Kapitel 35

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Valon konnte sich gedemütigt kaum auf Beinen halten, als er realisierte, dass er gegen Sofia verloren hatte.
Konstantina und Angelos lauerten ihm bereits die ganze Zeit hinter der Tür auf, darauf wartend, dass er unwissend Sofias Büro verlassen würde. Als sie seine schweren Schritte hörten, die auf die Tür zugingen, spannte Konstantina einen Bolzen in ihrer Armbrust, während Angelos sein Sturmgewehr lud. Valon verließ den Raum, woraufhin Konstantina und Angelos anmutig von der Seite hervorsprangen und Valon mit zielgerichteten Schusswaffen drohten. Erstmals verwundert und dann fürchtend um sein Leben, fiel er panisch nach hinten, während die drei Raptoren sich zu Konstantina und Angelos gesellten.

»Der Faden deiner Trophäenjagd endet hier, Valon!«, drohte Konstantina mit einer machtvollen Stimme.

»Unmöglich! Du und die dunkle Raptorin haben überlebt!«, fluchte Valon.

Fengari durchbohrte den Trophäenjäger mit ihrem Blick, zischte und stellte ihr zerzaustes, dunkelgraues Gefieder auf. Das Blut der Gefallenen von San Azzurra klebte an ihrer Schnauze und an den Krallen.

»Und es ist Zeit, dass wir uns rächen. Ich werde dich für das bestrafen, was du auf Nissivros getan hast, einfältiger Narzisst!«, entgegnete Konstantina und feuerte den Bolzen ab.

Valon blieb das Herz stehen und er bereitete sich innerlich auf seinen Tod vor. Der Bolzen raste durch die Luft, doch kurz bevor er Valon mitten in die Brust traf, fiel urplötzlich eine massive Panzerglaswand von oben. Das Geschoss bohrte sich durch das Glas und blieb einen Hauch vor Valons Haut stehen, der sich erleichtert aufrichtete.
Auf der anderen Seite der Glaswand standen Angelos, Konstantina, ihre Dinosaurier und jetzt auch Samuel, der unterdessen eine Gebäudekarte geklaut hatte. Sie alle tauschten verwunderte Blicke aus, bis Sofias Stimme aus einem Lautsprecher in ihrem Büro zu hören war.

»Valon, im Gegensatz zu dir, weiß ich meine Verbündeten zu retten. Das nächste Mal, wenn du mich umbringen willst, werde ich dir aber nicht mehr helfen«, schallte ihre Stimme aus dem Lautsprecher.

Die Verwunderung in ihren Gesichtern verwandelte sich sofort in Furcht. Enttäuscht mussten sie feststellen, wie Valon überlebt hatte und in Sofias Büro verschwand.

»Ich habe euch vor ihrem Listenreichtum gewarnt!«, platzte es aus Samuel heraus.

»Du hast Recht. Sie aufzuhalten hat Priorität!«, stimmte Konstantina zu.

»Suchen wir sie im Labor«, schlug er vor.

Mit der Gebäudekarte in der Hand führte Samuel seine Freunde in Richtung Labor.
Währenddessen begab sich Valon zum Lagerraum, in dem die überschifften Dinosaurier gelagert wurden.
Als er am Eingang zum Lagerraum stand, war eine weitere Durchsage Sofias zu hören, die dieses Mal von allen Lautsprechern in der Zentrale abgespielt wurde.

»Sehr geehrte Kundinnen und Kunden, aufgrund des Ausbruches einiger Dinosaurier bitten wir sie darum, das Gebäude umgehend zu verlassen. Die Veranstaltung zum Verkauf der Saurier wird auf übermorgen verschoben«, meldete sich die Managerin mit einer geschönten Wahrheit zu Worte.

Wütend ballte Valon seine Fäuste zusammen, da er wusste, dass hinter diesem Störfall Konstantina und ihre Freunde stecken mussten. Er öffnete das Käfiglager, wo sich ein gräulicher, staubiger Raum vorfand. Mit einem traurigen Gefühl ging er durch das Lager und schaute sich die unzähligen leeren Käfige an – Alles Käfige, die voll hätten sein können, wenn Konstantina und ihre Dinosaurier nicht gewesen wären.
Eher hinten im Raum waren die einzigen zwei gefüllten Käfige. Einer für den Ankylosaurus und einer für den heiligen Baryonyx, der Valon sofort mit seinem Blick durchbohrte. Seine grünen Augen leuchteten auf und er gab ein tiefes Grummeln von sich.

»Hallo, meine persönliche Trophäe. Du stehst bald ausgestopft in meinem Wohnzimmer.« Er lachte heimtückisch.

