich dem Vernichter seines leiblichen Vaters. Konstantina biss sich auf ihre Lippen, als sie dies beobachtete und schlich sich zurück in das Kliderireservat. Philipp Brown griff zu einem Betäubungsgewehr und stand um ein Haar davor, auf Typhon zu schießen.Angelos hiel die Waffe zurück. »Giftimmunität«, flüsterte er.
Kronos fürchtete keine Angst und griff Typhon mit einem Biss am Hals an. Der übergroße Carnotaurus riss sich los und warf seinen Rivalen mit einem Stoß zur Seite. Der Tyrannosaurus brüllte vor Panik und wich mehreren Bissen aus, wobei er nach hinten gedrängt wurde. Als Kronos an den Waldrand geengt wurde, schnellte Typhon hervor und stieß ihn ins Dickicht. Der junge Raubsaurier verlor Halt auf den Füßen und stürzte durch die zerbrechenden Äste auf den Boden.
Der Herrscher von Nissivros schaffte es unterdessen, wieder aufzustehen und zog sich aus dem Geschehen zurück. Er hörte das verzweifelte Gebrüll seines Sohnes, ignorierte die Hilfeschreie jedoch.
Kronos blickte seinem Rivalen in die Augen, der ihn mit dem Fuß fixierte und seinen weit geöffneten Kiefer zum Hals senkte.
Doch in letzter Sekunde war ein hohes, leises Kreischen zu hören, das Typhons Stimme scheinbar nachahmte. Konstantina hatte Silver zum Kampf der Giganten gebracht, um das Ungeheuer zur Vernunft zu bringen. Silver ging auf die Chimäre zu, die ihre Aufmerksamkeit von Kronos auf den jungen Carnotaurus lenkte.
Kronos nutzte die Zeit und versteckte sich im Wald. Lefki durchstach mit ihrer Fußkralle den Moosteppich am Waldboden und war jederzeit dazu bereit, mit ihrem Rudel einzugreifen, um ihrem Schützling Rückendeckung zu bieten.
Langsam stampfte der Gigant auf seine scheinbare Miniaturversion zu und senkte seinen Kopf auf Silvers Höhe. Mit Froschaugen starrten Konstantina, Angelos, Samuel, Philipp und die vier Theropoden aus ihren Verstecken hervor.
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Jurassic Island
Science FictionDie Insel Nissivros wird von Wilderern bedroht und ihre Dinosauriervielfalt steht kurz vor dem erneuten Aussterben. Sofort brechen Konstantina und Angelos auf, um die Jäger zu stoppen. Doch wie werden die Saurier von Nissivros auf die Menschen reagi...