Er transportierte die Metallbox mit einem leistungsstarken Gabelstapler in den benachbarten Raum. Die gut beleuchtete, weiß gefärbte Halle hatte an der von Valon gegenüberliegenden Wand eine hohe Treppe, die in einen kleinen Balkon mündete. Er schob den Käfig in die Mitte und fuhr den Stapler zurück ins Käfiglager, woraufhin er dem gefangenen Dinosaurier mit Greifzangen Ketten anlegte, die er an Stromkästen ansockelte.
Bereit, dem Tier einen tödlichen Elektroschock zu erteilen, zerstörte Valon mit mehreren Schüssen die Befestigungsschrauben des Käfigs, womit die Metallbox auseinander fiel. Seine Trophäe stieg aus den Eisentrümmern empor und brüllte ihn mit ihrem krokodilartigen Maul an. Der Baryonyx versuchte, sich von den Ketten loszureißen, wurde jedoch zurückgehalten und ließ nur einige Risse in der Wand zurück. Valon stand davor, die tödlichen Stromschläge zu betätigen, als hinter ihm die Tür am Balkon aufgeschlagen wurde. Eine schlanke Frau mit fuchsroten Haaren betrat den Raum und drängte sich an den Rand des Balkons.

»Dachtest du ernsthaft, ich hätte dir mehr als eine Raptorenfeder als persönlichen Anteil an der Jagd überlassen? Du bist nicht mehr mein Verbündeter!«, rief Sofia spöttisch nach unten in die Halle.

»Zu spät! Er gehört mir und ich werde ihn töten!«, entgegnete Valon und betätigte den Knopf für die Elektroschocks.

»Wohl eher du zu spät! Ich habe alle Stromkästen in diesem Raum ausgeschaltet!«, provozierte sie, während sie in sein entsetztes Gesicht blickte.

»Wie kannst du nur? Rothaarigen Weibern kann man nie trauen!«, schrie er und schoss mit seinem Gewehr in Sofias Richtung.

Bevor der Schuss sie traf, feuerte sie mit ihrem schwarz gefärbten Armband ein explosives Projektil auf die Munition und blockte den Schuss ab. Valon packte seinen Dolch aus und rannte auf die Treppe vor ihm zu.

Sofia schaute gelassen auf ihr Smartphone und betätigte etwas. »Die Treppe ist kaputt«, sagte sie fast schon befehlshaberisch.

Im nächsten Moment bildete sich die Treppe restlos zurück, weshalb Valon zu Boden fiel und ächzte. Er drehte sich zu seiner ehemals persönlichen Trophäe, die nun sein persönlicher Untergang war.

»Hoch angepriesen als deine persönliche Trophäe, doch jetzt wirst du seine persönliche Beute sein!«, lachte Sofia hämisch.

Sie feuerte mit ihrem Armband violette Projektile auf die Ketten des Baryonyx, die widerstandslos aufsprangen.

»Guten Appetit«, verabschiedete sie sich und verschwand hinter der Tür.

Ein Schock machte sich im ganzen Körper Valons breit und seine Knie zitterten, als der Baryonyx frei kam und rachsüchtig auf ihn zu rannte. Sofias Worte waren bereits viel zu erniedrigend für den ehemaligen Trophäenjager, der nun wegen seiner Beute vor seinem Untergang stand.
Er griff mit zittrigen Händen zu seinem Gewehr und zielte auf die Brust des angriffslustigen Reptils. Mit Entsetzen stellte er fest, dass seine ganze Munition aufgebraucht war, weshalb er sein Gewehr zur Seite warf und floh. Mehrere Male wich er den Angriffen des Baryonyx aus, bis er abgehetzt zur Tür rannte, die ins Käfiglager führte. Geschockt fand Valon eine geschlossene Tür auf und drehte sich um, woraufhin er von den kegelförmigen Zähnen des Baryonyx umschlungen wurde.
Der Raubsaurier mit goldenen Schuppen bohrte seine Zähne in Valons schreienden Körper und schleuderte diesen mehrere Sekunden herum, bis er den halbtoten Fleischfetzen zu Boden warf, dessen Schreie beim Sturz verstummten. Sein Blut spritzte in die Luft und färbte die Wand hinter ihm rot. In sich ermattend konnte er nur noch sehen, wie seine ehemalige Trophäe vor ihm stand. Seine Sicht färbte sich schwarz und er hörte nur noch ein hungriges Fauchen.
Einen Augenblick danach öffnete sich die Tür am Balkon und Sofia trat anmutig aus ihr hervor. Erwartungsvoll schaute sie sich mit ihren grauen Augen das Gemetzel an, dessen Ausgang sie sehr zufrieden machte.

»Gut, dass ich auch die andere Tür verschlossen habe«, sagte sie, nachdem sie den fressenden Baryonyx erblickt hatte.

Sofia schoss mit einer Pistole eine kleine Glasspritze auf das Bein des Theropodens und entzog diesem eine Blutprobe. Sie zog die Spritze mit einem Seil wieder zu sich und verließ stolz mit der DNA-Probe den Raum. Besonders stolz machte sie, dass die DNA von einem Baryonyx mit grünen Augen stammte.

»Wenigstens das hat mir diese katastrophale Jagd genützt.«

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